Mein Arbeitgeber steckt in der Krise. Sollte ich jetzt schon kündigen?
Unsere Leserin arbeitet bei einem mittelständischen Unternehmen, das deutliche Krisensignale sendet. Sollte sie besser jetzt gehen, bevor eine Insolvenz droht?
Die Frage: Neue Aufträge bleiben aus, einige große sind sogar weggebrochen. Die Probleme ihres Arbeitgebers sind für unsere Leserin offensichtlich. Und obwohl sie gerne bei dem mittelständischen Unternehmen arbeitet und ihr Gehalt immer pünktlich auf dem Konto ist, fragt sich die langjährige Mitarbeiterin, ob es nicht an der Zeit ist, den Job zu wechseln.
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Die Antwort vom WiWo Coach, Personalmanagementexpertin, Inga Dransfeld-Haase: Sich schon jetzt Gedanken über Ihre berufliche Zukunft zu machen und Alternativen zu entwickeln ist sinnvoll – selbst wenn sich doch noch alles zum Guten wendet.
Da Sie schon viele Jahre bei Ihrem Arbeitgeber tätig sind, ist es für Sie ungewohnt, sich in einen Bewerbungsprozess zu begeben. Daher sollten Sie möglichst mehrere Gespräche führen und so Erfahrungen sammeln, ehe Sie doch gezwungen sind, schnell einen neuen Arbeitgeber zu finden, weil Ihre alte Stelle wegbricht. In diesen Gesprächen können Sie sich ein klares Bild von Ihren Optionen, Ihrem Marktwert und dem Arbeitsmarkt in Ihrem gewünschten Umfeld verschaffen.
Zu diesem Prozess gehören eine gute Vorbereitung und eine Standortbestimmung: Was schätze ich an meinem aktuellen Job? Welche Aufgaben mag ich nicht? Was sollte ein neuer Arbeitgeber bieten? Möchte ich idealerweise mehr oder weniger Verantwortung übernehmen? Oder will ich mich vielleicht sogar beruflich völlig neu orientieren? Welche Fähigkeiten bräuchte ich für einen solchen Schritt?
Haben Sie diese Fragen durchdacht, haben Sie alle Fäden in der Hand. Konkret heißt das, Sie können sich bewusst für oder gegen eine Kündigung entscheiden. Und sollte Ihnen Ihr Arbeitgeber doch zuvorkommen, haben Sie vielleicht schon die ein oder andere Option in der Hinterhand. Diese Möglichkeiten zu haben wirkt sich auch positiv auf Ihr psychisches Wohlbefinden aus.
Grundsätzlich ist es kein Makel, sich nach einer Insolvenz einen neuen Job suchen zu müssen. Außerdem hilft Ihnen die gezielte Vorbereitung dabei, im Bewerbungsgespräch genau zu argumentieren, wie Sie sich auf diese Situation vorbereitet haben. So viel Selbstreflexion schätzen die Unternehmen.
Inga Dransfeld-Haase ist Präsidentin des Bundesverbands der Personalmanager. Außerdem ist sie als Vorständin für Arbeit und Soziales beim Energieunternehmen BP Europa tätig.
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