Microsoft-Managerin Magdalena Rogl - Thomas Dashuber
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Mit dieser smarten E-Mail-Antwort erntet eine Microsoft-Mitarbeiterin Verständnis in der Pandemie

Düsseldorf. Wer Magdalena Rogl eine E-Mail schreibt, bekommt binnen Sekunden eine Antwort – und zwar eine automatische. „Ich arbeite von zu Hause“, lässt die Microsoft-Managerin ihren Absender wissen. Das bedeute in ihrem Fall „ein Haus voller pubertierender Kinder“ und Eltern, die abwechselnd mit „Lebenskrisen“ konfrontiert seien.

Auf diese Weise bittet die Leiterin der digitalen Kanäle von Microsoft um Geduld, wenn sie nicht sofort antworte. Arbeit bedeute für sie, schreibt Rogl auf Englisch: „Ich muss E-Mails dreimal lesen, bis ich den Inhalt verstehe. Und dann brauche ich drei Anläufe, bis ich antworte.“ Rogl ist Mutter von vier Kindern im Alter zwischen elf und 18 Jahren.

So wie der Microsoft-Managerin geht es gerade vielen berufstätigen Eltern. Neben ihrem eigentlichen Job wurschteln sie sich als Aushilfslehrer, Erzieher und Familienkrisenräte durch die Krise. Mehr als die Hälfte der Eltern sagt, dass ihre Verantwortung zu Hause extrem gewachsen sei, während ihre Leistungsfähigkeit bei der Arbeit abgenommen habe, zeigt eine Auswertung der Beratung Boston Consulting Group (BCG).

Wie alle Mitarbeiter von Microsoft Deutschland ist auch Rogl seit einem Jahr angehalten, im Homeoffice zu arbeiten. In den ersten Monaten der Pandemie habe sie viel Energie darauf verwendet, sich „irgendwie durchzukämpfen und allem gerecht zu werden“, sagte Rogl dem Handelsblatt. „Ich hatte aber permanent ein schlechtes Gewissen, weil ich oft sehr verzögert auf Mails geantwortet habe.“

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Der Ausweg: die automatisierte Antwort. Diese gebe ihr „die Möglichkeit, durchzuatmen und mir ein bisschen Zeit zu nehmen, bis ich konzentriert antworten kann“. Alle, die ihr schreiben, würden so den Grund kennen, warum eine Antwort länger dauern könnte, und „haben Infos, wohin sie sich wenden können, falls es sehr dringend sein sollte“.

So verweist Rogl am Ende der E-Mail auf den Presseverteiler von Microsoft und ihren Twitter-Account, über den sie in dringenden Fällen erreichbar sei. Für den Kurznachrichtendienst hat Rogl Benachrichtigungen auf ihrem Handy aktiviert. Bei E-Mails bekommt sie keine Push-Nachrichten, „um mich nicht unter Druck zu setzen, weil es an manchen Tagen einfach wahnsinnig viele Mails sind“.

Das ist die E-Mail-Antwort von Rogl im Original. Die Kontaktadressen wurden aus Datenschutzgründen unkenntlich gemacht.
Das ist die E-Mail-Antwort von Rogl im Original. Die Kontaktadressen wurden aus Datenschutzgründen unkenntlich gemacht.

Der Kölner Karrierecoach Bernd Slaghuis hält solche automatischen Antworten für sinnvoll. „Klarheit über ungewohnte Verzögerungen hilft, Missverständnisse zu vermeiden.“ Gerade weil viele Beschäftigte im Homeoffice sind, sei Klarheit in der Kommunikation wichtig. Slaghuis findet gut, dass Rogl auch alternative Ansprechpartner nennt, das „schafft mehr Freiraum für die eigenen Themen“.

Die privaten Einblicke in das Homeschooling-Leben beurteilt Slaghuis hingegen skeptisch. Eine persönliche Botschaft schaffe zwar „Nähe und Sympathie“, meint der Kölner Coach. Doch Anekdoten von Lebenskrisen und pubertierenden Kindern könnten beim Empfänger im professionellen Arbeitskontext mitunter auch befremdlich wirken. „Ich empfinde die Botschaft als zu persönlich, sie klingt mehr nach Überforderung, Rechtfertigung und Hilfeschrei.“

Slaghuis schlägt eine nüchterne Formulierung vor: „Durch die Homeoffice- und Homeschooling-Situation kann es aktuell etwas länger als üblich dauern, bis ich antworte.“ Mehr Informationen seien nicht nötig.

„Menschlichkeit und Empathie sind in Krisenzeiten wichtiger denn je“

Microsoft-Managerin Rogl sieht das anders: „Gerade in der aktuellen Situation ist es wichtig, dass wir vermeintliche Schwächen teilen und uns so gegenseitig stärken.“ Wenn Beschäftigte sich menschlich zeigen und Ängste und Sorgen transparent machen, würden sich das auch andere Personen trauen. „Menschlichkeit und Empathie sind in Krisenzeiten wichtiger denn je.“

Für ihre automatische E-Mail-Antwort erhalte sie viele humorvolle und verständnisvolle Zuschriften. Einige Kollegen und Kunden hätten sich von ihrem Schreiben inspirieren lassen und fühlten sich „jetzt ein kleines bisschen besser“, erzählt Rogl.

Die Microsoft-Managerin ist nicht die einzige Führungskraft, die mit ihren Mails Botschaften an den Empfänger sendet. SAP-Personalchef Cawa Younosi setzt unter seine Mails eine besondere Signatur, wie er auf dem Karrierenetzwerk LinkedIn mitteilte: „Meine Arbeitszeiten müssen nicht Ihren entsprechen. Fühlen Sie sich bitte nicht verpflichtet, außerhalb Ihrer normalen Arbeitszeiten zu antworten.“

Younosi adressiert damit die Gefahr von flexiblen Arbeitszeiten, zu viele Überstunden zu machen. Schreibt der Chef nach Feierabend eine Mail, bekommt er häufig noch eine Antwort, schließlich ist der Weg zwischen Couch und Schreibtisch nicht weit. Mit seiner Signatur will Younosi diesen Druck von der Belegschaft nehmen.

Auch bei Microsoft nutzten viele Mitarbeiter eine solche Signatur, berichtet Rogl. Wegen der guten Erfahrung will die Managerin automatische Antworten auch nach der Pandemie verwenden. „Ich hoffe, dass es in der nächsten Abwesenheitsnotiz nicht mehr um Krisen geht, sondern vielleicht um einen wunderbaren langen Strandurlaub – oder um unsere Hochzeitsreise, die schon sieben Jahre überfällig ist.“

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