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IT-Admins sitzen am Hebel für Veränderungsprozesse im Unternehmen. - Quelle: albund - 123RF

Microsoft 365: Einführungsstrategien und Anwenderakzeptanz

Wer Microsoft 365 und Clouddienste einführen möchte, muss mit Herausforderungen rechnen. Zwischen den Fronten aus Hoffnungen auf Effizienzgewinne des Managements und den Wünschen der Nutzer: die IT-Administratoren. Doch trotz dieser schwierigen Position haben sie die Chance, eine neue Rolle als Wegbereiter für sich zu definieren. Der Artikel erläutert, mit welchem Vorgehen und welchen Mitteln Admins von Getriebenen zu Gestaltern des Wandels werden.

Die Uhr tickt. Die Entdecker sind etwas unter Zeitdruck, weil ihre Raumkapsel zur Reise auf den Planeten MS Shareturn schon bereitsteht. Heute soll es endlich losgehen, um die neuen M365-Welten zu erkunden. Gespannt stapfen die Entdecker auf die Raumkapsel zu, die schon einen Countdown bis zum Start herunterzählt. Nur noch wenige Minuten! Als der erste Entdecker seine Hand ausstreckt, um die Tür der Raumkapsel zu öffnen, ist der Schrecken groß: Der Code für die Tür fehlt! Was also tun?

So beginnt eine Escape-Game-Geschichte, die das IT-Consulting-Unternehmen BTC regelmäßig bei Einführungsprojekten einsetzt, um in die Nutzung der kollaborativen Funktionen in Microsoft 365 einzutauchen. Verpackt in eine spannende Story setzen die frisch geschulten Nutzer ihr M365-Wissen zum ersten Mal in der Praxis ein. In der Gruppe erzeugt diese erste spielerische Auseinandersetzung mit dem neuen Tool keine sonst so typische Barriere, sondern macht sogar Spaß. Der erste Tipp führt sie auf die Spur: "Die Zeit läuft. Schaut euch in Microsoft Teams um und findet den ersten Hinweis!"

Auch die weiteren Hinweise für das finale Lösungswort lassen sich nur mit Hilfe der noch ungewohnten Funktionalitäten von M365 finden: durch das zeitgleiche Bearbeiten desselben Dokuments oder die kraftvolle Dokumentensuche. Gamification ist dabei nur eine Möglichkeit. Die Berater des Dienstleisters binden Sponsoren innerhalb der Kundenorganisation ein, bilden Champions aus und nutzen Sprechstunden, um alle Beteiligten und auch Bedenkenträger zu aktivieren. Das Ziel ist immer das gleiche: Ängste überwinden, Widerstände abbauen und die Einführung der kollaborativen Softwaretools zum Erfolg führen.

Kollaborationstool verändern die Zusammenarbeit grundlegend

Mit Widerständen haben IT-Administratoren immer wieder zu kämpfen, bei der Einführung von M365 sogar verstärkt. Denn die Softwaresuite von Microsoft bringt weit mehr als verbesserte Versionen von Word, Excel oder PowerPoint – sie hat das Potenzial, auch die Art und Weise, wie Menschen in Unternehmen zusammenarbeiten, zu verändern.

Vor allem in öffentlichen Einrichtungen finden sich noch überwiegend lokal installierte Office-Versionen 2013 und 2016, die auch abgeschottet zum Einsatz kommen. Wer sich mit Kollegen anderer Abteilungen austauschen möchte, schrieb bisher eine E-Mail. M365 bricht mit seinem Cloudansatz dieses Denken in Abteilungen und Silos auf und erlaubt ganz neue Arten der digitalen Zusammenarbeit. In Unternehmen, die schon mit den Office-Versionen 2016 und 2019 in hybriden Umgebungen mit Cloudinstallationen arbeiten, bringt die Corona-Pandemie ebenfalls Umwälzungen mit sich. Home Office bedeutet auch dort einen starken Schub hin zu kollaborativen Tool wie SharePoint Online und Teams.

Diese neuen Arbeitsweisen und bisher ungekannte Transparenz schaffen Unsicherheiten. Die Einführung cloudbasierter Dienste stößt häufig dann auf Abneigung, wenn Anwender, Führungskräfte oder ein Betriebsrat nicht ausreichend auf die Veränderung vorbereitet worden sind. Fakt ist: M365 ermöglicht nicht nur mobiles Arbeiten, sondern kann die Zusammenarbeit und die Verteilung von Wissen in einem Unternehmen nachhaltig verändern. Genau genommen ist M365 nur zu etwa 30 Prozent Technik, zu 70 Prozent bedeutet es eine kulturelle Veränderung.

IT am Hebel für Veränderungen

Gut, wenn die Verantwortlichen schon vor dem Start des Projekts Antworten auf die kritischen Fragen parat und außerdem einen Plan haben, wie und wohin sich diese neue Kultur entwickeln soll. Eine Schlüsselrolle nehmen dabei die IT-Administratoren sein. Auch für sie ändert sich ihre Arbeit durch M365 und andere Cloudlösungen massiv. Wo sie früher vorrangig sicherstellen mussten, dass eine Software technisch stabil und sicher läuft und die Mitarbeiter die Basisfunktionen zu nutzen lernten, werden sie heute an der Akzeptanz der Nutzer gemessen und daran, welchen Beitrag IT zur Innovations- und Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens leistet. Nicht nur der initiale Wechsel zu M365, sondern jedes Update verändert dabei die Möglichkeiten des Unternehmens, und die Administratoren gestalten sie mit jeder Konfigurationsentscheidung aufs Neue.

Aus der IT-Perspektive sind klare Strukturen und Berechtigungskonzepte sowie eine maximale Ausschöpfung der gegebenen Ressourcen gewünscht. Eine sehr strikte und restriktive Governance steht jedoch im starken Widerspruch zu abteilungsübergreifender Arbeit, dem Aufbrechen von Silos und der Förderung von Innovation. Menschen brauchen Autonomie, um kreativ zu werden, sowie Freiräume, um Ideen zu testen. Je schneller eine Idee verprobt und getestet werden kann, desto schneller lässt sich der Fokus auf die wirklich erfolgsversprechenden Innovationen legen.

Die Frage lautet daher nicht, "Wer soll die Möglichkeit erhalten, ein Teams-Team anzulegen?", sondern "Wer soll Innovationen treiben können?" Administratoren, die innerhalb und außerhalb der Organisation gut vernetzt sind und gut zuhören, entwickeln ein Gespür für den Bedarf und die Herausforderungen der verschiedenen Geschäftsbereiche sowie die Wünsche der Mitarbeiter. Mit derart wertvollen Einblicken können sie die besten Governance-Konzepte für ihre Unternehmen entwickeln und mit passgenauen IT-Werkzeugen maßgeblich die Akzeptanz der Nutzer erhöhen.

Ohne User Adoption weniger Effekt

Wer M365 ohne User Adoption einführt, ist oft enttäuscht: Die Mitarbeiter nutzen dann etwa von den vielen Möglichkeiten, die die Softwaresuite bietet, nur Outlook. Damit schicken sie weiterhin Dateien hin und her, die sich eigentlich über die Cloud kollaborativ bearbeiten ließen. Wer sich mit Teams, SharePoint Online oder Yammer nicht wohlfühlt, weil Funktion und Nutzen unklar sind, findet immer eine Vermeidungsstrategie.

Entgegen den Erwartungen kommt es dann nicht zu kollaborativer Zusammenarbeit, Prozesse bleiben aufwendig und der ROI des Projekts tritt nicht ein. Wenn BTC als Change-Berater in so ein Unternehmen kommt, führt der Dienstleister zunächst Interviews mit zahlreichen Mitarbeitern, um zu sehen, was sie sich von IT-Werkzeugen erhoffen. Oftmals sind die Erwartungen dieselben wie in den Führungsetagen und IT-Abteilungen – allein das Aufzeigen von Mehrwerten und Anwendungshilfen für einzelne Nutzergruppen ebenso wie das Zerstreuen von Bedenken wurde bisher versäumt oder hat die Betroffenen schlichtweg nicht erreicht.

So geht das Beratungshaus im Übrigen auch bei den Unternehmen vor, in denen er von Anfang an die Einführung von M365 begleitet. Auf diese Weise lassen sich Fürsprecher und M365-Experten außerhalb der IT-Abteilungen schaffen und die technische und kulturelle Verantwortung verteilt sich auf allen Hierarchie-Ebenen. Oft macht dabei schon die richtige Wortwahl den feinen Unterschied. Wenn von "höherer Produktivität" die Rede ist, kann das leicht Ängste auslösen: "Bin ich nun überflüssig oder nicht gut genug?" In anderen Unternehmen schleppt die Belegschaft die historische Last eines gescheiterten Projekts mit sich und begegnet weiteren Veränderungen mit großer Skepsis. Mitunter ziehen sogar Führungskräfte beim Wechsel auf kollaborative Tools nicht mit, weil sie befürchten, Wissenshoheiten oder Kontrolle zu verlieren.

IT-Administratoren als Wegbereiter von Veränderungsprozessen

Die IT-Administratoren sind hier wichtige Partner. Sie müssen ebenso wie das Unternehmen einen Perspektivwechsel vollziehen. Früher war der Blick des Admins primär auf das Bereitstellen eines funktionierenden IT-Systems gerichtet, heute rückt der Nutzer in den Mittelpunkt. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn es darum geht, darüber zu entscheiden, ob neue Funktionen eines Tools freigeschaltet werden (wie beispielsweise die Breakout Rooms in Microsoft Teams) sollen oder nicht. Der Funktionsumfang von M365 ist riesig und den Admin kostet es nur einen Mausklick, eine Funktion zu aktivieren – und Mitarbeiter zu verärgern, wenn ihnen der Nutzen der Funktion nicht gefällt, sie diese nicht verstehen oder wenn ihnen sehnlichst erwartete Neuerungen vorenthalten werden (beispielsweise der Export von Word-Dokumenten nach PowerPoint).

Dabei ist Admin-Wissen Gold wert: Sie kennen die Anforderungen der Fachbereiche und können einschätzen, inwieweit neue Funktionen der M365-Suite einen Mehrwert bieten. So können Sie gezielt genau die Funktionalitäten aktivieren, die ihre Nutzer oder auch nur Nutzergruppen benötigen und ihre tägliche Arbeit damit erleichtern.

Alles was ein Admin tut, sollte gut überlegt und sowohl mit den Nutzern als auch mit dem Management verprobt worden sein. Außerdem wichtig: Wo nur der Hauch eines Verdachts entsteht, eine Funktion könnte etwa zur Leistungskontrolle von einzelnen Mitarbeitern missbraucht werden, ist es angebracht den Betriebsrat proaktiv einzubinden. Dieser umfassende Blick auf eine Vielzahl an Beteiligten im Unternehmen ist durchaus aufwendig und bedarf eines systematischen Vorgehens. Für Administratoren bietet diese gesteigerte Bedeutung ihrer Rolle eine Chance, die Relevanz ihrer Abteilung für den geschäftlichen Erfolg sichtbarer zu machen.

Administrator-Tipps für die Einführung von neuen (Cloud-)Anwendungen

  • Kommunizieren Sie zielgerichtet und beziehen Sie alle relevanten Beteiligten ein.

  • Verpflichten Sie Sponsoren als Unterstützer und aktivieren Sie Führungskräfte und Meinungsbildner, um die Veränderungen zu kommunizieren. Dafür benötigen Sie ein starkes Netzwerk.

  • Nehmen Sie die Sicht Ihrer Nutzer ein. Diese lassen sich durch Mehrwerte und Nutzen eines Tools motivieren, weniger durch die Funktion als solches.

  • Involvieren Sie Ihre Nutzer, schaffen Sie Feedbackkanäle, stellen Sie sicher, dass das Feedback Gehör findet, und machen Sie dies transparent.

  • Bleiben Sie am Ball und lernen Sie kontinuierlich: Sätze wie "Wir verwenden diese Funktion nicht, also weiß ich nicht viel darüber" wirken aus der Zeit gefallen.

  • Denken Sie auch nach der erfolgreichen Einführung darüber nach, wie Sie mit Ihren Nutzern im Austausch bleiben, um Ihre Toollandschaft im Sinne der Unternehmensziele einzusetzen.

  • Kein Patentrezept, sondern gemeinsames Vorgehen

Doch wie sieht die Umsetzung einer erfolgreichen Einführungsstrategie zur maximalen User-Adoption aus? Da gibt es meist kein Patentrezept. Zum Start jedes Change-Prozesses sollte der IT-Administrator und seinem Team Anforderungen und Ziele entwickeln dann gemeinsam eine Idee über das weitere Vorgehen schaffen. Im Idealfall ist der Administrator Teil eines Kern-Change-Teams, in dem Fachbereichsbedarf und IT zusammenlaufen und die Endbenutzer zielgruppengerecht abgeholt, einbezogen und angeleitet werden. Essenziell ist es von Beginn an, ein starkes Netzwerk zu allen relevanten Beteiligten im Unternehmen aufzubauen. Das Projektteam sollte hier früh das direkte Gespräch suchen, Feedbackkanäle schaffen und sicherstellen, dass das Feedback auch Gehör findet.

Dabei holen die Change-Teams die Kommunikationsabteilung mit ins Boot sowie Multiplikatoren aus allen Hierarchieebenen, die als Botschafter für die neue Technik fungieren. Auch Zweifler müssen Gehör finden, denn sie haben gute Antennen für verborgene Schwachstellen der Organisation, die im Verlauf des Projekts ohnehin zutage treten würden.

Fazit

Fakt ist, dass Ad-hoc-Einführungen von Microsoft 365 sehr oft die Erwartungen nicht erfüllen, die mit ihnen verknüpft sind. Das liegt nicht an der Technik oder an fehlenden Funktionen. Im Gegenteil – es fehlt an dem Bewusstsein, dass mit M365 eine wesentliche kulturelle Veränderung im Unternehmen einhergeht. Erfolgreich ist, wer diesen Kulturwand planvoll – über alle Führungsebenen, Bereiche und Teams hinweg – begleitet und unterstützt.

Autorin: Anja Harport, Expertin für User-Adoption und Change-Management beim IT-Consulting-Unternehmen BTC.

IT-Administrator schreibt über Praxiswissen für Admins.

IT-Administrator ist das Praxismagazin für System- und Netzwerkadministratoren und liefert jeden Monat passgenaues, sofort umsetzbares Fachwissen. Auf zahlreichen Intensivseminaren und Trainings vor Ort sowie online können sich Admins zudem umfassend fortbilden. Auf Xing informiert die Redaktion über aktuelle Trends und Themen aus der IT.

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