Cover-Auszug: Liebe Erde. 33 Briefe, um unsere Welt zu schützen. Hg. Molina Gosch. Hoffmann & Campe Verlag 2021. - Hoffmann & Campe Verlag

„Liebe Erde …“: Briefe zum Schutz unserer Welt

Briefe schaffen eine nachhaltige Verbindung zwischen Menschen.

Sie vertiefen unser Weltverständnis, stärken unser Wohlbefinden, wecken unsere Achtsamkeit und lassen uns Anteil am anderen nehmen. Sie sind nicht nur ein freundlicher Schubs wie E-Mails oder SMS, sie werden durch die Stimmung des Schreibenden bestimmt und stehen zwischen Einsamkeit und Geselligkeit. Eine Lesart aus der Antike legt nahe, dass sie halbierte Dialoge sind, die das Gespräch mit dem abwesenden Adressaten ersetzen. Briefe sind gedankenvoll, wichtig für unser Selbstverständnis und Selbstwertgefühl – und sie haben (bis auf einige Ausnahmen) ein unbegrenztes „Haltbarkeitsdatum“. Briefe gehören auch in den Kontext der Nachhaltigkeit.

Am Ende des Sammelbandes „Klimawandel in der Wirtschaft“ steht deshalb ein handschriftlicher Brief von Giselheid Schulz-Ëberlin, der an Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Aktivisten gerichtet ist: „Danke für Euren Mut, Euch hinzustellen und Eure Ängste, Wünsche und Forderungen unmissverständlich, unüberhörbar und unübersehbar zu äußern. Danke, dass Ihr Fehlstunden und anschließendes mühsameres Nachholen des Unterrichtsstoffes auf Euch nehmt. Danke, dass Ihr infrage stellt und bereit seid, auf Fragen zu antworten. Danke für die Eröffnung des Gesprächs.“

Das Buch widmet sich einer Bewegung, die ihre Kraft und Wirksamkeit aus der Dringlichkeit ihres Anliegens zieht. Es wird aber auch gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Generationen einander zuhören und gemeinsam daran arbeiten, den Zustand der Welt neu zu bewerten und zum Positiven zu verändern. Alle sind aufeinander angewiesen, auch können gesellschaftliche Probleme nur gemeinsam gelöst werden. „Generationenkonflikte dürfen nicht entstehen“, schreibt der Autor Robert Scheib. Die Jungen brauchen die Älteren und die Älteren brauchen die Jungen: „Erfahrung, Wissen, Fortschritt, Innovation und Transformation können nur Hand in Hand erfolgen.“ Der Unternehmer und Personalexperte Werner Neumüller verweist in seinem Beitrag auch auf die Rolle von Unternehmen – sie sollten Brückenbauer aller Generationen werden: „Ältere haben schon Krisen erlebt und haben einen enormen Erfahrungsschatz. Jüngere sind in der Regel anpackend, mutig und neugierig.“

Stefan Hofer, Teamleiter Marketing bei der NEUMÜLLER Unternehmensgruppe, bringt noch einen weiteren Aspekt ein, der in der Klimadebatte nicht vernachlässigt werden sollte. Der erhobene Zeigefinger bringt nichts: „Nicht jeder, der sich nicht für Klimaschutz einsetzt und Fleisch vom Discounter konsumiert, ist gleich ein schlechterer Mensch. Denn wer in einem Sozialbau lebt und auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, hat meist gar keine andere Alternative, um über die Runden zu kommen. Wer tagtäglich darüber nachdenken muss, wie er seine Familie ernährt, hat andere Probleme, als jeden Freitag auf die Straße zu gehen und für ein besseres Klima zu streiken.“

Die Autorin Anne Weiss wünscht sich, dass folgende Generationen die Politiker stärker in die Pflicht nehmen. Sehr hoffnungsfroh ist sie allerdings nicht, da sie auch „in diesen netflix-getränkten, unterhaltungsgewöhnten, smartphoneabgelenkten Generationen ein eher unpolitisches Bewusstsein“ vermutet. Anne Weiss, unter anderem engagiert bei den Writers for Future, war auch eine wichtige Impulsgeberin für das von Molina Gosch herausgegebene Buch „Liebe Erde. 33 Briefe, um unsere Welt zu schützen“. Beide Bücher verbindet das Thema Dringlichkeit. So zitiert der Meteorologe und Klimaforscher Mojib Latif Martin Luther King jr. („Beyond Vietnam“): „Wir sind jetzt mit der Tatsache konfrontiert, dass morgen heute ist. Wir sind mit der heftigen Dringlichkeit des Heute konfrontiert. In diesem sich entfaltenden Rätsel des Lebens und der Geschichte gibt es so etwas wie, zu spät zu sein.“

Molina Gosch ist Klimaaktivistin und Mitarbeiterin von Renate Künast, die hier dringend für einen umfassenden ökologisch-sozialen Umbau plädiert. Im Februar 2013 stand sie zum ersten Mal am Kohletagebau im Hambacher Forst. Sie rief einen Klimablog ins Leben, engagierte sich bei Fossil Free und weiteren Initiativen. Im September 2018 hat sie die Klimawache vor dem Bundeskanzlerinnenamt mitinitiiert, bei der unter anderem Anton Hofreiter, Louisa Dellert und Luisa Neubauer sprachen. Alle waren neben Prominenten wie Eckart von Hirschhausen, Sven Plöger, Marie Nasemann auch am Briefbuch beteiligt.

Alle haben einen ausschlaggebenden Moment erlebt, der ihnen gezeigt hat, wie wichtig es ist, sich für Klimaschutz und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen einzusetzen.

Im Buch erzählen sie, welche Erlebnisse sie persönlich bewegt hat, aktiv zu werden, und wie sich ihr Leben dadurch veränderte. Sie Mitwirkung war honorarfrei. Mit dem Erlös wird die Arbeit der Michael Succow Stiftung unterstützt, die sich für Moor und Klimaschutz engagiert. „Wenn wissenschaftliche Daten die Mehrheit der Gesellschaft über Jahrzehnte nicht dazu brachten, für den Erhalt der Natur einzutreten und ihren rechtlichen Schutz einzufordern, würden dann diese persönlichen Gedanken vielleicht einen Unterschied machen?“, fragt sie in ihrem Vorwort. Sie machen einen Unterschied – und zwar dann, wenn sie wirklich aus dem Herzen kommen. Das ist hier besonders spürbar. Nicht alle Prominenten schreiben mit der gleichen Leidenschaft. Wirklich nah gehen jene Texte, die wirklich an die Erde gerichtet sind oder an die eigenen Kinder und nachfolgenden Generationen. Es reicht nicht, wenn ein Prominenter Standardsätze, die schon vielfach abgedruckt wurden, hier nur wiederholt. Die Komposition der Texte wird dadurch zwar perfekt, aber der innere Klang ist ein anderer. Wirklich zu Herzen geht alles, was eigens für dieses Buch als Brief geschrieben wurde – zum Beispiel von Nina und Nils von Dellft, die Anfang 2019 die Klimawoche in Bonn ins Leben gerufen haben. Sie schreiben an ihre Tochter. Die aus Bangladesh stammende und in Berlin lebende Ökonomin und Klimaaktivistin Tonny Nowshin wird mit ihrer Ansprache auch dem Titel des Buches gerecht: „Lieber kleiner blauer Planet“: „Ich weiß, wir reden heute viel über die Liebe. Wir reden viel darüber, dass wir uns selbst lieben müssen, um andere lieben zu können, dass wir uns selbst wertschätzen müssen. Ich halte inne und frage mich, ob dies auch für unsere Beziehung zu dir gilt.“

Buchprojekte wie diese regen auch dazu an, sich mit nachhaltigen Briefprodukten zu beschäftigen.

Vor allem Kreative wollen auf das handschriftliche Briefeschreiben auch im Zeitalter der Digitalisierung nicht verzichten, weil sie mit der Begreifbarkeit der Dinge und des Lebens unmittelbar verbunden ist. Die Liebe zum Papier, zum Handlettering, zum Schreiben und zum Lesen wird heute wieder sehr geschätzt. Darauf reagieren auch Nachhaltigkeitsunternehmen, die noch an die Kraft der guten alten Dinge glauben. Zu ihnen gehören beispielsweise Manufactum oder die memo AG. „Direktrecycling“ heißt zum Beispiel das innovative Verfahren, bei dem der Rohstoff Altpapier sofort zu neuen Produkten verarbeitet wird. Der Ökoversender führt Direkt Recycelte Produkte (DRP) bereits seit Anfang der 2000er Jahre. Claudia Silber, die hier die Unternehmenskommunikation leitet, freut sich immer, wenn sie im Büro Post erhält und sieht, dass auch andere ihre Korrespondenz damit verschicken und Wert auf die Geschichte „dahinter“ legen: Die Briefumschläge und Versandhüllen waren nämlich einmal Plakate, Kalender, Industriepapiere oder Landkarten.

Im Gegensatz zum herkömmlichen Papierrecycling entfällt der Verbrauch von Wasser, Energie und weiteren Aufbereitungsstoffen. Eine Studie des Öko-Instituts e.V. belegt die hervorragende Umweltbilanz der Direktrecycling-Produkte. Diese Briefumschläge sind aus Recyclingpapier mit 100 % Altpapiereinsatz hergestellt und mit dem "Blauen Engel" ausgezeichnet. Die Fenster sind aus Pergamin und zusammen mit dem Kuvert recycelbar. Das Papier für die grauen Recyclingkuverts wird ohne Bleichung, Färbung oder Entfärbung (De-Inking) hergestellt. Bei der Herstellung der Umschlagserie „Envirelope“ wurde die Ressourcenschonung konsequent optimiert und der CO2-Fußabdruck minimiert. Für den Innendruck kommt Ökofarbe zum Einsatz. Sie lässt sich im Recyclingprozess vollständig von der Papierfaser trennen. Die verwendeten, wasserlöslichen Leime sind rückstandslos abbaubar. Die Fensterfolie ist auf Basis nachwachsender Rohstoffe hergestellt und von der Deutschen Post AG für die maschinelle Kuvertierbarkeit zertifiziert. Die bei der Papierherstellung selbst anfallenden CO2-Emissionen werden ebenso wie die Emissionen aus dem Produktionsprozess durch die Investition in ökologisch hochwertige Klimaschutzprojekte kompensiert.

Nachhaltige Briefprodukte machen Umwelt- und Klimaschutz greifbar und sollten deshalb auch im Kontext jener Bücher „gelesen“ werden, die sich mit den dringlichsten Themen unserer Gegenwart beschäftigen.

Weiterführende Literatur:

Liebe Erde. 33 Briefe, um unsere Welt zu schützen. Hg. Molina Gosch. Hoffmann & Campe Verlag/Atlantik, Hamburg 2021.

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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