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Motivation: Vier Tipps für mehr Energie

Dass gute Vorsätze scheitern, ist eher die Regel als die Ausnahme. Längst nicht jeder schafft es, sich für Ziele langfristig zu motivieren. Dabei braucht es nur vier Schritte, um das eigene ­Energielevel auf Dauer hoch zu halten.

Von Elizabeth Grace Saunders

Fast jeder kann sich für eine kurze Phase voller Tatendrang motivieren. Vielleicht sind es die ersten Wochen im neuen Job, in denen man einen guten Eindruck hinterlassen will, der eifrige Gang ins Fitnessstudio am Jahresbeginn oder das erste Wochenende einer Hausrenovierung, an dem man den Elan des Stars einer Heimwerkersendung mitbringt.

Aber was kommt nach diesem anfänglichen Energieschub? Fühlen Sie sich nach ein paar Monaten oder gar einem Jahr Ihrem neuen Job, Ziel oder Projekt noch genauso verpflichtet? Haben Sie Ihren Ehrgeiz verloren? Machen Sie weiter, während Sie gegen Anzeichen von Müdigkeit und Burn-out ankämpfen? Oder wechseln Sie immer wieder zwischen Phasen der Hyperproduktivität und des Nichtstuns hin und her?

Der Schlüssel zum Erfolg bei der Arbeit und im Leben liegt nicht darin, stark anzufangen, sondern darin, stark zu bleiben. Der Weg dorthin führt über das Konzept der Selbstregulierung. Dazu gehört, dass Sie sich innerhalb einer bestimmten Zeitspanne – zum Beispiel an einem Tag oder in einer Woche – nur zwischen bestimmten Ober- und Untergrenzen bewegen.

Dafür legen Sie das Minimum und das Maximum an Aktivitäten fest, die Sie benötigen, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. So verhindern Sie einerseits, dass Sie Ihr Ziel aufgeben, weil es Ihnen nicht mehr so wichtig erscheint oder Sie es aus den Augen verlieren, und andererseits, dass Sie es mit Ihrem Engagement übertreiben und dann zu erschöpft sind, um weiterzumachen.

Als Coach für Zeitmanagement habe ich festgestellt, dass es vier Schritte gibt, um das nötige Durchhaltevermögen zu entwickeln. Wenn Sie diese Schritte befolgen, werden Sie mehr Ihrer Ziele mit weniger Aufwand erreichen – ohne Ihre Energie zu verlieren.

1. Legen Sie Ihre Grenzen fest

Die Idee, sich Ziele zu setzen, ist beliebt, vor allem zu Beginn eines jeden Jahres. Aber nur wenige Menschen nehmen sich die notwendige Zeit, die Schritte aufzuschreiben, die sie gehen wollen, um ihre Ziele zu erreichen. Und meiner Einschätzung nach nehmen sich noch viel weniger Menschen die Zeit, die täglichen Ober- und Untergrenzen für jedes ihrer Ziele festzulegen.

Der Bestsellerautor Greg McKeown schlägt in seinem Buch "Effortless" vor, konkrete Grenzen dafür zu setzen, wie wenig und wie viel Sie an einem bestimmten Tag für Ihre wichtigen Prioritäten tun werden. Wenn Sie beispielsweise Ihre Verkaufszahlen erreichen wollen, können Sie festlegen, dass Sie nie weniger als fünf und nie mehr als zehn Verkaufsgespräche an einem Tag führen.

Sie können dies auf jedes Ihrer Projekte oder Ziele übertragen. Wenn Sie zum Beispiel ein Buch schreiben wollen, könnten Sie sich vornehmen, nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als drei Stunden pro Tag zu schreiben. Oder Sie wollen mehr Sport treiben: Vielleicht entscheiden Sie dann, nicht weniger als dreimal pro Woche und nicht mehr als fünfmal pro Woche zu trainieren. Dadurch werden Sie fit genug, aber es bleibt Ihnen noch genug Zeit für andere Prioritäten, wie Zeit mit Ihrer Familie zu verbringen oder persönliche Aufgaben zu erledigen.

Diese Grenzen lassen Ihnen einen gewissen Spielraum, sorgen aber auch dafür, dass Sie auf Kurs bleiben. Wenn Sie Ihre Untergrenze festlegen, sollten Sie überlegen, was Sie in einem bestimmten Bereich mindestens tun müssen, um Ihren Schwung beizubehalten. Sie dürfen nicht das Gefühl bekommen, dass Sie stehen geblieben sind und sich sehr anstrengen müssen, um Ihre Trägheit zu überwinden und weiterzumachen. Wenn Sie Ihre Obergrenze festlegen, sollten Sie überlegen, ab wann Ihre Investition in diesem Bereich so viel Zeit in Anspruch nimmt, dass andere Bereiche Ihres Lebens darunter leiden.

2. Erkennen Sie Ihre Neigungen

Wenn Sie ein Ziel vor Augen haben, neigen Sie dann dazu, sich in die Arbeit zu stürzen und mit Vollgas darauf hinzuarbeiten, Tag und Nacht? Oder gehen Sie es eher langsam an, sodass Sie oft erst in letzter Minute mit einem Endspurt die Ziellinie erreichen? Vielleicht schwanken Sie auch zwischen den Extremen: An einem Tag arbeiten Sie zwanghaft bis in die frühen Morgenstunden, und am nächsten Tag sind Sie dann so ausgelaugt, dass Sie so gut wie gar nichts erledigt bekommen.

Je nachdem, wozu Sie neigen, können Sie auf eine der folgenden drei Arten vorgehen:

  • Wer zur ersten Kategorie gehört, muss sich selbst die Erlaubnis erteilen, auf seine Bedürfnisse einzugehen, sich auszuruhen und echte Auszeiten zu nehmen. Achten Sie darauf, dass Sie die Obergrenze Ihrer Aktivität nicht überschreiten, sonst könnten Sie auf einen Burn-out zusteuern.

  • Diejenigen in der zweiten Kategorie sollten genau darauf achten, ob sie über ihrer unteren Grenze bleiben oder nicht. Stellen Sie sicher, dass Sie zumindest das Minimum tun, bevor Sie sich angenehmeren Dingen widmen, so verlockend diese auch sein mögen.

  • Behalten Sie beide Grenzen im Auge, wenn Sie in die dritte Kategorie fallen. Können Sie es an einem Tag vermeiden, Ihre Obergrenze zu überschreiten, sollte es Ihnen auch gelingen, am Folgetag nicht die Untergrenze zu unterschreiten.

Wie Greg McKeown in seinem Buch klugerweise schreibt: "Tun Sie heute nur so viel, dass Sie sich bis morgen vollständig davon erholen können."

3. Planen Sie Ruhe und Erholung ein

Der menschliche Körper ist auf einen Zyklus von Aktivität und Ruhe ausgelegt. Deshalb schlafen wir nachts, deshalb sind Wochenenden ein wesentlicher Bestandteil einer produktiven Arbeitswoche, und deshalb können selbst Spitzensportler nicht den ganzen Tag über trainieren.

Wenn Sie zu den antriebsstarken Menschen gehören, müssen Sie darauf achten, Ruhe- und Erholungszeiten einzuplanen und sich auch daran zu halten. Da ich zu dieser Gruppe gehöre, achte ich darauf, dass meine Freizeit nicht so vollgepackt ist wie meine Arbeitszeit. Das bedeutet, dass ich meine arbeitsfreie Zeit nicht nur für private Erledigungen nutze, sondern auch zum Ausruhen. An zwei Tagen in der Woche stehe ich nicht wie üblich um 5.15 Uhr auf, um schwimmen zu gehen. Stattdessen nehme ich mir Zeit, um über das Leben nachzudenken, interessante Artikel zu lesen oder einfach auszuschlafen. Abends und am Wochenende treffe ich mich bewusst ohne Zeitlimit mit anderen. Ich lasse mich dann treiben und erlaube den Ereignissen, so lange zu dauern, wie sie brauchen.

Vergessen Sie nicht so grundlegende Dinge wie sich Zeit zum Essen zu nehmen, Spaziergänge zu machen oder zeitig zu Bett zu gehen.

Wenn Sie dagegen auf einem niedrigen Energieniveau arbeiten, sollten Sie sicherstellen, dass Sie zumindest Ihre untere Aktivitätsgrenze erreicht haben, bevor Sie eine Pause einlegen. Sie können immer noch ausgiebige Pausen machen, aber eben erst, wenn Sie Ihrem Ziel näher gekommen sind.

Und wenn Ihr Tatendrang schwankt, sollten Sie unbedingt auch an den Tagen, an denen Sie sich voller Energie fühlen, Ihre Ruhepausen einhalten. Sonst werden Sie am nächsten Tag die Quittung dafür bekommen. Vergessen Sie nicht so grundlegende Dinge wie sich Zeit zum Essen zu nehmen, vom Stuhl aufzustehen und sich zu strecken oder spazieren zu gehen und zeitig zu Bett zu gehen – egal, wie energiegeladen Sie sich fühlen. Zwingen Sie sich aufzuhören, wenn es an der Zeit ist, ins Bett zu gehen, damit Sie am nächsten Tag wieder ausgeruht mit der Arbeit beginnen können.

4. Gönnen Sie sich Freiräume

Wenn Sie Durchhaltevermögen entwickeln wollen, müssen Sie Ihre Arbeit und Ihr Arbeitstempo in nachhaltigen Grenzen halten. Vielleicht gibt es Tage, an denen Sie sich von Meeting zu Meeting oder von Aufgabe zu Aufgabe hangeln müssen. Aber für die meisten Menschen ist diese Strategie auf Dauer nicht tragfähig. Ich empfehle Ihnen, wenn irgendwie möglich, zumindest ein paar Stunden am Tag oder in der Woche für sich zu haben, ohne sie in Besprechungen zu verbringen. Besser wäre es, wenn Sie sich gleich längere Zeitabschnitte reservieren, um sich größeren Projekten zu widmen. Dann können Sie sich ganz darauf konzentrieren, ohne ständig unter Zeitdruck zu stehen.Ich beispielsweise führe mittwochs grundsätzlich keine Coachinggespräche. So kann ich mich an dem Tag auf bestimmte Projekte fokussieren, wie zum Beispiel diesen Artikel zu schreiben. In meinem Kalender habe ich den Mittwoch als "Projekttag" blockiert, sodass niemand Termine mit mir vereinbaren kann. An Tagen, an denen ich mich voll auf eine Aufgabe konzentrieren will, ist es meiner Erfahrung nach einfacher, wenn ich dabei nicht unterbrochen werde. Und es ist umso besser, wenn ich dabei von zu Hause oder an einem bestimmten Ort außerhalb des Büros arbeiten kann.

Das Leben ist kein Sprint. Es ist eine fortwährende Reise. Wenn Sie sowohl bei Ihrer Arbeit als auch im Privatleben leistungsfähig, gesund und glücklich bleiben wollen, müssen Sie Durchhaltevermögen entwickeln. Schauen Sie sich genau an, wie Sie arbeiten, und befolgen Sie diese Tipps, damit Sie effektiv, produktiv und innerhalb Ihrer Grenzen bleiben. © HBP 2022

Die Autorin

Elizabeth Grace Saunders ist Zeitmanagement-Coach und Gründerin von Real Life E Time Coaching & Speaking. Sie ist Autorin der Bücher "How to Invest Your Time Like Money" und "Divine Time Management".

Dieser Artikel erschien erstmals in der Januar-Ausgabe 2022 des Harvard Business managers.

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