Krankmacher aus der Tierindustrie
Während der Corona-Pandemie fragte die Journalistin Judith Langasch und der Mediziner Hans-Peter Hutter, ob die Corona-Krise der richtige Zeitpunkt sei, um über Pestizide, Feinstaub und Lärm zu schreiben. In ihrem Buch „Sind wir noch zu retten?“ beantworteten sie dies mit einem eindeutigen „Ja“! Feinstaub und Lärm werden allerdings fast immer mit dem Thema Wohngesundheit in Verbindung gebracht – dass wir einen viel weiteren Blick dafür brauchen, zeigt die Tierethikerin Dr. Friederike Schmitz in ihrem aktuellen Buch „Anders satt“. Es war kein Zufall, dass besonders viele Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen zu verzeichnen waren: Dass sich das Virus so schnell unter den Arbeitskräften ausbreitete, lag auch an den schlechten Arbeitsbedingungen und Unterkünften. In den großen Hallen, in denen die Schweine zerlegt werden, ist es etwa nur 12 Grad und sehr laut, so dass die Arbeitskräfte, die eng zusammenstehen, oft schreien müssen. Die Wohnungen, in denen sie von Subunternehmern untergebracht wurden, waren beengt und unhygienisch: „Sechs bis zehn Menschen teilten sich ein Zimmer, funktionierende Waschbecken und Duschen waren oft Mangelware. Durch Schimmel in den Unterkünften hatten manche schon vor Corona Atemwegserkrankungen.“ Aber auch später, während der Pandemie, zerschnitten sie weiterhin die Schweine, arbeiteten dicht aneinandergedrängt und ohne Maske, schliefen in Mehrbettzimmern und fuhren in Sammelbussen zur Arbeit.
Mehr Tierhaltung bedeutet mehr sekundären Feinstaub PM2,5. Das Umweltbundesamt empfahl bereits vor zehn Jahren in seinen Strategien zur Verminderung der Feinstaubbelastung eine „deutliche Reduktion des Konsums von tierischem Eiweiß“ und sieht darin eine deutlich effektivere, einfach umzusetzende und mit geringen oder keinen Kosten verbundene Maßnahme zur Reduktion der Feinstaubbelastung. Leider wird über das Thema Feinstaub in der medialen Berichterstattung fast nur im Zusammenhang mit dem Autoverkehr gesprochen, dabei entsteht in der Landwirtschaft sogar noch mehr Feinstaub, wie auch Friederike Schmitz nachweist. Bei der Verbindung von Kot und Urin in Tierställen das Gas Ammoniak, das aus dem Stall in die Atmosphäre entweicht und beim Ausbringen der Gülle auf Felder. In der Luft verbindet es sich mit anderen Gasen und wird zu Feinstaub.
„Die winzigen Partikel dringen über die Atemluft in die Bronchien und Lungenbläschen ein; besonders feine Staubteilchen gelangen in das Lungengewebe und sogar in den Blutkreislauf. Sie können lokale Reizungen und Entzündungen auslösen und auch zu Lungenkrebs, verschiedenen Herzleiden und Infarkten führen“, so die Tierethikerin. Das Umweltbundesamt schätzt, dass jede Tonne Ammoniak 21.700 Euro Folgekosten für gesundheitliche Schäden verursacht. Dazu zählen beispielsweise die Kosten für Arztbesuche, Medikamente und Behandlungen im Krankenhaus. In Deutschland steht die Nutztierhaltung schon lange in der öffentlichen Kritik – auch, weil die Erzeugung von Fleisch, Milch und Eiern maßgeblich zur Klimakrise beiträgt. Die enormen Potenziale für den Klimaschutz, die sich aus einer Umstellung von Landwirtschaft und Ernährung ergeben, sind enorm: Würden alle Menschen auf Tierprodukte verzichten, könnten die Emissionen aus der Ernährung um 38 Prozent gesenkt werden.
Feinstaub: Tierwirtschaft verursacht Feinstaubbelastung
Ausstieg aus der Tierindustrie: Interview mit Dr. Friederike Schmitz
Sind wir noch zu retten? Umwelteinflüsse und ihre Gesundheitsrisiken
Wie gefährlich ist Feinstaub in Innenräumen?
Gesünder Bauen und Wohnen – Ratgeber für Baufamilien und Renovierer. Hrsg. von Johannes Schwörer und Peter Bachmann. Fachschriften Verlag, Fellbach 2018.
Hans-Peter Hutter und Judith Langasch: Sind wir noch zu retten? Plastik, Feinstaub & Co. – was wir über Umwelteinflüsse und ihre Gesundheitsrisiken wissen sollten. Orac by Verlag Kremayr & Scheriau, Wien 2021.
Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.
Matthias Krieger: Praxiswissen Eigentumswohnung: Was Sie vor dem Kauf einer Neubauwohnung wissen sollten. BusinessVillage Verlag, Göttingen 2020.
Friederike Schmitz: Anders satt. Wie der Ausstieg aus der Tierindustrie gelingt. Ventil Verlag, Mainz 2022.