Ladetarife steigen – wird E-Auto-Strom teurer als Sprit?
Die Energiepreise steigen und viele Ladestrom-Anbieter müssen das an Kunden weiterreichen. Wo es teurer wird und was E-Auto-Fahrer beachten müssen.
E-Mobilitätsdienstleister müssen allmählich die stark gestiegenen Strompreise der vergangenen Monate an ihre Kunden weiterreichen. Wer ein Elektroauto fährt, muss sich womöglich auch an öffentlichen Ladepunkten auf höhere Kosten einstellen. Die Dienstleister (E-Mobility-Provider oder EMP genannt) bieten Ladekarten und Lade-Apps an, mit denen Kunden den Strom bezahlen können, den sie an öffentlichen Ladesäulen zapfen.
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Wer eine Karte oder App von einem der betreffenden Anbieter hat, muss so pro geladener Kilowattstunde mehr bezahlen. Doch um welche Anbieter geht es, was bedeutet das genau für E-Auto-Fahrer – und für jene, die es vielleicht bald werden wollen?
Welche Anbieter erhöhen ihre Preise?
Am 7. März steigen die Ladepreise des italienischen Energieversorgers Enel. Mit dessen Ladeapp „Juicepass“ können Kunden auch in Deutschland Ladesäulen freischalten. Für das Laden an einer Wechselstrom-Ladesäule verlangt der Anbieter künftig 70 statt 50 Cent pro Kilowattstunde (kWh), für – in der Regel schnelleren – Gleichstrom statt pauschal 79 Cent je nach Ladeleistung zwischen 75 und 85 Cent.
Zum 1. April wollen die Stadtwerke München ihren Tarif anheben. Dann kostet das Laden mit Wechselstrom ohne monatlichen Grundpreis 49 statt 38 Cent, die Gebühr für das Laden mit Gleichstrom steigt gar von 38 auf 69 Cent.
Ebenfalls ab April verlangt der Anbieter EWE Go mehr Geld für Stromladungen. Hier ist die Preissteigerung eher moderat. Ohne monatlichen Grundpreis steigt der Preis für Wechselstrom an EWE-Go-Ladesäulen von 39 auf 42 Cent, für Gleichstrom von 49 auf 52 Cent. An Partnersäulen steigt er auf 49 Cent (Wechselstrom) beziehungsweise 59 Cent (Gleichstrom).
Mehrere andere Ladestrom-Anbieter räumten auf Handelsblatt-Anfrage ein, dass Preiserhöhungen bald ein Thema werden könnten. So teilte der Anbieter GP Joule Connect mit, Tariferhöhungen seien denkbar, falls die Betreiber der jeweiligen Ladestationen ihrerseits die Preise erhöhten. Und Eon Drive wollte zumindest keine genauen Aussagen über die Tarife in den kommenden zwölf Monaten machen.
Bereits zum 1. Februar hob der Energieversorger Maingau Energie seine Preise an. Seitdem kostet Wechselstrom 49 statt 44 Cent und Gleichstrom 59 statt 54 Cent. Noch höher ist die Preissteigerung für Kunden, die von Maingau auch im Haushalt Energie beziehen. Für sie steigen die Preise von 30 auf 39 beziehungsweise von 40 auf 49 Cent.
Ebenfalls seit Februar verlangt der Hamburger Energieversorger Lichtblick nun 55 statt 42 Cent für Wechselstrom und 75 statt 62 Cent für Gleichstrom. Und Ende vergangenen Jahres hat Tesla die Tarife für die eigenen Supercharger-Ladesäulen ohne Ankündigung von 40 Cent pro Kilowattstunde auf 45 Cent angehoben.
Schuld dürften in fast allen Fällen die hohen Börsenstrompreise sein. Die sorgen zunächst dafür, dass bei den sogenannten Charge Point Operators (CPOs), den Ladesäulenbetreibern, die Kosten steigen. Ladetarif-Anbieter müssen in der Folge mehr für die Nutzung bezahlen. Diese geben die gestiegenen Preise teils notgedrungen weiter. So teilt etwa ein Anbieter mit: „Lichtblick musste den Fahrstrom-Tarif anpassen, da sich die Kostenbestandteile geändert haben.“ Man müsse daher die bisherigen Tarife neu kalkulieren und an den Roaming-Kosten der Ladesäulenbetreiber ausrichten.
Lediglich der Energieversorger EnBW hat die Preise für seine Lade-App „Mobility+“ zuletzt stabil gehalten und ist zuversichtlich, das auch weiter tun zu können.
Eine Preiserhöhung gab es bereits im vergangenen Juli. Die Preise im Standardtarif stiegen für Wechselstrom von 39 auf 45 Cent, für Gleichstrom von 49 auf 55 Cent. Diese Erhöhung hatte allerdings nach Aussagen des Unternehmens nichts mit den Energiepreisen, sondern mit dem Ausbau der eigenen Ladesäulen-Infrastruktur zu tun.
Was bedeuten die gestiegenen Preise für E-Auto-Fahrer?
Anders als beim Verbrenner hängt der Preis für den „Treibstoff“ beim Stromer weniger davon ab, an welcher Säule man lädt, sondern vor allem vom Anbieter, dessen Ladekarte oder Lade-App man nutzt. Dabei ist es auch möglich, mehrere verschiedene Ladestrom-Anbieter gleichzeitig zu haben und deren Preise miteinander zu vergleichen.
Zudem kann es sich je nach Fahrprofil lohnen, bei einem der Anbieter eine monatliche Grundgebühr zu zahlen. Dadurch sinkt der Preis pro geladener Kilowattstunde. Das rechnet sich vor allem für jene Fahrer, die viel unterwegs sind und häufig an öffentlichen Säulen laden.
Allerdings ist absehbar, dass sich die hohen Strompreise früher oder später bei den meisten E-Auto-Fahrern bemerkbar machen. Der Haushaltsstrom ist bei vielen Energieversorgern zuletzt deutlich teurer geworden, was das Laden zu Hause kostspieliger macht.
Vor allem ist fraglich, ob sich einzelne Ladetarif-Anbieter langfristig gegen die Preissteigerungen wehren können. Die bisherigen Tariferhöhungen haben es zum Teil in sich: Bei Maingau Energie etwa entspricht die Preissteigerung beim Gleichstrom einer Erhöhung von neun Prozent. Bei den Stadtwerken München sind es gar 80 Prozent, was aber auch daran liegen dürfte, dass der bisherige Preis für Gleichstrom ungewöhnlich niedrig war.
Solche Preissteigerungen können je nach Verbrauch des eigenen E-Fahrzeugs ordentlich ins Gewicht fallen. Ein Test des ADAC zeigt, dass der reale Verbrauch der Fahrzeuge auf dem Markt sehr variiert. Am sparsamsten fuhr darin der Hyundai Ioniq mit 16,3 Kilowattstunden (kWh) auf 100 Kilometer, der Polestar 2 Long Range Dual Motor verbrauchte mit 29,2 kWh am meisten Strom. Der VW ID.3 schaffte es mit 19,3 kWh auf Platz 13.
Für den Fahrer eines VW ID.3 würde eine Gleichstrom-Ladung für 100 Kilometer Autofahrt somit um 97 Cent teurer, wenn er den Tarif von Maingau Energie nutzt. Hätte er die ganze Zeit den Tarif der Stadtwerke München genutzt, wären es allerdings sechs Euro. Würde er sich erst jetzt für einen von beiden entscheiden, müsste er bei Maingau Energie für 100 Kilometer 11,40 Euro bezahlen, bei den Stadtwerken München 13,32 Euro.
Lohnt es sich, trotz der hohen Strompreise aufs E-Auto umzusteigen?
Um für alle Verbraucher einfach ersichtlich zu machen, wie viel die Energie für die verschiedenen Fahrzeugantriebsarten kostet, hat das Bundeswirtschaftsministerium Ende vergangenen Jahres große, gelbe Vergleichsschilder entworfen. Sie müssen an jeder Tankstelle mit mehr als sechs Zapfsäulen hängen.
Die Schilder zeigen einen „Energiekostenvergleich für Personenkraftwagen in Euro pro 100 Kilometer“. Sie vergleichen den Preis, den Fahrer eines Klein-, Mittel- oder Oberklassewagens für Super, E10, Diesel, Strom, Erdgas, Autogas oder Wasserstoff zahlen müssten. Laut dem Schild mit Stand Dezember 2021 liegen die Kosten eines Mittelklassewagens für Super bei 11,97 Euro, für Diesel bei 7,82 und für Strom bei nur 4,84 Euro.
Für diesen Vergleich geht die Bundesregierung allerdings davon aus, dass eine Kilowattstunde Strom rund 28 Cent kostet. Öffentliche Ladesäulen sind ohne monatliche Grundgebühr aber oft mehr als doppelt so teuer.
Auch der heimische Strom dürfte viele Verbraucher mittlerweile mehr kosten. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lag der durchschnittliche Strompreis für Haushalte im Jahr 2021 bei rund 32 Cent, wenn sie 3500 kWh im Jahr verbrauchen, was als Richtwert für Drei-Personen-Haushalte gilt.
Um den Jahreswechsel herum haben jedoch zahlreiche Energielieferanten ihren Kunden gekündigt, weil sie diese zu den hohen Strommarktpreisen nicht mehr versorgen konnten. Wer Pech hatte, fand nicht so schnell einen neuen Stromversorger und musste bei einem Grundversorger mit einem teuren Tarif vorliebnehmen. So verlangten etwa die Stadtwerke Pforzheim mehr als einen Euro pro Kilowattstunde Strom.
Allerdings ist davon auszugehen, dass es beim Strompreis zumindest eine kleine Entlastung gibt: Ab dem 1. Juli soll die sogenannte EEG-Umlage ersatzlos entfallen. Dann wird Strom für Endkunden 3,723 Cent pro Kilowattstunde günstiger. Zugleich sind auch die Preise für Diesel und Benzin im gesamten letzten Jahr immer weiter gestiegen und befinden sich auf Allzeithochs. Die Ukrainekrise hat diesen Anstieg zuletzt noch verstärkt.
Zudem hat die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, klimaschädliche Subventionen abzubauen und die steuerliche Behandlung von Dieselfahrzeugen in der Kfz-Steuer zu überprüfen. Derzeit liegt die Energiesteuer für Benzin laut ADAC bei 65,45 Cent pro Liter, bei Diesel nur bei 47,04 Cent – ein Unterschied von 19 Cent.
Die aktuelle Variante des Energiekostenvergleichs ist somit nur bedingt aussagekräftig. Immerhin soll im März eine Aktualisierung erscheinen.
