Maye Musk: „Am Ende des Tunnels gibt es ein besseres Leben“
„Das Leben kann erbarmungslos und grausam sein, aber wenn es soweit kommt, müssen Sie zusehen, wie Sie aus dieser Situation wieder herauskommen, und zwar so schnell wie möglich“, schreibt Maye Musk in ihrer Autobiographie „Eine Frau, ein Plan“. Die Mutter von Elon, Kimbal und Tosca Musk, die heute alle erfolgreiche Unternehmerpersönlichkeiten sind, ist berühmt als Supermodel (ihr Konterfei ziert die Cover von Magazinen wie Vanity Fair, Vogue, Time und Cosmopolitan), Ernährungsberaterin und Keynote-Speakerin. Ihr Buch enthält eine Vielzahl von Ratschlägen, die hier vereinfacht zusammengefasst sind:
Sei neugierig und immer bereit, Neues zu wagen.
Tu, was Du gut kannst und versuche nicht, in allem am besten zu sein.
Gib Dich selbstbewusst und zeige Respekt und Interesse gegenüber anderen.
Konzentriere Dich nicht auf die ferne Zukunft, sondern auf den nächsten Schritt.
Sei gut in dem, was Dir Spaß macht.
Zeige Sinn für Humor.
Benutze Deinen gesunden Menschenverstand.
Die wirkliche Stärke ihrer Autobiographie liegt allerdings in jenen Passagen, in denen Maye Musk ungeschönt aus ihrem Leben berichtet. Das kanadisch-südafrikanische Best-Ager-Model Maye Musk, das für ihre Karriere fünfzig Jahre hart gearbeitet hat, wurde 1948 geboren, lebte lange in Südafrika. und wohnt heute in Los Angeles. Sie suchte wie ihr Vater das Abenteuer – allerdings war sie wie er auch klug genug, „stets mit dem Unvorhersehbaren zu rechnen“. Das Wort Abenteuer stammt vom lateinischen Adventus ab, was so viel wie Ankunft oder Ankommen bedeutet. Damit verbunden ist auch das Wort "Advent" - für die Christen die Zeit der Erwartung, die Vorbereitungszeit auf die Ankunft Christi, dessen "Geburtstag" Heiligabend gefeiert wird.
Zum Advent gehören Hoffnung, Wünsche und Erinnerungen.
Vor diesem Hintergrund erscheint das Buch in einem anderen „Licht“. Als Elon zur Welt kam, war sie 23 Jahre alt. Es folgten Kimbal und Tosca, drei Geburten innerhalb von drei Jahren. Mit 31 Jahren trennte sie sich von ihrem Ehemann Errol Musk, einem südafrikanischen Ingenieur und Unternehmer, der auf eine unberechenbare Art grausam war. Zur Zeit der Eheschließung, 1970, war er noch nicht wohlhabend. Als sein Geschäft immer besser lief, „kaufte er mehr Autos, ein Flugzeug und ein Boot. Seinen Reichtum zur Schau zu stellen war alles, was ihm wichtig war.“ Im Buch beschreibt Maye ausführlich den physischen, verbalen und emotionalen Missbrauch durch ihren Ehemann, der sie auf der Hochzeitreise das erste Mal schlug. Jede Mahlzeit bei seiner Familie endete mit Vorwürfen und Gebrüll.
Neun Jahre hat sie unter ihrem Mann gelitten, der ihr zwei Jahre lang nicht erlaubte, mit ihrer Familie zu sprechen, sie vor Gästen beleidigte und ihr mehrmals täglich erklärte, wie langweilig, dumm und hässlich sie war. Als Mutter hörte sie auf, als Model zu arbeiten – auch wegen der blauen Flecken. Maye wurde gedroht: Wenn sie sich jemals scheiden ließe, würde er ihr Gesicht mit Rasierklingen aufschlitzen. In einer Szene schildert sie, wie sie von Errol verprügelt wird, während der damals fünf Jahre alte Elon ihn von hinten gegen die Beine schlägt, um den Vater zum Aufhören zu bringen.
Sein Bruder Kimbal beschreibt seinen Vater als „ultrapräsent und sehr intensiv“. Elon nannte ihn einmal einen „guten Ingenieur“. Den Kindern wurden lange Vorträge aufgezwungen. Auch sorgte der Vater dafür, „dass ihnen die üblichen Ablenkungen der Kindheit keinen Spaß machten“. Kimbal bescheinigt dem Vater „definitiv irgendein schweres Problem mit der Hirnchemie, und ich bin sicher, dass Elon und ich das geerbt haben“. Den Kontakt zum Vater haben die Brüder längst abgebrochen.
Ihre Erlebnisse haben alle zu dem gemacht, was sie heute sind.
Elon war schon als Junge neugierig und enorm belesen. Maye fand ihren Sohn brillant und frühreif. „Er schien Sachen schneller zu begreifen als die anderen Kinder.“ Sein ständiger Drang, andere zu korrigieren, und seine grobe Art führten allerdings dazu, dass andere Kinder ihn mieden, was sein Gefühl der Isolation verstärkte. Als Elon später sah, wie Maye gerade versuchte, Geld an ihre Mutter in Kanada zu sehen, was sehr schwierig war, wollte er eine Lösung per E-Mail finden - so entstand PayPal. Kimbal kochte schon sehr früh für die Familie und liebte gutes Essen. Er ging aufs French Culinary Institute und ist heute Investor bei Tesla und Mitglied des Aufsichtsrats (auch bei SpaceX). Seine Restaurantkette Next Door American Eaty ist in den Agrarstaaten Colorado, Illinois oder Indiana aktiv. Zudem engagiert er sich in seiner Charity Initiative Big Green, mit deren Hilfe Kinder in unterprivilegierten Vierteln Schulgärten anlegen, um frisches Gemüse zu ernten. Kimbal investiert ebenfalls in die Plattform Passionflix seiner Schwester Tosca, die Regisseurin und Produzentin ist und Bestsellerromanzen vermarktet.
Wenn sich keine Veränderung abzeichnet, „müssen Sie zusehen, dass Sie da so schnell wie möglich rauskommen.“ Auch Maye erlebte durch diese schmerzlichen Erlebnisse eine Wandlung: Als alleinerziehende Mutter zog sie nach Durban und nutzte jede Arbeitsmöglichkeit, die sich ihr bot. „Keine Mutter muss sich schuldig fühlen, weil sie arbeitet“, schreibt sie rückblickend. Sie lernte in dieser Zeit, mit sehr wenig auszukommen und lebte mit ihren Kindern in kleinen, engen Wohnungen. Weil sie es sich nicht leisten konnte, ihre Haare färben zu lassen, färbte sie sie selbst.
Ihr Engagement für Nachhaltigkeit ist immer mit dieser Zeit verbunden.
Zweimal im Jahr besucht sie heute ihre Freundin Julia und geht mit ihr ihre Garderobe durch, die auf die besten Stücke und auf Basics reduziert wird. Es wird nur das zurückgelegt, was sie gern trägt. „Was geflickt werden muss, flicke ich.“ Von ihrer Freundin lernte sie, dass Qualität auch dann wichtiger ist als Quantität, wenn man wenig Geld hat „indem wir Dinge immer wieder tragen und nur wenig Neues kaufen, kleiden wir uns sowohl modisch als auch nachhaltig.“ Später, als sie mit 42 Jahren nach Toronto zog und dort noch einmal zur Uni ging, um ihren Doktor zu machen, verdiente sie sich etwas mit Unterrichten und Modeln hinzu. Heute ist sie Großmutter von zwölf Enkelkindern und findet sie ihr Alter großartig: „Ich fliege geradezu durchs Leben, probiere alles aus, habe viel Spaß und arbeite mehr denn je.“ Auch widersetzt sie sich einem Schönheitsideal, das ewige Jugend zum Maßstab erklärt. „Be yourself!“ lautet das Versprechen der Schönheit heute. Damit wird sie wieder das, was sie sein sollte: natürlich. Das wirklich „Schöne“ am Alter ist für sie, dass es kaum noch Enttäuschungen gibt, weil alles schon einmal erlebt wurde.
Weiterführende Informationen:
Maye Musk: Eine Frau, ein Plan. Ein Leben voller Risiko, Schönheit und Erfolg. Aus dem Englischen von Katja Hald. Benevento Verlag. Salzburg 2020.
Ashlee Vance: Elon Musk. Tesla, PayPal, SpaceX. Wie Elon Musk die Welt verändert. Die Biografie. FinanzBuch Verlag, Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH München 2015.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.