Kreislaufwirtschaft in der Holzindustrie
Klima- und Ressourcenkrise müssen zusammen gedacht werden, um die grundlegenden Probleme unserer Zeit richtig zu meistern. Darum muss d****ie Industrie von einer linearen zu einer zirkulären Wirtschaft kommen.
Derzeit befinden sich viele Unternehmen noch am Anfang (Vermeidung und Senkung von Emissionen). Im Folgeschritt ist es für einen klimapositiven Weg allerdings wichtig, darüber nachzudenken, welchen Weg ein Produkt nimmt. Dieser sollte möglichst kreisförmig verlaufen. Damit entsprechende Konzepte zur Kreislaufwirtschaft auch umgesetzt werden können, braucht es nicht nur entsprechende Maßnahmen im eigenen Wirkungsfeld, sondern auch eine starke europäische Gesetzgebung.
Der europäische Green Deal ist dafür ein geeignetes Instrument. Im März stellte die Europäische Kommission eine neue Industriestrategie und einen „Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft“ als Teil des europäischen Green Deals vor. Im Hinblick darauf haben die Agora Energiewende und die Corporate Leaders Group (CLG) in der gemeinsamen Studie Tomorrow’s markets today Prioritäten identifiziert, wie die EU Marktanreize für klimaneutrale Materialien schaffen könnte. Sie reichen von CO2-Grenzwerten für importierte materialintensive Endprodukte bis zu Maßnahmen in der öffentlichen Beschaffung.
Wie schon erwähnt, wird das Potenzial der Kreislaufwirtschaft derzeit allerdings noch nicht voll ausgeschöpft: Viele eingesetzte Rohstoffe gelangen über den Lebenszyklus eines Produktes hinaus nicht wieder in den Produktionsprozess zurück. Eine der größten Entwicklungschancen für Unternehmen in der Zukunft liegt in der Umwandlung der Wegwerfsysteme hin zu Kreislaufsystemen, bei denen Ressourcen immer wieder neu verwendet werden können.
Dieser Gedankenansatz findet sich bereits in Joachim Heinrich Campes Deutschem Wörterbuch von 1809, wo Nachhaltigkeit als Gegenbegriff zu „Kollaps“ erscheint: „Nachhalt… ist das, woran man sich hält, wenn alles andere nicht mehr hält“. Dies liegt dem modernen Nachhaltigkeitsbegriff, der aus der Forstwirtschaft kommt, zugrunde. Der nachwachsende Rohstoff Holz ist gefragter denn je, denn er überzeugt durch vielfältige Einsatzmöglichkeiten, ein breites Anwendungsspektrum und hat eine im Vergleich zu anderen Werkstoffen überzeugende Umweltbilanz. Die nachhaltige Forstwirtschaft wird deshalb in den kommenden Jahren nicht mehr ausreichen, den enormen Bedarf zu decken. Eine Lösung für dieses Problem ist beispielsweise die Kaskadennutzung. Das bedeutet, dass Holz über mehrere Stufen hinweg von der Ernte bis hin zum Recycling und zur energetischen Nutzung mehrfach eingesetzt wird.
• Sie unterstützt durch die mehrfache Verarbeitung von Holz primär dabei, die nachhaltige Forstwirtschaft zu entlasten und Ressourcen zu schonen.
• Holz ist ein sehr effizienter CO2-Speicher - deshalb bleibt pro Kubikmeter Holz etwa eine Tonne CO2 auch über die verlängerte Nutzungsdauer des Wertstoffes gebunden.
• Sie sichert Arbeitsplätze und inspiriert auch technologische Innovationen und Neuerungen in den Produktionsabläufen.
Eine Untersuchung des Lehrstuhls für Holzwissenschaft an der Technischen Universität München hat das hohe Einsparpotenzial durch diesen Ansatz belegt: Eine Tonne Altholz wurde erst zu Schnittholz und dann zwei Mal zu Spanplatten verarbeitet. Die gleichen Produkte wurden zum Vergleich auch aus Frischholz gefertigt. Bei der Kaskadennutzung war die Effizienz des Ressourceneinsatzes signifikant höher – unter anderem durch die reduzierte Verwendung von Frischholz und den geringeren Flächenbedarf. Dennoch wird das Potenzial zur stofflichen Nutzung von Altholz heute meist noch nicht ausgeschöpft – denn hierfür gilt es, entlang der gesamten Wertschöpfungskette von der Produktion über die Nutzung bis hin zu Recycling und Wiederverwendung neue nachhaltige Prozesse aufzusetzen.
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Jens Kersten (Hg.): Inwastement – Abfall in Umwelt und Gesellschaft. Transcript Verlag, Bielefeld 2016.