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Kreislaufwirtschaft in Bewegung: Nachhaltig produzierte Reifen

Das Wissen um nachhaltig produzierte Reifen ist nur schwach ausgeprägt. Das belegt eine Studie von Michelin. Dabei bieten sie enormes Potenzial für eine nachhaltigere Lebensweise.

Nachhaltige Mobilität wird in der Regel mit der Entwicklung klimaneutraler Treibstoffe, der Entwicklung intelligenter Verkehrsteuerungs-Systeme und Elektromobilität in Verbindung gebracht – die wenigsten verbinden das Thema mit Reifen, die in Bezug auf Nachhaltigkeit ein Schattendasein fristen, wie eine aktuelle Studie von Michelin zeigt.

Die zentralen Ergebnisse im Überblick:

  • Die drei wichtigsten Kriterien beim Kauf neuer Reifen sind Sicherheit (59,4 %), Preis (57,5 %) und Langlebigkeit (42,1 %) – Nachhaltigkeit lag mit nur 4,9 Prozent weit abgeschlagen auf den hinteren Plätzen.

  • Bis 2030 wird der Anteil biologisch erzeugter oder recycelter Materialien in den Michelin-Reifen voraussichtlich 40 Prozent erreichen, bis 2050 sollen es 100 Prozent sein.

  • Fahrer von Elektrofahrzeugen legen im Vergleich zu Fahrern von Verbrennern in der Kategorie Mobilität/Reisen deutlich mehr Wert auf Nachhaltigkeit: 37,6 Prozent aller Befragten stehen hier 14,4 Prozent bei Fahrer*innen von Verbrennern gegenüber. 

  • Nur 16,9 Prozent der E-Autofahrer wissen, dass es ressourcenschonende produzierte Reifen gibt, die beispielsweise das Material von wiederverwertbaren PET-Flaschen enthalten. 15,5 Prozent sind es bei Fahrern von Verbrennern. In Sachsen-Anhalt haben 24,5 % der Befragten schon einmal von nachhaltig hergestellten Reifen gehört. Den drittschlechtesten Wert bei den Bundesländern liefert mit 13,7 Prozent das Autoländle Baden-Württemberg, die Schlusslichter sind Hessen (12,9 %) und Thüringen (12,8 %).

Auf Europas Straßen fallen pro Jahr 500.000 Tonnen Abrieb an – so viel wie das Gewicht von rund 50 Pariser Eiffeltürmen.

Michelin untersucht deshalb sämtliche Bestandteile eines Reifens detailliert und forscht daran, die Komponenten fossilen Ursprungs durch nachhaltige Materialien zu ersetzen. Das Mobilitätsunternehmen setzt zum Beispiel Orangenschalen oder Sonnenblumenöl in den Reifen ein und verarbeitet auch biologisch-recyceltes PET aus Plastikflaschen zu technischen Fasern.  Die umweltbewussteren Premium-Reifen lassen sich zuverlässig bis zur gesetzlichen Mindestprofiltiefe von 1,6 Millimetern fahren und bieten auch gegen Ende ihrer Laufzeit noch Leistungsreserven. Weniger Reifenwechsel bedeuten auch weniger Ressourcenverbrauch: Wenn alle Reifen bis zur gesetzlichen Mindestprofiltiefe genutzt würden, könnten in Europa jährlich rund 128 Millionen Altreifen eingespart werden.

Bei der Lebenszyklusanalyse wird auch die Produktion betrachtet. So hat Michelin beispielsweise seinen Energie- und Wasserverbrauch sowie die CO2-Emissionen seiner Produktionsstandorte seit 2005 um 50 Prozent gesenkt. Bis 2030 werden die CO2-Emissionen im Vergleich zu 2010 voraussichtlich nochmals halbiert. Die Reifenproduktion ist noch immer sehr energieintensiv. Das Unternehmen hat deshalb in den vergangenen Jahren massiv in Photovoltaik investiert, und einige Standorte wie Bad Kreuznach stellen derzeit auf elektrische Vulkanisationspressen um. Sie sind rund 90 Prozent sparsamer als die herkömmliche Technik. Bis 2050 sollen dann alle Michelin Werke klimaneutral produzieren und auch ihren Wasserbedarf unabhängig von öffentlichen Wassernetzen decken (Quelle: Pressemitteilung Michelin, 13.11.2024).

Nur wenn Nachhaltigkeit über alle Phasen eines Produkts konsequent mitgedacht wird, kann der nächste großen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Mobilität folgen.

Weiterführende Informationen:

  • Reifenrecycling: Wenn sich Kreise nachhaltig schließen …

  • Warum eine nachhaltige Wirtschaftsweise und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft zusammengehören

  •  Frank Bohle: Kreislaufwirtschaft statt Wegwerfprodukt: Das Schwalbe Recycling System. In: Zukunft Mikromobilität. Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen: Ein Rad-Geber. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber. Büchner Verlag, Marburg 2022.

  • Stephan A. Jansen und Martha Wanat: Urbane Mobilitätskonzepte und Umsetzungen für klimaneutrale gesunde Unternehmen und Quartiere.   Perspektiven & Projekte von Beratung bis Wartung. In: Zukunft Mikromobilität. Wie wir nachhaltig in die Gänge kommen. Ein Rad-Geber. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber. Büchner Verlag, Marburg 2022.

  • Klimaneutralität in der Industrie. Aktuelle Entwicklungen – Praxisberichte – Handlungsempfehlungen. Hg. von Ulrike Böhm, Alexandra Hildebrandt, Stefanie Kästle. Springer Gabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2023.

  • Zukunft Stadt: Die globale und lokale Bedeutung von SDG 11. Wie die sozialökologische Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft gelingen kann. Handlungsempfehlungen – Chancen – Entwicklungen. Hg. von Alexandra Hildebrandt, Matthias Krieger und Peter Bachmann. SpringerGabler. Berlin, Heidelberg 2025.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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