Premium

Kurz vor der Rente? So holen Sie finanziell das Maximum heraus

Was beim Übergang in die Zeit als Rentner zu beachten ist: Altersrente, Betriebsrente, Zusatzeinkommen, Depot – nicht fehlen darf auch eine passende Anlagestrategie.

Reicht die Rente? Wenn der Beginn des Ruhestands näher rückt, stellen sich wichtige finanzielle Fragen. Wie viel Geld brauche ich in Zukunft? Welche Rentenzahlungen sind zu erwarten? Wie viel Vermögen kann zur Sicherung des Lebensstandards eingesetzt werden, und wie sollte es angelegt werden? Das Handelsblatt beantwortet dazu wichtige Fragen.

Wie viel Geld benötige ich?

Wer als Mann demnächst das reguläre Rentenalter von aktuell rund 66 Jahren erreicht und aus dem aktiven Berufsleben ausscheidet, hat nach aktuellen Statistiken noch eine Lebenserwartung von knapp 18 Jahren. Bei Frauen sind es noch gut 20 Jahre. Diese Prognosen dienen allerdings nur als grober Anhaltspunkt dafür, wie lange ein Neu-Rentner noch leben wird. Heute gibt es viele Menschen, die über 90 Jahre alt werden.

Wer gesund ist, steht also vor der Frage: Wie kann ich mich noch für mehr als 20, mit viel Glück sogar bis zu 30 Jahre oder noch länger finanziell absichern? Bei einem vorgezogenen Renteneintritt sind es sogar noch mehr Jahre, und zugleich fließen geringere Rentenzahlungen.

Ausgangspunkt einer Planung für diese letzte Lebensphase ist die Frage: Wie viel ist nötig, um den gewohnten Lebensstandard zu erhalten? Ein großer Kostenblock ist dabei oft die Miete oder die Finanzierung der eigenen Wohnung. Unterschätzt wird häufig, wie teuer der eigene Lebensstil ist. Fabian Frey, Leiter der Niederlassung München des Vermögensverwalters VZ Vermögenszentrum, sagt: „Manche merken erst ein paar Monate nach Rentenbeginn, wie hoch ihre Ausgaben tatsächlich sind.“

Wie viel Rente erwarte ich?

Sind die Ausgaben bestimmt, gilt es, das künftige Einkommen realistisch einzuschätzen. Die Basis für abhängig Beschäftigte bildet meistens die gesetzliche Rente. Die neue Regierungskoalition hat sich darauf geeinigt, das Niveau der gesetzlichen Rente bis 2031 bei mindestens 48 Prozent des bisherigen Nettoverdienstes zu garantieren, also das Rentensystem notfalls entsprechend aus Steuermitteln zu unterstützen. Diese 48 Prozent beziehen sich allerdings auf den sogenannten Standardrentner, der 45 Beitragsjahre hinter sich hat. Davon gibt es allerdings nicht viele. Vermögensberater Frey warnt zudem: „Viele sind überrascht, dass sie als Rentner Steuern zahlen müssen.“ Im Jahr 2026 bleiben 16,5 Prozent steuerfrei, danach sinkt dieser Betrag jedes Jahr um einen halben Prozentpunkt.

👉 Exklusives Angebot: 12 Monate lesen, nur die Hälfte zahlen

Außerdem ist absehbar, dass das Rentenniveau langfristig weiter absinken wird, weil es in Deutschland zu wenig Kinder gibt. Im Schnitt kommen auf eine Frau knapp 1,4 Kinder. Um die Bevölkerung stabil zu halten, müssten es gut zwei Kinder sein.

Die gesetzliche Rente kann nominal zwar nicht gekürzt werden, aber verliert auch bei nur leichter Inflation an Kaufkraft. Ein Beispiel: 1000 Euro sind bei zwei Prozent Inflation, was dem Zielwert der Europäischen Zentralbank (EZB) entspricht, in 20 Jahren rechnerisch nur noch 667 Euro wert.

Welche weiteren Einkünfte gibt es?

Wichtig ist zudem zu klären, welche weiteren Ansprüche auf Renten vorhanden sind, etwa vom Arbeitgeber oder aus berufsständischen Kassen? Hinzu kommt bei vielen noch die staatlich geförderte Riesterrente.

Dabei ist zu beachten: Wer eine Scheidung hinter sich hat, muss oft Kontakt zu den jeweiligen Anbietern des ehemaligen Lebenspartners aufnehmen. Denn im Versorgungsausgleich für die Ehejahre sind die jeweiligen Ansprüche zur Scheidung, in der Regel jeweils hälftig ausgetauscht worden.

Wer eine private Rentenversicherung abgeschlossen hat, erhält eine weitere Rentenzahlung. Allerdings ist hier zu beachten, dass die Erträge aus den Kapitalanlagen der Beiträge, der sogenannte Ertragsanteil, besteuert wird. Je nach Eintrittsalter in die Rentenzeit liegt der Steuersatz bei rund 20 Prozent.

Beliebt als Altersvorsorge sind bei den Deutschen bekanntlich Kapitallebensversicherungen, die bei Fälligkeit zumeist zum Rentenbeginn in einer Summe ausgezahlt werden. Dann hat ein künftiger Rentner auf einen Schlag nicht selten einen fünf- oder sechsstelligen Betrag auf dem Konto.

Eine weitere Einnahmequelle ist privat angespartes Vermögen in einem Wertpapierdepot oder auf Sparkonten. Wer Immobilien vermietet, erhält zudem Mieteinnahmen.

Der Rentenbescheid: Für abhängig Beschäftigte bildet die gesetzliche Rente nach wie vor die Grundlage ihres Einkommens im Alter. Foto: Felix Kästle/dpa

Nach einer solchen Bestandsaufnahme der Einnahmen- und Vermögenssituation muss eine weitere Kernfrage beantwortet werden: Welchen Teil der regelmäßigen Ausgaben decken die künftigen Rentenzahlungen ab, wie viel muss aus dem Vermögen dazugesteuert werden? Und sollte ein Teil des Vermögens in eine weitere Rente umgewandelt werden? Stefan Schießer von der Frankfurter Honorarberatung sagt:

Rente oder Kapital, das ist die entscheidende Frage

Mehr Rente gibt mehr Sicherheit, aber dann ist unter Umständen am Ende kein Kapital mehr zum Vererben übrig. Wem eine weitere Rentenzahlung wichtig ist, kann eine sogenannte Sofortrente kaufen: Dafür wird eine bestimmte Summe an Kapital eingesetzt, die ab einem vereinbarten Termin als Rente gezahlt wird.

Wie viel Sofortrente erhält beispielsweise eine Frau oder ein Mann für ein Kapital von 100.000 Euro? Wenn er oder sie 63 Jahre alt ist, wären es beim Rentenversicherer Debeka zum Beispiel rund 296 Euro Rente im Monat, mit 66 Jahren 324 Euro und mit 67 Jahren 335 Euro. Dass Frauen im Schnitt länger leben als Männer, wird heute bei der Kalkulation nicht mehr berücksichtigt. Beim Versicherer Allianz liegen die Werte ganz ähnlich mit 297, 326 und 337 Euro.

Das sind jeweils garantierte Rentenbeträge. Tatsächlich kann es mehr werden, wenn der Versicherer gut wirtschaftet und das an den  Kapitalmärkten angelegte eingezahlte Vermögen gute Renditen bringt. Beim Beispiel eines 66-Jährigen stellt die Allianz 407 Euro monatlich als realistisch in Aussicht, also deutlich mehr als die garantierten 326 Euro. Diese Beispiele sind reine Rentenversicherungen. Wer auch einen Todesfallschutz einbaut, damit also seine Erben bei einem frühen Ableben noch etwas bekommen, erhält weniger Rente.

Beratungsgespräch: Kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand ist es Zeit für eine Bestandsaufnahme der Einnahmen- und Vermögenssituation. Foto: IMAGO/Zoonar II

Wo passen Auszahlpläne?

Ein anderer Weg zu regelmäßigen Einnahmen sind Auszahlpläne, die von den meisten Fondsgesellschaften angeboten werden. Diese können in zwei Varianten ausgestaltet werden: In der ersten werden nur die Erträge des Vermögens regelmäßig ausgezahlt, das Kapital bleibt also erhalten. In der zweiten Variante wird das Kapital aufgezehrt. Dafür wird kalkuliert, wie viel Geld jährlich entnommen werden kann, damit das Vermögen über einen bestimmten Zeitraum ausreicht.

Ein Rechenbeispiel hierzu: Unterstellt man eine Rendite von fünf Prozent für das angelegte Kapital, dann werden bei der zweiten Variante 100.000 Euro benötigt, um über 34 Jahre hinweg 500 Euro pro Monat auszuzahlen. Im Vergleich zur Sofortrente, in der ein Teil des  eingezahlten Kapitals in die Sicherstellung einer lebenslangen Zahlung fließt, besteht beim Auszahlplan die Aussicht auf eine höhere monatliche Zahlung.

Ob die fünf Prozent Rendite erreicht werden, hängt allerdings von der Entwicklung der Kapitalmärkte und von der Anlagestrategie ab. Und bei einem Auszahlplan kann zu einem Problem werden: Wer älter wird als bei Vertragsabschluss kalkuliert, hat für seine letzten Lebensjahre nichts mehr übrig. Das „Risiko“ eines sehr langen Lebens ist im Gegensatz zur Rentenversicherung nicht abgedeckt.

Wie teile ich das Vermögen richtig auf?

Wer darüber hinaus über ein Wertpapierdepot verfügt, sollte darüber  nachdenken, wie es zu Rentenbeginn strukturiert wird. Früher wurde häufig geraten, möglichst viel in Zinspapieren, auch „Renten“ genannt, zu investieren. Aber das bringt oft nicht genug Ertrag. Ein hoher Aktienanteil empfiehlt sich generell nur für einen langen Anlagehorizont. Aber der ist bei Lebenserwartungen von rund 20 Jahren und mehr ja durchaus gegeben.

Vermögensberater Frey von VZ skizziert ein vereinfachtes Beispiel: Bei 200.000 Euro Vermögen und 6.000 Euro Bedarf pro Jahr wäre nach seiner Einschätzung eine anfängliche Aufteilung von 70 Prozent Aktien und 30 Prozent Renten möglich.

Die Idee dabei ist, dass der Rentenanteil mit dieser Strategie bis zu zehn Jahre reichen würde, um den Bedarf zu decken. Weil Aktien selbst bei tiefen Kurseinbrüchen meist nicht länger als zehn Jahre zur Erholung brauchen, sollte so vermieden werden, dass sie gerade in schwachen Börsenphasen verkauft werden müssen.

Eine plausible Aufteilung für den Aktienanteil wäre aus seiner Sicht zum heutigen Zeitpunkt: 45 Prozent USA, 45 Prozent Europa einschließlich Ländern wie der Schweiz und Großbritannien außerhalb der Euro-Zone und vielleicht zehn Prozent in Schwellenländern, Japan und Australien.

Dieser breite Mix sollte verhindern, dass Probleme einer einzigen Region das gesamte Ergebnis zu stark drücken. Dabei wird deutlich, dass es nicht gut wäre, allein auf den Welt-Aktienindex MSCI World zu setzen: Dort machen allein US-Papiere 70 Prozent aus.

Wem das alles nicht reicht, der hat noch die Möglichkeit, neben der Rente weiterzuarbeiten. Die gute Nachricht: Seit 2023 ist das bei regulärem Renteneintritt unbegrenzt, also ohne Abzüge bei der gesetzlichen Rente zu haben, möglich.

👉 Exklusives Angebot: 12 Monate lesen, nur die Hälfte zahlen

Kurz vor der Rente? So holen Sie finanziell das Maximum heraus

Premium

Diese Inhalte sind für Premium-Mitglieder inklusive

Der Zugang zu diesem Artikel und zu vielen weiteren exklusiven Reportagen, ausführlichen Hintergrundberichten und E-Learning-Angeboten von ausgewählten Herausgebern ist Teil der Premium-Mitgliedschaft.

Premium freischalten

Handelsblatt schreibt über Substanz entscheidet

Das Handelsblatt ist das führende Wirtschaftsmedium in Deutschland. Rund 200 Redakteure und Korrespondenten sorgen rund um den Globus für eine aktuelle, umfassende und fundierte Berichterstattung. Über Print, Online und Digital kommunizieren wir täglich mit rund einer Million Leserinnen und Lesern. NEU: Diese Seite bietet Premium-Mitgliedern eine Auswahl der besten Artikel vom Handelsblatt direkt hier.

Artikelsammlung ansehen