„Menschen brauchen Selbstwirksamkeit, Sinn und Zugehörigkeit“
1. Menschenkenntnis. Nur wer den Menschen und sich selbst versteht, kann das volle Potential - das eigene und das der Mitarbeitenden - entfalten.
In der "Dekade der Menschlichkeit" geht es genau darum: Wie denken und fühlen wir, und warum verhalten wir uns so, wie wir uns verhalten? Menschen entscheiden sich für Unternehmen und verlassen diese häufig aufgrund der Vorgesetzten. Das kann sich heute keine Firma mehr leisten. Wir haben aktuell zwei Millionen unbesetzte Stellen, und die Gewinner von heute und morgen sind die Unternehmen mit dem besten EX (Employee Experience). Wir sind genau jetzt in der Transformation von der Kundenorientierung zur Mitarbeiterorientierung.
2. Man muss Menschen mögen - wer keine Menschen mag, hat im Management nichts zu suchen!
Business hat immer mit Menschen zu tun, und die Qualität des Business wird bestimmt durch die Qualität der Beziehungen. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist beispielsweise: Gelingt es dem Management, ein wahres, emotionales und belastbares Beziehungsfundament zu etablieren und vorzuleben?
Gute und erfolgreiche Führung ist für mich in erster Linie immer Selbst-Führung - nur wer sich selbst führen kann, darf auch andere führen. Gute Führung beginnt immer mit dem Menschen, der uns im Spiegel begegnet. Ist es nicht verrückt, dass wir Führerschein brauchen, um ein Auto zu führen, aber die wichtigste Ressource im Unternehmen darf man ohne jegliche Qualifikation führen? Gute Führung ist für mich auch Führen durch Vorbild: vorleben statt nachhinken. Gute Führung ist auch immer wertebasiert. Die Werte sind die Ingredienzen der Unternehmenskultur, und diese sind absolut einzuhalten und zu leben. Das macht den Unterschied zwischen Mittelmaß und Spitzenleistung.
Gute Gärtner kennen ihre Pflanzen und wissen ganz genau, was diese brauchen, um zu wachsen und gute und reiche Früchte zu tragen. Leider sind heute noch die meisten Führer eher das Gegenteil. Unternehmen ohne gelebte Firmenkultur werden die nächsten zehn Jahre mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überleben.
Vertrauen ist das eine Element, das alles verändert. Es ist wie Wasser in der Natur, wenn es da ist, ist es die Grundlage für Wachstum, Leben und Entwicklung. Aus meiner Sicht sind noch viel zu viele Unternehmen "overmanaged" und "underled". Wie soll Zusammenarbeit ohne Vertrauen funktionieren? In einer Misstrauenskultur verlieren die Unternehmen, Momentum, Leidenschaft und Leistung. Alles wird dreimal hinterfragt und kontrolliert. Vertrauen sollte immer gegeben werden. Dies erfordert aus meiner Sicht unbedingtes Selbstvertrauen, denn man kann nur das geben, was man selbst hat. Vertrauen ist ein enorm relevanter betriebswirtschaftlicher Erfolgsfaktor. Wenn Menschen vertrauen, können sie wachsen und ihr volles Potential zur Entfaltung bringen.
Wie bereits ausgeführt, geht es bei Führung nicht um Hierarchie und Fachkompetenz, sondern viel mehr um Werte, Charakter und Unternehmenskultur. Für mich heißt das: Führung durch Vorbild. Die Menschen folgen guten Führern freiwillig, weil sie sich mit den Werten und der Kultur identifizieren und weil jeder Mensch wachsen will. Jeder Mitarbeitende ist immer Sohn oder Tochter. Im unternehmerischen Kontext sind diese Menschen die Kinder der Führungskraft. Fragen Sie sich genau in diesem Moment, was Kinder brauchen, um zu wachsen und sich zu entfalten. Und genau diese Dinge brauchen eben auch die Unternehmenskinder. In erster Linie wollen sie gesehen und gehört werden und sicher sein, dass "Mama und Papa" für sie da sind.
LBWA - leadership by walking around: Die Führung ist nicht für die Ergebnisse verantwortlich, sondern für die Menschen, die für die Ergebnisse verantwortlich sind. Das größte Geschenk, das wir Mitarbeitenden schenken können, ist, sie darin zu unterstützen herauszufinden, wer sie sind.
Begeisterungsfähigkeit und kommunikatives Talent. Er sollte Sinnstifter und Brückenbauer zwischen Menschen sein, aber auch zuhören können mit der Absicht zu verstehen. Zudem sollte er Visionskraft haben, die genug Energie und Momentum entwickelt, um die Angst vor Veränderung zu überwinden, Freude am Neuen, Neugier, Lösungsorientierung, Selbstwert und Selbstvertrauen, Zuversicht, Wir-Gefühl, Freude an Anerkennung und Wertschätzung
98,7 Prozent aller Menschen wollen wachsen, wollen beitragen zum großen Ganzen, sind sozial und empathisch. Menschen brauchen Selbstwirksamkeit, Sinn und Zugehörigkeit. Ich nenne es "die Biologie der Loyalität". Nur wenn wir uns verbunden fühlen, können wir uns volles Potential entfalten. Die Zugehörigkeit ist ein bedeutender evolutionärer Filter - die starke emotionale Verbindung macht stark und zuversichtlich. Wenn wir uns zugehörig fühlen, belohnt uns unser Körper mit der Ausschüttung von Serotonin - einem der "WIR"-Glückshormone. Wer Serotonin im Blut hat, bleibt loyal auch in eher schwierigen Phasen - wenn keine Bindung da ist, wird es ungemütlich, und die Menschen springen ab.
Wir Menschen sind multisensorische Wesen - wir erfassen die Welt mit allen unseren Sinnen. Und je mehr Sinne aktiviert werden, desto höher ist die potenzielle emotionale Kraft. Und denken wir immer daran: Es sind immer die Emotionen, die Menschen bewegen. Oder anders formuliert: Wahre Beweggründe sind immer emotional. Alles, was nicht emotional ist, ist für unser Gehirn wertlos, wir können uns schlichtweg nicht erinnern. Diese Erkenntnis sollte genutzt werden, um viele Maßnahmen auf den emotionalen Prüfstand zu stellen. Wesentlich erscheint mir hier der Hinweis, dass es immer um Kontext und Plausibilität geht - wenn diese nicht gegeben sind, können sie es gleich bleiben lassen.
Neben meinen beiden beruflichen und persönlichen Ziehvätern - Friedhelm Schürmeyer, mein Chef bei MAGGI, der mich stets gefordert und gefördert hat und Karl Blum, u.a. mein Rhetorik-Dozent - ist das Leben die beste Führungsschule. Und dies auf allen Ebenen. Als Mensch, als Ehemann, als vierfacher Vater, als Manager und als Unternehmer. Das Leben spricht in jedem Moment zu uns, die Frage ist, ob wir hinhören und die Botschaften ignorieren. Ich bin absolut überzeugt, dass wir immer die Saat und die Ernte sind. Wenn wir also mit den Resultaten unseres Handelns nicht zufrieden sind, sollten wir überprüfen, was wir gesät haben. Bei mir war es oftmals die "bitter schmeckende Medizin", die mir geholfen hat, mich zu verändern, meine Perspektive zu wechseln und mich für den besseren Weg zu entscheiden. Die große Frage, die sich jede/r stellen sollte "Will ich Recht haben oder glücklich sein“ lässt uns erkennen, dass es immer darum geht, den nächsten Schritt im Vertrauen zu gehen.
Die Sinnfragen waren für mich immer ein Motor und viele gute Erkenntnisse durfte ich aus der Neurowissenschaft, der Evolutionsbiologie und der Positiven Psychologie gewinnen. Die Verbindung von Wissenschaft/Philosophie und eigener Erfahrung sind und waren für mich immer die besten Lehrer. Der Gedanke "Wenn wir anders auf die Dinge schauen, verändern sich die Dinge" ist mein innerer Leuchtturm. Das kleinste Licht ist immer stärker als die größte Dunkelheit.
Bert Martin Ohnemüller: LEAD SPEAK INSPIRE: Eine Inspirationsquelle für die vor uns liegende "Dekade der Menschlichkeit", die neue Sichtweisen auf Führung, Teams und Unternehmenserfolg fordert. Frankfurt a. M. 2019.
Bert Martin Ohnemüller: Warum wir in der Dekade der Menschlichkeit das Emotionale Positionierungs-System (EPS) brauchen. In: Bauchgefühl im Management. Die Rolle der Intuition in Wirtschaft, Gesellschaft und Sport. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. SpringerGabler Verlag 2021.