Kündigung wegen privaten Fehlverhaltens – ist das möglich?
Dass Fehlverhalten im Job zu Konsequenzen wie einer Abmahnung oder Kündigung führen kann, ist Dir wahrscheinlich bewusst. Aber was, wenn Du im Privatleben beispielsweise kritische politische Äußerungen von Dir gibst, eine Straftat begehst oder anderes Fehlverhalten an den Tag legst? Erfahre hier, wann ebenfalls eine Kündigung möglich ist.
Im Arbeitsalltag achten die meisten Arbeitnehmer·innen auf ein professionelles Benehmen in sämtlichen Situationen, um einen Imageschaden des Unternehmens, Konflikte im Team oder andere potenzielle Folgen eines fehlerhaften Verhaltens präventiv zu verhindern. Doch im Privatleben ist diese Professionalität nicht selbstverständlich. Du postest vielleicht gedankenlos in sozialen Netzwerken, trinkst gerne manchmal einen über den Durst oder es kommt sogar – bewusst oder unbewusst – zu einer Straftat? In solchen Fällen drohen nicht nur private und vielleicht rechtliche, sondern auch berufliche Konsequenzen. Denn obwohl nicht jedes private Vergehen eine Kündigung rechtfertigt, ist diese doch in einigen Fällen zulässig, wie vergangene Gerichtsurteile beweisen.
Grundlegendes zur verhaltensbedingten Kündigung
Eine arbeitgeberseitige Kündigung ist in Deutschland gesetzlich streng geregelt und nur in Ausnahmefällen erlaubt. Hierbei werden drei rechtmäßige Kündigungsgründe unterschieden: Die personen-, betriebs- und verhaltensbedingte Kündigung. Letztere bedeutet, dass Du aufgrund von Fehlverhalten gekündigt werden darfst; meist muss der Kündigung eine Abmahnung vorausgehen. Typische Fälle sind Arbeitszeitbetrug, Alkohol- oder Drogenkonsum während der Arbeitszeit, wiederholte Unpünktlichkeit, Mobbing oder das „Blaumachen“. Sie alle beziehen sich also unmittelbar auf Fehlverhalten am Arbeitsplatz beziehungsweise stehen im Zusammenhang mit Deinen arbeitsvertraglichen Pflichten.
Da sich aus dem Arbeitsvertrag prinzipiell nur eben diese Rechte und Pflichten im beruflichen Kontext ergeben, muss auch die Arbeitgeberseite strikt zwischen dem dienstlichen und privaten Lebensbereich der Angestellten trennen. Das bedeutet, dass ihre Rechte und Pflichten außerhalb der Arbeitszeit sowie des Arbeitsorts enden – und damit ihre streng geschützte Privatsphäre beginnt. Dennoch können außerdienstliche Verhaltensweisen aus Arbeitgebersicht kritisch werden, wenn dadurch das Arbeitsverhältnis konkret berührt wird. Ein einfaches Beispiel lautet hierbei: Konsumierst Du im Privatleben Alkohol oder Drogen, so rechtfertigt dies keine Kündigung. Stehst Du aber zu Arbeitsbeginn noch unter deren Einfluss, ist eine Abmahnung oder Kündigung theoretisch möglich.
Ab wann wird privates Fehlverhalten „gefährlich“?
Die Frage, die es in solchen Fällen vor Gericht immer wieder zu beantworten gilt, ist also jene, wo die Grenzen zwischen dienstlichem und privatem Lebensbereich liegen. Nicht immer ist es einfach, diese klar zu definieren, sprich es kann zu Grauzonen und damit zu rechtlichen Unsicherheiten auf beiden Seiten kommen. Vergangene Urteile haben daher folgende Bereiche als dienstlich definiert, um für mehr Klarheit zu sorgen:
1. Betriebliche Verbundenheit
2. Leistungsbereich
3. personaler Vertrauensbereich
4. Unternehmensbereich
Dies macht bereits deutlich, dass bei der Frage, ob Dein Fehlverhalten berufliche Auswirkungen hat, nicht nur der Ort relevant ist, an dem dieses stattgefunden hat. Dennoch obliegt es dem Gericht, eine schlussendliche Entscheidung zu fällen, wann privates Fehlverhalten als Kündigungsgrund zulässig ist und wann nicht. So wurde in einem Fall die Kündigung eines VW-Mitarbeiters wegen fremdenfeindlichen Verhaltens außerhalb der Arbeitszeit für unzulässig erklärt, während in einem anderen Fall schon ein „Vertrauensverlust“ als zulässiger Kündigungsgrund bestätigt wurde. Hierbei hatte ein Mitarbeiter für einen Immobilienkredit gefälschte Gehaltsabrechnungen vorgelegt. Der Arbeitnehmer verlor daraufhin seinen Job, in dem er Verkaufsgespräche und Identitätsprüfungen für Mobilfunkverträge durchführen sollte. Diese zwei anschaulichen Beispiele verdeutlichen, wie schwierig es sowohl für Arbeitgeber·innen als auch Arbeitnehmer·innen sein kann, die Rechtslage im Einzelfall richtig einzuschätzen. Aber was bedeutet das für Dich?
Grenzen erkennen und wahren
Obwohl es Deine·n Arbeitgeber·in prinzipiell nichts angeht, was Du in Deiner Freizeit machst, solltest Du vorsichtig sein – vor allem, wenn es um öffentliche oder illegale Handlungen geht. Wenn Du also nicht ausschließen kannst, dass Deine Vorgesetzten von potenziellem Fehlverhalten erfahren, weil es beispielsweise rechtliche Konsequenzen haben könnte oder in Social Media öffentlich einsehbar ist, solltest Du Dich ebenso professionell verhalten wie am Arbeitsplatz. Denn straffälliges, fremdenfeindliches oder anderweitig rufschädigendes Verhalten muss vom Unternehmen nicht einfach hingenommen werden; schlimmstenfalls ist es ein zulässiger Kündigungsgrund. Vor allem bei
Alkohol- oder Drogenkonsum,
strafbaren Handlungen,
extremistischen, rassistischen oder beleidigenden Äußerungen im Internet sowie
Stalking, sexueller Belästigung oder Gewalttaten
ist größte Vorsicht geboten. Überlege zudem stets, ob Dein Verhalten mit Deinem Beruf im Zusammenhang steht. Hierzu ein weiteres anschauliches Beispiel: Eine Anklage wegen Steuerhinterziehung kann bei Bankangestellten eine Kündigung rechtfertigen, eine Anklage wegen einer Prügelei hingegen nicht, da der dienstliche Kontext fehlt. Dementsprechend können die fremdenfeindlichen Äußerungen wie im vorab geschilderten Fall bei einem VW-Mitarbeiter vielleicht nicht als Kündigungsgrund ausreichen, durchaus aber bei Erzieher·innen oder in anderen sozialen Berufen, in denen Toleranz wichtige Unternehmenswerte darstellen.
Und noch einen Sonderfall solltest Du kennen: Wegen intimen Beziehungen zu anderen Mitarbeiter·innen kannst Du nicht gekündigt werden, sofern am Arbeitsplatz kein Fehlverhalten stattfindet. Kritisch wird es jedoch bei Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Angestellten oder zwischen Volljährigen und Minderjährigen.
Fazit
Die Frage, ob und wann Du wegen Deines privaten Verhaltens eine Kündigung befürchten musst, ist komplex und weist eine große Grauzone auf. Wohlüberlegt zu handeln, ist daher in jeder Lebenssituation wichtig. Zudem kann es sich lohnen, Dich in Zweifelsfällen oder nach einer Kündigung anwaltlich beraten zu lassen, um Deine Rechte zu prüfen.
Welche weiteren Tipps oder Erfahrungen hast Du zum Thema? Vielen Dank für Deinen Kommentar!