Lohnt sich eine Karriere als Beamter für Sie?
Beamter werden oder in die Privatwirtschaft gehen: Was ist lukrativer? Sowohl Berufsanfänger als auch Quereinsteiger stellen sich diese Frage. Eine exklusive Modellrechnung bringt Klarheit.
Düsseldorf. Ob sich der Einsatz für den Staat auszahlt, zeigt am besten ein konkretes Beispiel. Für die Handelsblatt-Modellrechnung gehen wir von einer Jura-Studentin mit Prädikatsabschluss aus. In einem Fall macht sie Karriere im Staatdienst, im anderen in der Privatwirtschaft.
Die Lebenswege der beiden (fiktiven) Frauen verlaufen exakt gleich: Beide haben ein Jura-Prädikatsexamen, beide fangen mit 27 Jahren an zu arbeiten – und setzen später einige Jahre aus. Wer hat am Lebensende mehr verdient?
Diese Frage beantwortet für das Handelsblatt Dennis Buchmann, Niederlassungsleiter bei der Quirin Privatbank in Hamburg. Dafür konstruiert er zwei Modell-Lebensläufe – von der Ausbildung bis zum Lebensende. Die Rechnung verrät, welcher Karriereweg sich auf lange Sicht im Hinblick auf Gehalt, Rente und Sozialabgaben mehr lohnt.
Beamter werden: Die Beispielrechnung im Detail
In der Modellrechnung geht Dennis Buchmann von zwei Juristinnen mit Prädikatsexamen aus. Sie beginnen mit 27 Jahren zu arbeiten, heiraten mit 31, werden zum ersten Mal mit 33 und noch einmal mit 36 Mutter.
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Sie setzen pro Kind jeweils ein Jahr aus, kehren nach ihrer Elternzeit jeweils für ein Jahr in eine Halbtagsstelle zurück. Mit 67 gehen sie in Ruhestand, mit 85 sterben sie.
Gehalt versus Besoldung: Was bringt mehr?
Die junge Beamtin startet im Bundesfinanzministerium als Regierungsrätin in der Besoldungsstufe A 13 mit 60.555 Euro Jahresbruttogehalt.
Ihre Besoldung steigt nicht nur mit den Erfahrungsstufen; mit 39 Jahren wird sie Teamleiterin und steigt in A 14 auf, mit 52 wird sie Abteilungsleiterin. Dann verdient sie in A 15 brutto rund 89.000 Euro im Jahr.
In der Wirtschaft beginnt die Jura-Absolventin dagegen bei einem Unternehmen mit 54.000 Euro Bruttogehalt, wechselt mit 29 Jahren zu einem Mittelständler mit mehr als 1000 Angestellten, wo sie schon 73.000 Euro verdient.
Dort steigt sie im Personalwesen erst zur stellvertretenden Teamleiterin, dann zur Teamleiterin auf. Mit 52 Jahren wird sie zur Leiterin der Personalabteilung befördert, womit fortan jährlich 124.000 Euro brutto auf ihrer Gehaltsabrechnung stehen.
Die Juristin bleibt wegen der kostenfreien Familienversicherung für die Kinder in der gesetzlichen Krankenversicherung. Zudem profitiert sie von der Beitragsfreiheit in der Elternzeit, weil ihr Ehepartner ebenfalls gesetzlich krankenversichert ist. Diese Wahlfreiheit hat die verbeamtete Juristin nicht.
Beamte behalten mehr Netto vom Brutto
Alles in allem summiert sich die Vergütung der angestellten Juristin bis zum Renteneintritt auf rund 3,9 Millionen Euro brutto, wovon nach Steuern und Abgaben netto rund 2,3 Millionen zur freien Verfügung bleiben.
Dagegen hat die Beamtin bis zum Antritt ihrer Pension mit rund 3,1 Millionen Euro insgesamt rund 790.000 Euro brutto weniger erzielt. Netto betrachtet fällt die Differenz zwischen den beiden aber deutlich geringer aus: Da liegt die Staatsdienerin 237.900 Euro zurück. Das hat einen Grund: Beamte erfreuen sich an deutlich „mehr Netto vom Brutto“, weil sie weniger Sozialabgaben zahlen.
Dieser Brutto-Netto-Unterschied zieht sich durch das gesamte Leben: Mit 85 hat die Angestellte zwar rund 4,4 Millionen Euro brutto und damit 138.667 Euro mehr verdient als die Beamtin. Netto aber hat die Staatsdienerin sie da längst überholt.
Rente: Beamte durch Pension im Vorteil
Denn eine Karriere im Staatsdienst lohnt sich in finanzieller Hinsicht besonders, wenn Beamte alt werden. Buchmann: „Im Alter holen Staatsdiener auf. Der Rückstand wird durch die Pensionszahlungen immer geringer.“
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Während Normalrentner einen Teil ihres Lebensdurchschnittsverdienstes bekommen, erhalten Beamte nach 40 Berufsjahren 71,75 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens ihrer letzten beiden Arbeitsjahre. Im Handelsblatt-Modell entspricht das einer jährlichen Netto-Pension von 45.900 Euro ab 67, die die Staatsdienerin bis zu ihrem Tod ausgezahlt bekommt. Jahr für Jahr sind das 23.500 Euro mehr als bei der angestellten Juristin.
Gehalt in der Privatwirtschaft nicht gedeckelt
Das sorgt dafür, dass die beiden Juristinnen im Alter von 77 Jahren beim Netto-Lebenseinkommen gleichziehen. Und ab da ergibt die Pensionszahlung sogar einen Vorteil für die Beamtin. Mit 85 hat sie ein Lebenseinkommen von rund 4,3 Millionen Euro brutto erzielt. Davon sind rund 2,9 Millionen Euro netto verfügbar – 185.293 Euro mehr als der Angestellten zur Verfügung stehen. Buchmann: „Beamte müssen erst den Ruhestand erreichen, um ihre Privilegien voll ausschöpfen zu können.“
Im konkreten Fall ist eine Karriere beim Staat also in finanzieller Hinsicht lukrativ. Klar ist aber auch: Je steiler die Karriere verläuft, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, in der Privatwirtschaft mehr Geld zu verdienen. Denn da „sind die Gehälter nicht nach oben gedeckelt – anders als im Beamtentum“, sagt der unabhängige Berater.
