Ein guter Gastgeber – das ist ein Moderator idealerweise | positiv-fuehren.com

Moderner moderieren als Führungskraft: 11 Tipps

Ob beim Kundenevent, Produktlaunch, Strategie-Break-out oder Teammeeting: Als Führungskraft musst du immer wieder moderieren. Im Besprechungsraum oder auf einer Bühne, mit Mikro oder ohne, mit viel Vorbereitungszeit oder ganz spontan. Wie das besser geht – dazu hier einige Anregungen.

Gut zuhören können, aber notfalls auch dem Schwafelvorstand in die Parade fahren; die Struktur im Blick haben und spontan auf Stimmungen eingehen können; Autorität ausstrahlen und gleichzeitig Lockerheit vermitteln können: Es sind ganz schön viele und ganz schön unterschiedliche Skills, die gutes Moderieren erfordern.

Was es alles zu berücksichtigen gilt

Karten vorbereiten und dann ablesen? Von wegen. Oder zumindest ist damit nur ein (kleiner) Teil getan. EinE guteR ModeratorIn bereitet sich …

  • auf die Organisation vor (Licht, Ton, Beamer, Bestuhlung, Zeiten etc.)

  • auf die Stimmung vor (Wünsche oder Ängste im Publikum, mögliche KritikerInnen oder Störungen, eigene Verfasstheit…)

  • und war noch was? ach ja, richtig: auf die Inhalte vor, also die Themen, die Programmpunkte, die RednerInnen mit ihren Kompetenzen und Erfahrungen etc.

Kokreation statt Konsum

Da vorne turnt eineR herum, und die da hinten oder da unten hören zu, stundenlang: Die Zeiten der Konsumveranstaltung sind vorbei, zum Glück. Teilhabe, Interaktion, Dialog gehört zu den allerallerallermeisten Firmenevents dazu, egal ob klein oder groß. Ob mit Klickfröschen,  Mentimeter-Polls, Handzeichenabfragen („Wer hat denn schon die goldene Ehrennadel für 40 Jahre Betriebszugehörigkeit…“), Summ-Votings, Murmelgruppen oder oder oder: So wie ein guter Schullehrer ein oder zwei Aktivierungen pro Schulstunde unterbringt, solltest du das auch einplanen. Gerade bei Online-Meetings oder -Veranstaltungen, denn da ist die Einschlafgefahr noch viel größer!

Bespaßung, Beschallung, Bespielung? Events sind so viel mehr. Oder sollten es zumindest sein …

Moderation ist (auch) Kultur- und Organisationsentwicklung

„Kuscht die Moderatorin vor der Vorständin oder führt sie ein Gespräch auf Augenhöhe? Verwendet der Moderator viele Fachwörter oder spricht er so, dass er für alle leicht verständlich ist? Sie oder du? Formal oder locker? Anzug oder Kapuzenpulli? Die Wahl, Qualifikation und das Auftreten der Moderation haben Vorbildfunktion“, schreibt Miriam Janke (Krieger et al 2025). Und sie hat damit sooooo recht: Welche Redeanteil die Silberrücken und welchen das Fußvolk bei der Townhall hat; wie „völlig ergebnisoffen“ der Teamworkshop wirklich ist; ob Fragen spontan gestellt werden dürfen oder vorab eingereicht werden müssen: All diese "weichen" Veranstaltungsfaktoren sind einerseits abhängig von der Organisationskultur und prägen diese andererseits. Veranstaltungen sind so viel mehr als Bespaßung, Beschallung, Bespielung – oder können es zumindest sein. Sie können Neuem die Tür öffnen, Veränderung anklingen lassen, buchstäblich Unerhörtes zu Gehör bringen. Mach das dir und allen weiteren Beteiligten bewusst.


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Beteiligung durch Barcamp

Apropos Organisationsentwicklung: Barcamps sind eine unglaublich lebendige, abwechslungsreiche, ja, ich würde sogar sagen: basisdemokratische Form, unterschiedlichen Meinungen, Perspektiven, Ideen und Interessen Raum zu geben. Spätestens wer – wie ich gestern in Berlin beim Moderatorentag der German Speakers Association — einmal eines unter der Leitung des fantastiliösen Jan Theofel (https://just-barcamps.com) erleben durfte, weiß, wovon ich rede. Den Werteprozess mit Leben füllen, das Salesmeeting und damit den Umsatz aufmöbeln, die Nachhaltigkeitsstrategie konkretisieren oder oder oder – all das lässt sich mit Barcamps machen. Geht übrigens auch sehr gut digital, dann muss niemand fahren, wird CO2 gespart, können auch noch Kinder in die Schule oder ins Bett gebracht werden. Bevor aber ich hier aber mit meinem Viertel- bis Halbwissen zum Wie und Wie-nicht von Barcamps herumstümpere, sei an die Konzeptions- und Durchführungskompetenz von Jan verwiesen!

Wirksamere Virtualität

Apropos Online: Zu Corona-Zeiten haben wir alle erstmal gelernt, dass unsere Computer Kameras und Mikrofone haben, um dann später zu entdecken, dass man diese sogar an- und ausschalten kann. Aber an den Sozial- und Moderationstechniken, um die immer häufigeren Online-Meetings auch abwechslungsreich und partizipativ zu gestalten, fehlt es nach meiner Erfahrung häufig noch. Dabei gibt es über Breakout-Rooms, Fingerzeig-Skalierungen oder Voting-Tools, kollaborative Dokumente, Chat-Abfragen, Walks and Talks so viele Möglichkeiten für lebendige digitale Meeting- oder Lernformate! Sie sollten nur eingeplant, vorbereitet und eingesetzt werden, korrigiere: sie müssen! „Eine Online-Faustregel besagt: Alle 15 bis 30 Minuten sollte es interaktiv werden, sonst drohen Langeweile und/oder Bildschirmschlaf“, schreibt Antje Schmid. Dabei kann entweder eine Schulung oder gar einE eigeneR Tech-ModeratorIn nützlich sein – detaillierte Briefings für die Teilnehmenden (Zugangscodes, Technik-Hinweise, Zeitpläne) und Vorab-Checks für den Moderierenden sind unverzichtbar!

Sei Gastgeber!

Bei einer guten Party oder einem guten Empfang steht wer im Mittelpunkt? Genau, die Eingeladenen – und nicht der Einladende. Hannes Koch, der auch schon mal Olé-olé-Events mit Hunderttausenden am Brandenburger Tor moderiert,  findet, „dass der größte Fehler einer Bühnenmoderation … darin liegt, eine Ego-Show daraus zu machen.“ Und deshalb spricht Nicole Krieger auch von Moderation als einem Akt des Gastgebens – freies Sprechen auf gut deutsch statt abgelesenem Fachchinesisch; zugewandte Herzlichkeit statt distanziertem Glamour-Gelaber (was übrigens häufig bei Promi-Moderatoren passiert…); Ansprechen, was das Publikum bewegt statt nur die Chef-Agenda abzuklappern: Moderation, betont Nicole Krieger, ist eine „Kommunikationssituation, bei der Senden und Empfangen wechselseitig funktioniert. Auch wenn das Publikum nicht immer verbal oder mit zugeworfenen Papieren antwortet, sendet es dir eine Botschaft. Du musst in der Lage sein, sie zu empfangen und zu verstehen“.


In meinem nächsten Workshop zu Positive Leadership für Personal- und Führungskräfte im November 2025 nahe München sind aktuell noch Plätze frei – ich freue mich! Anmeldung und Infos unter positiv-fuehren.com/termine


Geschichte schlägt Zahl

Je mehr Charts auf umso mehr Slides, desto besser der Vortrag oder das Event – diesen Eindruck habe ich manchmal... Doch unser Gehirn tut sich mit Bildern, Alltagsbeispielen, Geschichten oder sonstwie emotional verankerten Inhalten in der Regel leichter als nur mit Zahlen, Daten, Fakten. Ulrike Pucher betont: „Moderator*innen können gezielt darauf achten, eine angenehme und sichere Umgebung zu schaffen. Indem wir eine positive Atmosphäre fördern, stärken wir die emotionale Offenheit der Teilnehmenden und verbessern die Fähigkeit des Gehirns, das Gelernte dauerhaft zu speichern. Genau diese positive Atmosphäre benötigen wir auch, wenn wir Gäste auf der Bühne haben.“ Storytelling sowie Pausen, Bewegung, einladende Räume und gesunde Snacks tragen dazu bei, dass das Gehirn bei Events zum Mitspieler wird statt auf die Strafbank geschickt wird!

Ja nicht hausbacken bei In-House…

Wer als InterneR Veranstaltungen moderiert, kennt sich natürlich in der Regel viel besser aus, versteht viel genauer, was Phase ist, denn einE externeR ModeratorIn. Und kann dafür vielleicht nicht so frei sprechen, muss viel mehr Fingerspitzengefühl zeigen, um den Vielschwafler einzubremsen, das Marketingblabla des Personalchefs mit der Realität zu konfrontieren, die buchstäblich vorgeschriebenen Fragen an die IT-Chefin oder an den Head of Legal ins halbwegs Deutsche und Verständliche zu übertragen etc. Schon in den Vorgesprächen, sagt Romy Stehle, gilt es, „als Bindeglied zwischen Management und Kolleg*innen zu fungieren und für die richtigen Fragen zu sorgen – so unbequem diese auch sein mögen.“ Hausbacken, langweilig und brav? Braucht kein Mensch auf Veranstaltungen. Gerade Panels und Podiumsdiskussionen, findet Janina Pernsot, sind „ein Balanceakt zwischen Laufenlassen, Dirigieren und gezieltem Eingreifen“. Daher gibt es immer mehr professionell ausgebildete und geschulte interne ModeratorInnen – oder Führungskräfte, die das gut und gern tun.

Fantastiliösere Foren, packendere Panels

Apropos Panels und Podiumsdiskussionen: Ein sterbenslangweiliges „Sehen Sie doch auch so, Herr Prof. Dr. Dingsbums, oder?“ braucht kein Mensch. Wieso die Panelisten nicht bewusst zu Kontrasten und Nuancen befragen, ihnen nicht Abstimmungskärtchen geben und sie und das Publikum zu Meinungsfragen – die dann am besten auch an die Wand projiziert werden – votieren lassen, damit alle einbezogen sind? Oder einen, zwei „heiße Stühle“ auf die Bühne stellen und dann die CFO, den Logistikleiter oder den Keynote-Speaker von gerade eben acht Minuten in einer Rapid-Fire-Session befragen und befragen lassen? Oder die PanelistInnen zu einem Thema ein Bild malen, eine Lego-Figur bauen lassen, um visuelle Abwechslung und Lebendigkeit in das Ganze zu bringen? Die großartige Kristin Arnold , die ich letztes Jahr beim Global Speakers Summit auf Bali erleben durfte, hat zu diesen und anderen Ideen wunderbare Posts geteilt, Podcasts gemacht, Bücher geschrieben (https://www.powerfulpanels.com/), wenn du mehr wissen willst.

Bereite dich vor aufs Spontane

Die „Ein Tor täte dem Spiel jetzt gut“-Reportage von Günther Jauch und Marcel Reif beim Champions-League-Halbfinale in Madrid 1998 war so legendär wie spontan. In die Verlegenheit wirst du wohl nicht kommen, aber: Dass Technik mal nicht funzt, einer aus dem Publikum stört, die CEO – eigentlich der nächste Programmpunkt – noch nicht da ist: Irgendwas passiert schnell. Es kann fast immer und fast überall sein, dass du das Wort ergreifen, eine Überbrückungsübung einbauen oder sonstwie improvisieren musst. Jens-Uwe Adler rät: „Damit du in deiner Moderation nicht sprachlos bist, sind die Methoden und Werkzeuge der Stegreifrede ein hervorragendes Mittel, um dich auf so eine Situation vorzubereiten.“ Im Moment sein und notfalls heiter weiter scheitern! Impro-Comedy-Workshops oder andere Stegreiftools können dabei helfen.

Lass auch mal die Profis ran

Apropos Workshops und Tools: Viele Moderationsskills kann man lernen, auch als interne Führungskraft. Und als Veranstaltungshost mit Stallgeruch bringst du viele Vorteile mit, die auch die tollste und teuerste externe Moderation nicht bieten kann. Aber: 1 Stunde gute Zeit auf der Bühne heißt in der Regel 8-10 Stunden Vor- und Nachbereitung. Hast du die wirklich, bekommst du die wirklich? Oder könntest du nicht dazulernen, dich selbst entlasten, dem Sales Meeting einen frischeren Anstrich geben, wenn du eine externe Moderation für das Event buchst? Oder dazubuchst, um einen Doppelwumms aus interner und externer Moderation hinzulegen? Ja, das kostet Geld – in der Regel ähnlich viel wie für eineN professionelleN VortragsrednerIn. Aber in Zeiten des Fachkräftemangels, der allgemeinen Ungewissheit und der zunehmenden Isolation durch remoteres Arbeiten lohnt es sich doch, Events mit wirklichem Mehr- und Erinnerungswert zu schaffen, oder?

Viel Gaudi und Gelingen dabei!

PS: Die meisten Tipps und Zitate hier stammen aus dem großartigen neuen, gestern erschienen, sehr lesenswerten Buch

Krieger, N.; Schmitt, R.; Wieser-Weber, V. (2025). Erfolgreich Events moderieren. Die besten Hacks von 20 Moderations-Profis. GABAL Verlag.

🙏 Danke an das Herausgeberteam Nicole Krieger, Ralf Schmitt und Vaya V. A. Wieser-Weber! Und danke an die großartigen Beitragenden Jens-Uwe Adler, Dr. Nikolai A. Behr, 🙋🏻♀️ Miriam Janke, Nicole Krieger, Ulrike Pucher, Michael Rossié, CSP, Ral Schmitt, Torsten Schröder, Kristina Hentschel, Hannes Hoch 🎤 , Janina Pernsot , Antje Schmid , Frank Schmidt , M.Sc. Dipl.-Ing. , Romy Stehle, Jenny Winkler, Jürgen Winterleitner, Eva Köck-Eripek, AICI CIM , Jean Meyer, Melanie Siefert, Vaya Wieser-Weber.

PPS: Du machst, ihr macht, sie machen das gut!

Christian Thiele schreibt über Positive Leadership, Positive Psychologie, Führung, Wirtschaft & Management

Christian Thiele, 48, ist Vortragsredner, Coach, Teamentwickler und Trainer für Positive Leadership. Sein Podcast „Positiv Führen“ ist auf 🎧 positiv-fuehren.com/podcast zu hören, sein Buch "Positiv Führen" ist bei Wiley erschienen. (Ski-)Bergsteiger, (meist) zuversichtlicher Patchworkvater. 

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