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Korruption! Warum ihre Aufhebung ein Ernstfall des Lernens ist

„Die Aufhebung der Korruption ist der Ernstfall des Lernens. Wer ein Lernender ist, häuft nicht bloß Informationen an. Er versteht, dass wirkliches Lernen etwas von einer Bekehrung an sich hat“, schreibt der Philosoph Peter Sloterdijk in seinem Buch "Die schrecklichen Kinder der Neuzeit": Für ihn ist Korruption nicht nur das ist, was Politikern widerfährt, wenn sie dem Charme eines zweiten Einkommens erliegen oder Mächtige gegen Regeln verstoßen. Vielmehr muss demonstriert werden, warum der Mensch als das „korrumpierbare Tier“ existiert und wodurch es sich von Korruption befreien kann. Eine zeitgenössische Ethik soll erläutern können, „wie Korruptionen durch Wandlungen und Erholungen korrigierbar sind“. Ohne die Einsicht, dass Lernen heute akut notwendig ist, um intelligente Entscheidungen zu treffen, und dass wir dafür umfassend gebildete, vorausschauend denkende und verantwortlich handelnde Persönlichkeiten brauchen, gibt es keine zukunftsfähige Gesellschaft.

Die Sorge ums Ganze

Vor dem Hintergrund, dass Korruption (Selbstbevorzugung) nicht nur den Wettbewerb und den Markt schädigt, sondern Unternehmen Schaden nehmen, ist Wissen ist heute ein Faktor, der über das Entwicklungspotenzial und die Zukunftschancen eines Unternehmens am Markt entscheidet. Mehr als je zuvor kommt es darauf an, das individuelle und gemeinsame Wissen durch einen wechselseitigen Lernprozess zugänglich zu machen und umfassend zu nutzen – im Bewusstsein, dass wirtschaftlich nichts sinnvoll ist, wenn seine Langzeitwirkung nicht berücksichtigt wird. In einem nachhaltig ausgerichteten Unternehmenskontext umfasst Lernen vor allem die Integration von Wertorientierungen in die Managementprozesse und in die Unternehmenskultur, denn Unternehmenserfolg hängt heute nicht mehr ausschließlich von ökonomischen Faktoren ab.

Die Unternehmens- und Mitarbeiterkultur hat in den vergangenen Jahren im besten Wortsinn einen Paradigmenwechsel erfahren: „Paradigma“ (griech.) heißt Muster. Gemeint sind Verhaltensmuster, aber auch und vor allem Einstellungen, Gedanken und Überzeugungen. In dem Maße, in dem sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen identifizieren, werden sie auch zu seinem Wissens- und Werteträger.

Beim Baudienstleister und Projektentwickler Krieger + Schramm sind die vom Team entwickelten Unternehmenswerte die Basis der Unternehmenskultur. Leider tendieren viele Unternehmen und Organisationen dazu, ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten von ihrem Kerngeschäft zu separieren und mehr als Bestandteil der PR oder der Imagepflege zu betrachten statt als entscheidende Basis ihres Kerngeschäfts. In der Folge konzentrieren sie sich darauf, lediglich die negativen Folgen ihrer Aktivitäten zu limitieren und verpassen damit die Gelegenheit, ihre Wettbewerbsposition durch ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement zu verstärken.

Rückkehr in die Integrität

Unter „Compliance“ wird die Einhaltung von Regeln durch ein Unternehmen verstanden. Bei Regelverstößen können sich Risiken ergeben, die gegebenenfalls auch existenzgefährdend sein können. Im Kern ist Compliance oft auch eine Auslagerung staatlich vorgenommener Aufgaben der Strafrechtspflege auf Unternehmen. Dabei wird ihnen vom Staat ein gewisser Spielraum bei der Ausgestaltung eingeräumt – das Charakteristikum der Selbstregulierung. Schließlich wissen die Unternehmen am besten, welche Mechanismen sie einführen und beachten müssen, um einen Regelverstoß zu verhindern oder zu erschweren.

Die Prävention von Rechtsverstößen und Gesetzesverletzungen in Unternehmen nimmt eine Top-Position in der Debatte um eine verantwortungsvolle und nachhaltige Unternehmensführung ein. In der Vergangenheit war Compliance oft ein Anhängsel der Rechtsabteilung - der Blick auf das Thema fokussierte sich vor allem auf Anti-Korruptions- und Haftungsfragen. Heute ist Compliance ein wesentlicher Bestandteil des Nachhaltigkeit-Gesamtprozesses – auch bei Krieger + Schramm. Prozesse, Strukturen und Arbeitsabläufe sind hier selbstverständlich auf ein steuerlich korrektes Verhalten und Handeln ausgerichtet und gewährleisten die vollständige und fristgerechte Erfüllung aller gesetzlichen Vorgaben. Die Etablierung eines Tax Compliance Management-Systems (Tax CMS) ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Ungeachtet dessen wurde bis Ende 2019 ein Tax CMS eingerichtet.

In der Verhaltensrichtlinie Antikorruption heißt es, dass hier Korruption kategorisch abgelehnt und korruptes Verhalten weder bei eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern noch bei Geschäftspartnern geduldet wird. „Dies gilt sowohl für die aktive Korruption wie auch für die passive Korruption. Von diesem Verbot erfasst sind auch indirekte Formen der Korruption, wie z. B. unzulässige Vorteilszuwendungen über Familienangehörige, Berater oder sonstige Mittelsmänner.“

Die vielfältigen Einarbeitungs- und Schulungsinstrumente gilt es hier nicht nur zu vermitteln, "sondern auch im Tagesgeschäft anzuwenden und zu leben, mit Unterstützung und Vorbildfunktion der Führungskräfte“, sagt Matthias Krieger, der Unternehmensgründer und geschäftsführende Gesellschafter von Krieger + Schramm. Folgende Instrumente dienen hier der Umsetzung: WerteKompass, Unternehmensaufbau und -struktur, KVP, - Qualitätszirkel und MitarbeiterKompass.

Die Unternehmenswerte inklusive Teamregeln sind im Werteleitbild dargestellt, Erläuterungen zu den Hintergründen, ethischen Grundsätzen und weiteren Informationen, u.a. auch zur Compliance finden sich im WerteKompass. Die Werte werden monatlich über das K+S Intern kommuniziert. Das Werteleitbild findet sich in den einzelnen Niederlassungen und Büros z.B. auf Mouse-Pads, Akademie-Ordnern und Leinwänden.

Der Qualitätszirkel TEAM bewertet jährlich die Aktualität der Unternehmenswerte und passt sie bei Bedarf an die sich ändernden Rahmenbedingungen an. Dies erfolgte z.B. nach der K+S Fokussierung auf die Baupartner-Bindung. Im Verbesserungsprozess ist die Partnerschaft auf Augenhöhe in diesem Zusammenhang als sehr wichtig und erstrebenswert bewertet worden. In einem Entwicklungsprozess wurde dieser Wert dann nachhaltig als Unternehmenswert im Werteleitbild etabliert.

All das ist jedoch nicht immer selbstverständlich, denn es gibt in vielen Unternehmen auch zahlreiche Umsetzungsdefizite. Es reicht nicht aus, Mitarbeiter auf eine Verhaltensrichtlinie festzulegen und zu hoffen, dass es funktioniert. Unternehmen müssen institutionelle Unterstützung anbieten, damit der Standard eingehalten werden kann. Eine besondere Herausforderung der Compliance-Verantwortlichen in Unternehmen ist die Frage, wie das Compliance-Management-System nach den ersten Jahren weiterentwickelt wird, wenn die ersten Schulungsmaßnahmen abgeschlossen sind. Es ist dann zu klären, wie das System aus einer rechtlich-präventiven Betrachtung in eine nachhaltige Gesamtstruktur integriert werden kann. Häufig fällt dies gerade den juristisch ausgebildeten Compliance-Verantwortlichen schwer. Denn in ihrer Arbeit ist der Fokus vor allem auf gesetzliche und interne Vorgaben gerichtet, nicht aber auf darüber hinausgehende gesellschaftliche oder soziale Aspekte, die allerdings einen enormen Einfluss auf die Akzeptanz des Compliance-Management-Systems und die Unternehmenskultur haben.

Wenn umgekehrt kleinere Unternehmen häufig keine systematische Compliance-Organisation haben, so bedeutet das allerdings nicht, dass sie sich nicht an die Gesetze halten. Vielmehr arbeiten sie nur nicht mit den entsprechenden Begrifflichkeiten und haben keine eigenständige Compliance-Abteilung – dafür aber vielleicht einen entsprechenden Verhaltenskodex. Noch wichtiger aber ist immer das eigene Gewissen. Wer sich mit Nachhaltigkeit in einer sehr persönlichen Weise beschäftigt, wird immer wieder auf diese innere Stimme geführt, die als Bauchgefühl eine Orientierung in einer gemeinsamen (Werte-)Welt darstellt, in der Verstand und Gefühl, Inneres und Äußeres, Sein und Bewusstsein zusammengehören. Wer das erkennt, ist auch in der Lage, Entscheidungen zu treffen und sich der Folgen seines Handelns bewusst zu sein.

Eine allgemeine Orientierung können die folgenden Fragen bieten, die auch für die Nachhaltigkeitsberichterstattung relevant sind:

Corporate Governance

• Zu welchen geltenden oder freiwilligen Standards hat sich das Unternehmen verpflichtet?

• Wie funktioniert das Vergütungssystem auf Vorstands- und Geschäftsführerebene?

• Inwieweit werden Nachhaltigkeitsthemen bei der Vergütung berücksichtigt?

Code of Conduct

• Seit wann ist der Verhaltenskodex (Code of Conduct) in Kraft? Ist er unter Mitwirkung der Mitarbeiter entstanden? Existieren Kontrollmechanismen zu dessen Einhaltung? Werden Sanktionsmaßnahmen ergriffen?

• Welche Kodizes gibt es darüber hinaus?

Korruption und Bestechung

• Was beinhaltet der Code of Conduct hinsichtlich Korruption und Bestechung? Wie wird dessen Verbreitung und Anwendung im Unternehmen sichergestellt?

• Wie sollen die Kontrollmechanismen zur Vermeidung von Korruption weiterentwickelt werden? Werden interne oder externe Anti-Korruptionsrichtlinien verfolgt?

• Existieren Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption (Vier-Augenprinzip)? Wie wird deren Einhaltung überprüft?

Weiterführende Informationen:

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. SpringerGabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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