Bäckerei Kolls streicht das Wort "Kunden"

Kunden und Verkäufer streichen. Das steigert Umsatz und bringt Bewerbungen

Arbeit geht gastfreundlicher: Die Bäckerei Kolls ist ein Unternehmen mit 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie verkaufen Brot und Backwaren in zwanzig Filialen mit Cafés rund um Quickborn nördlich von Hamburg. Sie haben Gesundheit und Umsatz gesteigert, indem sie zwei Worte gestrichen und diese durch andere Worte ersetzt haben.

Kundin und Kunde gestrichen

Die Worte „Kundin und Kunde“ wurden gestrichen und durch „Gäste“ ersetzt. Und aus "Verkäuferinnen und Verkäufern" wurden "Gastgeberinnen und Gastgeber". Gästen schenkt man ein besonders gutes Erlebnis. Gäste fühlen sich bei Gastgebern viel wohler als bei Verkäufern. In Stellenanzeigen der Bäckerei werden „Gastgeber (m/w/d) für unser Team“ gesucht. Bereits nach zehn Monaten waren sechs Erfolge durch die neue Haltung messbar:

  • Umsatz, Trinkgeld und die Zahl der Bewerbungen wurden gesteigert,

  • Krankschreibungen, Personalfluktuation und Personalkosten reduziert.

Zudem ist die Bäckerei Kolls gut durch die Corona-Pandemie gekommen. „Ich denke, dass dazu beigetragen hat, dass wir uns im Vorweg bereits gut aufgestellt haben und viel in unsere Mitarbeiter und im Marketing investiert haben“, schreibt mir Susanne Behnke-Schoos, Geschäftsführerin der Bäckerei Kolls. Werden Worte ersetzt, und es steckt eine Überzeugung dahinter, verändert es die Unternehmenskultur.

Dreifacher Nutzen für Gästen, Angestellte und Unternehmen

Alles kann gestrichen werden, das schafft Platz für neue Materialien und Herstellungsverfahren. CO2-Emission wird bei der Stahlproduktion gestrichen. SSAB in Schweden produziert bereits CO2-freien Stahl. Das ist ein großer Durchbruch für den Klimaschutz. Volvo hat den ersten Truck aus drei Tonnen CO2-freiem Stahl hergestellt.

Kakao in Schokolade gestrichen

Sara und Max produzieren Schokolade ohne Kakao. Das Start-up QOA aus München fermentiert regionale Zutaten, so dass dabei Schokoladen-Aroma entsteht. Für den Anbau von Kakao wird viel Regenwald gerodet, und Monokulturen zerstören wertvolle Biodiversität. Ein Kilogramm Kakao verbraucht 24.000 Liter Wasser. Mehr als ein Kilogramm Fleisch. Schokoladenkonsum ist in dieser Hinsicht umweltfeindlicher als Fleischkonsum. Laut QOA arbeiten 1,6 Millionen Kinder auf Kakao-Plantagen. Kakao in der Schokolade zu streichen, hat also fünf positive Wirkungen: Kinderarbeit, Regenwaldrodung, Monokulturen, Wasserverschwendung und CO2-Emissionen auf Transportwegen sind gestrichen. Klassische Schokolade mit Kakao wird Menschen weiterhin verzaubern, doch den Großteil der industriell verwendeten Schokolade will QOA bis 2035 ersetzen.

Vertrauen gesteigert

Arbeit geht vertrauenswürdiger und vertrauter: Der Film „Weit“ – der meistgesehene Dokumentarfilm im Kino 2017 – zeigt die Reise von zwei jungen Menschen aus Freiburg, die dreieinhalb Jahre um die ganze Welt reisen, ohne zu fliegen . Sie streichen das Flugzeug und steigern das Trampen. Sie werden häufig von fremden Menschen eingeladen, mit ihnen zu essen und bei ihnen zu schlafen. Die größte Erkenntnis der beiden Reisenden: Weltweit gibt es viel mehr Freundlichkeit und Vertrauen, als ihnen bewusst war. Das hat auch ihr Vertrauen in Menschen gesteigert.

Was wäre, wenn die große Mehrheit der Menschen vertrauenswürdig wäre?

Der Cirque du Soleil ist weltbekannt. Kreative Motto-Shows mit den besten Artistinnen und Artisten der Welt sind sein Markenzeichen. Ein weiteres Markenzeichen ist eine Zirkusshow ohne Tiere. Tiere wurden komplett gestrichen. 1984 war das radikal und sehr mutig. Gerade Familien mit Kindern kamen wegen der Tiere in Zirkusvorstellungen. Heute werden die Rechte von Tieren in der Öffentlichkeit diskutiert, in zahlreichen Ländern sind Wildtiere in Zirkussen verboten. Anfang 2020 liefen weltweit 44 Shows des Cirque du Soleil mit bis zu 4.000 Künstlerinnen und Künstlern. Pro Tag wurde eine Milliarde US-Dollar Umsatz erwirtschaftet. Das Streichen der Tiere schaffte Platz für eine neue Gestaltung und setzte finanzielle Ressourcen frei.

IKEAs weltweiter Erfolg basiert auf dem Streichen fertig zusammengesetzter Möbel, einem reduzierten Preis, einer vereinfachten Anleitung und dem Ersetzen des Zusammenschraubens in einer Fabrik durch die Arbeit zuhause nach dem Kauf.

Streichen ist eines der mächtigsten Kreativ-Tools, denn Veränderung braucht diesen Freiraum.

Kakteen, Mango, Äpfel und Ananasfasern streichen Tierleder und ersetzen Leder für Taschen und Kleidung mit Fasern von Pflanzen. Das spanische Unternehmen Ananas Anam stellt Piñatex aus Fasern von Ananasblättern her, die bisher Abfall waren. Die Ananas-Bauern steigern mit Abfall ihr Einkommen. 2021 verkaufte Nike einen Sneaker auf Piñatex-Basis, die Zusammenarbeit gewann 2021 bei den „Best Collaboration by PETA Fashion Awards“.

Mangos ersetzen Leder für Handtaschen mit einem veganen, lederähnlichen Material made in Rotterdam. Aus Kaktus-Leder vom Mexikanischen Hersteller Desserto stellt Adidas Boxhandschuhe her. Auch die Reste der Apfelsaftproduktion bieten eine Lederalternative. Diese vier Lederalternativen streichen das Töten von Tieren und den Einsatz gefährlicher Chemikalien.

ROCK YOUR WORK

Dieser Text is ein Auszug aus ROCK YOUR WORK. 461 Beispiele und Geschichten über Leben und Arbeit, träumen und machen, spinnen und anpacken. Es geht um Glück und Gesundheit, LEBEN und Arbeit, Menschen und Mitwelt, Diversität und Biodiversität.

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Martin Gaedt schreibt über Provotainment, Leben und Arbeit, cleveres Recruiting, Wirtschaft & Management

Martin Gaedt ist Autor von "4 TAGE WOCHE", "Rock Your Work", "Rock Your Idea" und "Mythos Fachkräftemangel". Er ist Provotainer und hat seit 2014 in 650 Keynotes mehr als 100.000 Gäste begeistert, provoziert und entertaint. Seit 1999 gründet er Unternehmen und stellt 44 Fragen, der Anfang des Neuen.

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