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Krummes Gemüse: Warum wir uns den Rest geben sollten

Kinder wissen häufig nicht mehr, was frische Lebensmittel sind. Viele von ihnen starten den Tag mit stark zuckerhaltigen Backwaren und erhalten vielfach Fertiggerichte vorgesetzt, danach gibt es Süßigkeiten oder Chips. Nur über die frühzeitige Vermittlung von Wissen über die Bedeutung vom richtigen Umgang mit Lebensmitteln und den Wert einer gesunden Ernährung kann ein nachhaltiges Umdenken im Verbraucherverhalten erreicht werden. Deshalb ist es wichtig, mit ihnen Gemüse zu schnippeln, selbst zu kochen und zu essen, denn nur, wenn sie lernen, mit wertvollen Lebensmitteln richtig umzugehen, können sie sie auch schätzen.

Auch haben Kinder Spaß an Tomaten mit Nasen, ineinander verschlungenen oder zweibeinigen Karotten und knubbeligen Kartoffeln. Jahrzehntelang landete das krumme Gemüse allerdings auf dem Müll. Wie verhindert werden kann, dass Lebensmittel weggeworfen werden, zeigt auch das Weltenfänger Sonderheft „Ab jetzt rette ich die Welt!" Das Kooperationsprojekt des Dudenverlag, des VfL Wolfsburg und der memo AG vermittelt Kindern ab 8 Jahren anhand von Alltagsbeispielen, Tipps und zahlreichen Mitmachaktionen, was man tun kann, um den Klimawandel zu stoppen, wie nachhaltiger Konsum aussieht und wie sich Lebensmittelverschwendung lässt: „Auch krummes Obst und Gemüse ist essbar!“

Inzwischen sind auch viele Kantinen großer Konzerne, Caterern und Kindergärten bereit, Gemüse und Obst mit Schönheitsfehlern zu verarbeiten.

Unternehmen wie Querfeld aus Berlin, die 2019 nach Angaben von Geschäftsführer Frederic Goldkorn 257 Tonnen Obst und Gemüse vor dem Müll retteten, fanden Abnehmer für diese landwirtschaftlichen Produkte. Beeinflusst wurde er vor allem von Valentin Thurn: Sein bekanntester Kinofilm „Taste the Waste“ war 2011 mit 130.000 Zuschauern einer der erfolgreichsten deutschen Dokumentarfilme. 2011 schrieb er das Buch „Die Essensvernichter“. 2012 folgte das „Taste the Waste“-Kochbuch, und 2013 drehte er „Die Essensretter“. 1993 gründete Thurn die „International Federation of Environmental Journalists“ (IFEJ), 2012 den „Foodsharing e.V.“ und 2014 die Plattform „Taste of Heimat“.

Fast 80 Prozent der Bestellungen sind eingebrochen, weil viele Menschen im Homeoffice sind und keine Kantinen mehr besuchen. Deshalb wendet sich das Unternehmen nun verstärkt Privatkunden zu. Der erste Schritt war eine Kooperation mit der App "Too good to go". Das Herunterladen der App und das Anmelden eines Betriebes sind kostenlos. Von dem Verkaufspreis geht jeweils 1 Euro an das Unternehmen Too Good To Go, wovon das gesamte Team, die Behälter und Tragetaschen sowie gemeinnütziges Engagement bezahlt werden. Too Good To Go bietet eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Betriebe bleiben nicht auf ihren Resten sitzen, Verbraucher kommen günstig an gutes Essen, die Ressourcen der Umwelt landen nicht in der Tonne - und es wird Lebensmittelaufklärung betrieben.

Inzwischen wurde die Initiative stayhomeclub-Berlin mitbegründet, die Menschen in der Coronoa-Krise ermöglicht, bestimmte Produkte online einzukaufen. Die Beispiele zeigen, dass es nicht nur eine grundlegende Erneuerung des Ernährungssystems braucht, um die Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Es müssen auch die Wurzeln der Verschwendung ins Bewusstsein gerückt werden - beispielsweise die auf Menge und makelloses Aussehen ausgerichtete Produktion und Vermarktung, um den Handel mit ausreichend Lebensmitteln der oberen Handelsklasse versorgen zu können.

Internet-Angebote für krummes Gemüse:

www.etepetete-bio.de

www.ruebenretter.de

www.stayhomeclub-berlin.de

Zu gut für die Tonne

Weiterführende Informationen:

Jochen Bettzieche: Krumme Touren. In: ÖKOTEST magazin 5 (2020), S. 138-141.

Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Circular Thinking 21.0: Wie wir die Welt wieder rund machen von Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2016.

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Kommentare

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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