S-Klasse von Mercedes-Maybach: Das Modell ist eigentlich der Erfolgsgarant des Konzerns. - Foto: Mercedes-Benz
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Mercedes verliert an Fahrt – Absatz der S-Klasse stürzt ab

Auch das zweite Quartal läuft für die Schwaben nicht gut. Neben dem Luxusgeschäft schwächelt eine weitere Hoffnung von Konzernchef Ola Källenius.

München, Wien.Mercedes-Benz schwächelt weiter im Kerngeschäft. Nach zum Teil deutlichen Absatzrückgängen in der dominanten Autosparte sackte der Gewinn des Stuttgarter Dax-Konzerns im Vergleich zum Vorjahr deutlich ab. Im zweiten Quartal sank das operative Ergebnis um rund ein Fünftel auf vier Milliarden Euro, wie Mercedes am Freitag mitteilte.

Besonders drastisch brach der Gewinn in der Pkw-Division ein, wo Mercedes 28,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum verlor.

Mit einer bereinigten Rendite von 10,2 Prozent lag der Konzern etwas besser als im ersten Quartal. Für das Gesamtjahr rechnet das Unternehmen hier nun mit einer Spanne von zehn bis elf Prozent, bislang waren zehn bis zwölf Prozent angepeilt worden.

„Wir gehen davon aus, dass sich der Absatz und der Modellmix in der zweiten Jahreshälfte verbessern werden – unterstützt durch weitere Markteinführungen insbesondere im Top-End-Segment“, sagte Mercedes-Chef Ola Källenius am Freitag.

Der schwedisch-deutsche Manager will die hohen Preise für seine Produkte „verteidigen“. So soll die Marge in der Autosparte trotz rückläufiger Verkaufszahlen auf jeden Fall zweistellig bleiben. Doch das Umfeld ist rau.

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Mercedes-Chef Källenius will die hohe Marge unbedingt halten

Aufgrund der hohen Zinssätze und des harten Wettbewerbs rechnet Mercedes auch in seiner Finanzdienstleistungssparte Mobility mit sinkenden Erträgen. Im Gesamtjahr 2024 dürfte die Eigenkapitalrendite nur bei 8,5 bis 9,5 Prozent liegen. Zuvor wurde eine Rendite von bis zu zwölf Prozent angestrebt.

Immerhin: Dieser Einbruch soll durch das Van-Geschäft ausgeglichen werden. Hier korrigiert Mercedes die Erwartungen nach oben. Bei seinen Kleintransportern rechnet Mercedes nun mit einer bereinigten Umsatzrendite von 14 bis 15 Prozent. Bisher hatte der Konzern lediglich eine Spanne von zwölf bis 14 Prozent genannt.

Ola Källenius: Der Mercedes-Chef will die hohen Preise für seine Produkte „verteidigen“ - Foto: Bloomberg
Ola Källenius: Der Mercedes-Chef will die hohen Preise für seine Produkte „verteidigen“ - Foto: Bloomberg

„Wir denken, dass diese Ergebnisse eine Erleichterung darstellen, da einige eine Gewinnwarnung des Unternehmens befürchtet hatten“, erklärte Bernstein-Analyst Stephen Reitmann. Zugleich wird immer deutlicher, dass die Zeiten stetiger Preissteigerungen vorbei sind. Im zweiten Quartal schrumpfte der durchschnittliche Verkaufspreis eines Mercedes-Neuwagens im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um vier Prozent auf 70.900 Euro.

Der Gewinneinbruch auf Gesamtkonzernebene hatte sich derweil abgezeichnet. Bereits Mitte Juli hatte Mercedes-Benz gemeldet, im zweiten Quartal des Jahres sechs Prozent weniger Fahrzeuge als im Vorjahreszeitraum verkauft zu haben. Auch der Absatz der Van-Sparte lag leicht unter Vorjahresniveau. Insgesamt hatte Mercedes im zweiten Quartal 600.100 Pkw und Vans abgesetzt. Die Schwaben schwächeln insbesondere bei den Elektromodellen und im Luxusbereich. Im obersten Produktsegment, zu dem unter anderem die S-Klasse zählt, sanken die Verkäufe um 17 Prozent. Ein Grund für den Einbruch ist die Marktschwäche in China, wo Mercedes weltweit jedes dritte Auto verkauft.

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Die Verkäufe mit Elektroautos gehen zurück

Doch auch bei Elektroautos muss Mercedes Rückschläge melden. Bei den rein elektrischen Antrieben kommt Mercedes auf 45.800 Autos und liegt damit rund ein Viertel unter Vorjahr. Damit sinkt der Anteil der Batterieautos an den Mercedes-Neuwagen auf unter zehn Prozent. Der schleppende Verkauf von E-Autos hat bereits Konsequenzen. Mercedes-Chef Ola Källenius hatte Anfang des Jahres die Ziele für den Hochlauf der Elektroantriebe revidiert. Ursprünglich sollte 2030 der gesamte Mercedes-Absatz nahezu vollelektrisch sein, jetzt ist nur noch von der Hälfte die Rede.

Ursächlich für die sinkenden Erträge bei Mercedes ist vor allem das schwächelnde Geschäft mit sogenannten Top-End-Vehicles. Unter dieser Kategorie listet die Marke mit dem Stern alle Limousinen, Geländewagen, SUVs und Sportwagen, die schon in ihrer Basisausstattung mehr als 100.000 Euro kosten.

Dazu zählen etwa die S-Klasse und ihr batterieelektrisches Pendant EQS. Nach dem Selbstverständnis der Mercedes-Ingenieure handelt es sich bei den beiden Luxuslimousinen um nichts weniger als die besten Serienautos der Welt.

Vollelektrischer Mercedes EQS bei der Übergabe an Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg. - Foto: dpa
Vollelektrischer Mercedes EQS bei der Übergabe an Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg. - Foto: dpa

Doch der EQS ist ein Ladenhüter. Im ersten Halbjahr 2024 haben sich die Verkäufe des vollelektrischen Spitzenfabrikats von Mercedes im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres in den Kernregionen Europa, China und den USA von 14.100 auf 7.000 Stück mehr als halbiert. Das zeigen Zahlen der Automotive-Datenspezialisten Marklines und Dataforce, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegen.

Schlimmer noch für die Gewinnspanne von Mercedes: Auch der Absatz der S-Klasse stürzt laut den Marktforschungsfirmen zusehends ab. Von Januar bis Juni konnten die Schwaben demnach weltweit nur noch 28.100 Einheiten von ihrer wichtigsten Baureihe ausliefern. Das entspricht einem Rückgang von 25 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2023.

Die S-Klasse muss aufgewertet werden

Dabei ist die S-Klasse eigentlich der Erfolgsgarant von Mercedes. Kein anderes Fabrikat liefert dem Konzern so beständig satte zweistellige Umsatzrenditen. In der besonders noblen Maybach-Variante mit zwölf Zylindern sind sogar Margen weit jenseits von 20 Prozent üblich. Doch die aktuelle Generation der S-Klasse hat ihren Zenit anscheinend bereits überschritten. Sie kam 2020 auf den Markt und altert allmählich. Potenzielle Kunden verlangen verstärkt Rabatte.

Eine technische und optische Auffrischung, intern Mopf genannt, kommt wohl erst Mitte 2026. Und eine gänzlich neue Generation ist nicht vor 2028 in Sicht. Zumal Mercedes-Chef Ola Källenius umplanen muss. Ursprünglich wollte der schwedisch-deutsche Manager die nächste S-Klasse ausschließlich mit Elektromotoren bestücken. Doch die Nachfrage nach Stromkarossen fällt viel geringer aus, als er einst unterstellt hat. Jetzt fallen deswegen teure Zusatzinvestitionen an.

Die S-Klasse soll es künftig sowohl als Verbrenner als auch als reines Elektroauto geben. Bis es so weit ist, muss die aktuelle Generation herhalten. Das könnten schwierige Übergangsjahre werden. Nicht zuletzt, weil der größte Absatzmarkt für das Modell zum Problem wird. In China spüren eine Reihe von europäischen Herstellern von Luxusgütern wie LVMH, Burberry oder Mercedes eine verstärkte Kaufzurückhaltung.

Finanzinvestoren präferieren angesichts der Konjunkturschwäche in Fernost zunehmend Aktien von Unternehmen, die stark in Nordamerika vertreten sind. Mercedes ist dagegen wie kaum ein anderer westlicher Autohersteller von China abhängig. Der Konzern erzielt in guten Jahren mit Kunden aus der Volksrepublik schon mal die Hälfte seines Nettogewinns. Darüber hinaus kommen die beiden größten Anteilseigner des Konzerns mit BAIC und Geely-Gründer Eric Li aus China.

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