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Lohnt es sich, Beamter zu werden? Eine Modellrechnung gibt Aufschluss. - ddp images
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Modellrechnung: Lohnt es sich, Beamter zu werden?

Was verdient ein Beamter in seinem Leben im Vergleich zu einem Juristen, der Karriere in der Wirtschaft macht? Eine exklusive Modellrechnung zeigt es.

Düsseldorf. Was nicht alles geregelt ist: So steht selbst die Zulage fest, wenn verbeamtete Techniker auf Antennen klettern: Ab 20 Metern gibt es in Niedersachsen 1,53 Euro Zulage, ab 300 Metern sind es schon 9,20 Euro. Wird die Antenne repariert, gibt es 1,53 Euro extra. Und zwischen November und März zahlt der Dienstherr ein Viertel obendrauf.

Diese Eventualitäten mögen den Großteil der Beamten nicht betreffen. Doch sie zeigen: In Beamtengesetzen und Besoldungstabellen ist alles festgelegt – Grundgehalt, Erfahrungsstufen, Familienzuschlag, Trennungsgeld oder Zulagen für den „Dienst zu ungünstigen Zeiten“. Nur eines können die Regelungen freilich nicht beantworten: Lohnt es sich, Beamter zu werden?

Pauschal lässt sich das nicht beantworten, zu groß ist die Bandbreite der Beamtenbezahlung: Sie beginnt bei einem Justizwachtmeister, der mit der Stufe A5 gut 2400 Euro Grundsold bekommt, und führt hinauf zu Staatsekretären, die in der Besoldungsstufe B 11 etwa 14.600 Euro monatlich verdienen – Zuschläge nicht eingerechnet.

Ob sich der Dienst beim Staat rentiert, lässt sich deshalb am besten an einem konkreten Beispiel zeigen: In der Handelsblatt-Modellrechnung geht es um einen Jura-Studenten mit Prädikatsabschluss. In einem Fall macht er Karriere als Beamter, im anderen in der Privatwirtschaft.

Beide Male verlaufen die Lebenswege genau gleich: Die Juristen steigen mit 27 Jahren ins Berufsleben ein, heiraten mit 31, werden zum ersten Mal mit 33 und noch einmal mit 35 Vater. Mit 67 gehen sie in den Ruhestand, mit 85 sterben sie.

So simuliert die Rechnung ein Leben, wie es hierzulande Tausende Menschen führen. Da Akademiker eine höhere Lebenserwartung haben, leben sie in dem Modell länger als der Durchschnittsdeutsche. Zugegeben: Der Vergleich zwischen dem Lebenseinkommen eines Beamten und dem eines Beschäftigten aus der freien Wirtschaft ist schwierig, haben die meisten Beamtenjobs kein Pendant in der Privatwirtschaft.

Und doch gibt die Modellrechnung, die die Quirin-Privatbank im Auftrag des Handelsblatts erstellt hat, interessante Einblicke in die Verdienstmöglichkeiten des Beamtentums – und die Unterschiede zur Wirtschaft.

Ähnliche Karrieren, unterschiedliche Bezahlung

„In unserem Modell gehen wir von sehr ordentlichen Karrierewegen aus“, sagt Dennis Buchmann, Vermögensberater und Finanzplaner bei der Quirin-Privatbank in Hamburg. So arbeitet der verbeamtete Modell-Jurist im Bundesinnenministerium, startet als Regierungsrat in der Besoldungsstufe A 13 (53.400 Euro Jahresbruttogehalt). Sein Verdienst steigt nicht nur mit den Erfahrungsstufen. Mit 36 Jahren wird er Teamleiter und steigt in A 14 auf, mit 52 wird er Abteilungsleiter, verdient in A 15 rund 80.000 Euro brutto.

In der Wirtschaft beginnt jener Jurist bei einer kleinen Firma mit 46.000 Euro Bruttogehalt, wechselt mit 29 Jahren zu einem Mittelständler mit 500 Angestellten, wo er schon 63.000 Euro verdient. Dort steigt er erst zum Teamleiter und später zum Leiter der Personalabteilung auf, womit brutto 115.000 Euro auf seinem Gehaltszettel stehen. Der Angestellte wechselt einmal seinen Job und macht dabei einen Gehaltssprung, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es in der Wirtschaft tendenziell mehr Karriereoptionen als beim Staat gibt.

Und wer hat bis zum Lebensende mehr Geld verdient? „In diesem Beispiel spielt es in finanzieller Hinsicht keine große Rolle, welcher Karriereweg eingeschlagen wird“, sagt Buchmann. Der Angestellte in der Wirtschaft hat ein Netto-Lebenseinkommen von 2,7 Millionen Euro, sein Beamtenpendant nur 31.500 Euro weniger.

Würden beide erst mit 86 Jahren sterben, hätte der Beamte netto sogar mehr Geld bekommen, so Buchmann. Eine Beamtenlaufbahn kann sich also auch in finanzieller Hinsicht lohnen, vor allem wenn der Betreffende ein hohes Alter erreicht.

Die Beispielrechnung zeigt, was für alle Staatsdiener gilt: Beamte müssen erst den Ruhestand erreichen, um ihre Privilegien voll ausschöpfen zu können. So hat der angestellte Jurist bis zur Rente netto knapp 2,3 Millionen Euro verdient und der Beamte nur 1,9 Millionen – 350.000 Euro Unterschied. Doch im Ruhestand holt der Beamte schnell auf, sein Rückstand wird durch die Pensionszahlungen immer geringer und sinkt zum Ende auf besagte 31.500 Euro.

Der Grund: Während Normalrentner einen Teil ihres Lebensdurchschnittsverdienstes bekommen, erhalten Beamte nach 40 Berufsjahren, so wie in diesem Fall also, 71,75 Prozent des durchschnittlichen Bruttoeinkommens ihrer letzten beiden Arbeitsjahre. In dem Handelsblatt-Modell bekommt der Beamte eine jährliche Pension von 40.000 Euro. Das sind 23.000 Euro mehr als der angestellte Jurist.

So erhält der Beamte während seines Ruhestands 28 Prozent seines Netto-Lebenseinkommens, während es beim Juristen aus der Privatwirtschaft nur 15 Prozent sind. Die Zahlen zeigen: Deutschlands Staatsdiener, sie erfreuen sich an Altersreichtum.

Große Unterschiede zwischen Brutto und Netto

Und an deutlich mehr Netto vom Brutto. Ein Beispiel: Mit Mitte 40 verdient der Angestellte rund 87.000 Euro brutto, wovon ihm 45.800 Euro bleiben. Netto hat der verbeamtete Jurist ähnlich viel Geld, dabei liegt sein Bruttogehalt nur bei 65.000 Euro.

Der Grund: Anders als der Beamte muss der angestellte Jurist Sozialabgaben zahlen. Auch seine Beiträge zur privaten Krankenversicherung sind höher, weil der Staatsdiener nur 50 Prozent seines Krankheitsrisikos versichern muss, im Alter und bei zwei Kindern sogar nur 30 Prozent. Den Großteil zahlt die Beamtenbeihilfe aus Steuergeldern.

Im konkreten Fall ist eine Karriere bei Vater Staat also auch in finanzieller Hinsicht lukrativ. Klar ist aber auch: Je steiler die Karriere verläuft, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, in der Wirtschaft mehr zu verdienen. Dort „sind die Gehälter nicht nach oben gedeckelt – anders als im Beamtentum“, so Buchmann.

Für seine Berechnung orientierte sich der Vermögensberater der Quirin-Privatbank an Besoldungstabellen, Gehaltsvergleichen und Rentenberechnungen. Um den Vergleich zu vereinfachen, sind die Juristen in beiden Fällen privat krankenversichert. Buchmann ließ zur Simplifizierung die Inflation und automatische jährliche Gehaltssteigerungen außer Acht.

Genauso wie Betriebsrenten, die Großkonzerne für ihre Mitarbeiter anbieten. Dann hätte sich der Angestellte im Alter besser gestellt. Hätte dieser mit seinem Nettogehaltsüberschuss auch privat vorgesorgt, wäre sein Vermögen, konservativ geschätzt, noch um eine halbe Million Euro gestiegen.

Zumindest unter diesen Voraussetzungen wäre die Karriere in der Wirtschaft lukrativer. Der Vorteil des Beamtentums aber bleibt: Staatsdiener können sich auf ihr Geld verlassen, ohne vorsorgen zu müssen. Die Pensionen sind sicher – so wie die Zulagen, wenn Beamte auf Antennen klettern.

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