„Museen haben eine hohe Verantwortung“
In Zusammenarbeit mit unserem Vorstand und einem festen Kreis besonders aktiver Mitglieder bin ich vor allem damit beschäftigt, Spenden für die Unterstützung unseres städtischen Museums zu sammeln, aber auch Schenkungen zu vermitteln und den Kunst- und Sammlungsmarkt zu beobachten, um interessante Ankäufe für die Museumssammlung tätigen zu können. Dabei stehe ich in enger Abstimmung mit der Museumsdirektorin und ihren engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Da wir uns als Verein aber auch immer eigene Projekte wie Ausstellungen und Publikationen gesucht haben, gehört die Koordination dieser Aktivitäten genauso zu meinen Aufgaben wie der Kontakt zur Kulturpolitik der Stadt und unseren über 270 Mitgliedern, die wir über Newsletter, Stammtische und unseren jährlichen Weihnachtsbrief auf dem Laufenden halten.
Neben meinem gut ausgefüllten Fulltime-Job als Projektleiter in einem großen ESF-Landesprogramm zur beruflichen Orientierung von Jugendlichen bin fast täglich nach Feierabend mit Vereinsdingen beschäftigt, am Wochenende auch mal mehr, sodass ich im Monat sicher auf mindestens auf 30 Stunden im Ehrenamt komme. Da ich diese Arbeit aber vor allem als Ausgleich zu meinem Brot-Job und nicht als zusätzliche Belastung betrachte, zähle ich die Stunden nicht.
In Zeiten schwindender und zunehmend diffuser Identitäten haben Museen und hier vor allem regionale Häuser wie das POTSDAM MUSEUM eine hohe Verantwortung. Wenn Sie klug und kreativ geführt werden, sind Museen heute spannende Orte der kulturell-ästhetischen, historischen und politischen Bildung. Da es durch seine regionale Sammlung unmittelbar an den Erfahrungen der Potsdamerinnen und Potsdamer ansetzt, kann es darüber hinaus die Schwellenängste nehmen, die viele Menschen immer noch haben, wenn sie das Wort „Museum“ hören und das vor allem mit Hochkultur verbinden. Daran mitzuwirken, dass das POTSDAM MUSEUM so etwas wie ein gemeinsames „Wohnzimmer“ der Stadt wird, wo man sich gern aufhält, nette Leute trifft und Neues erfährt, ohne belehrt zu werden, war von Anfang an eine wichtige Triebkraft meines Engagements. Belohnt werde ich dafür mit Kontakten zu interessanten Zeitzeugen, Sammlern und Mitgliedern unseres Vereins.
Meine ersten Kontakte zu Potsdam hatte ich 1987 im Alter von 16 Jahren, als ich aus dem altmärkischen Salzwedel nach Teltow kam, um hier meine Berufsausbildung und mein Abitur zu machen. Da Teltow für einen kulturinteressierten Jugendlichen etwas zu klein war, fuhr ich jeden Montag nach der Schule für 90 Pfennig mit dem Bus nach Potsdam und lernte nach und nach die dortigen Buchhandlungen und Antiquariate, die Kinos, das Theater und natürlich die damals schon beeindruckende Stadt- und Gartenarchitektur kennen. Nach dem Ende meiner Ausbildung hatte ich mich in Potsdam verliebt und fing nach meinem Zivildienst ein Studium in Potsdam an. Und so wohne ich seit 1991 in dieser Stadt und will hier nie wieder weg.
Mit drei Schlossparks und elf Schlössern mit Welterbe-Status, den Havelseen und einem sehr intakten und stimmigen Architekturbild gehört Potsdam sicher zu einer der schönsten deutschen, wenn nicht gar europäischen Städte. Hinzu kommt die Nähe zu Berlin, dessen Angebote man gern und schnell in Anspruch nimmt, ohne dort gleich wohnen zu müssen. Leider führt der nicht enden wollende Zuzug aber auch zu den üblichen Problemen einer wachsenden Stadt wie Potsdam, die sich durch ihre Insellage nicht unendlich ausdehnen kann: steigende Mieten, hohe Immobilienpreise und zu viel Verkehr. Das macht das Leben hier leider auch sehr teuer und führt zu einem Wegzug vieler, die sich das Leben hier nicht mehr leisten können.
Der Verein wurde im Jahr 2004 von damaligen Mitarbeitern des Museums gegründet. Der Impuls war eine Verbesserung der räumlichen Situation des Hauses, das sich damals noch unbeachtet in viel zu kleinen Räumen in einem Haus im Holländischen Viertel befand. Seit 2005 bin ich Vorsitzender. Gemeinsam mit vielen einflussreichen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und den Stadtverordneten konnten wir in den folgenden Jahren einen neuen Standort für das POTSDAM MUSEUM durchsetzen, das seit 2012 seinen Sitz im Alten Rathaus am Alten Markt hat, direkt neben der Nikolaikirche und gegenüber vom Landtagsschloss. Seitdem konnten wir unsere Mitgliederzahl verzehnfachen und versuchen in allen sozialen Netzwerken präsent zu sein und unsere Arbeit stetig zu optimieren. Unser neuestes Projekt ist ein Mitgliedermagazin namens ATLAS, dessen 1. Ausgabe auf unserer Internetseite www.fvpm.de abrufbar ist.
Unsere Mitgliederschaft ist sehr heterogen, sowohl was unsere Altersstruktur angeht als auch die Herkunft. Unser jüngstes Mitglied ist 21, unser ältestes über 90. Wir haben eine gute Mischung aus Alt- und Neupotsdamern und darüber hinaus von Menschen aus ganz Deutschland, die in irgendeiner Form eine Verbindung zu Potsdam haben.
Das neue Buch ist nicht das erste Printprodukt, das wir im Eigenverlag herausgebracht haben. Das hat den unschätzbaren Vorteil, dass wir mit dem Gestalter und der Druckerei unserer Wahl arbeiten können, die unserer Meinung nach die beste Qualität für unsere Veröffentlichung garantieren. Zum anderen fließen mögliche Einnahmen aus dem Verkauf wieder direkt an unseren Verein zurück und können für neue Projekte verwendet werden, die uns am Herzen liegen. Die Crowdfunding-Aktion ist zugleich ein Testballon dafür, ob das Buch ein Erfolg wird oder nicht. Wir produzieren nicht gern für den Grabbeltisch, bis jetzt sind fast alle unsere Publikationen vergriffen und – wie der erste Band zum Fotoatelier Eichgrün oder unser Hagemeister-Kalender - gesuchte Sammlerstücke.
Mit Unterstützung des Fördervereins des Potsdam-Museums und durch Spenden u.a. von Günter Jauch gelang es vor über zehn Jahren, den fotografischen Nachlass des Ateliers Eichgrün, der neben Originalfotografien etwa 1.700 Glasplatten-Negative umfasst, für das Potsdam Museum zu erwerben und 2010 einen ersten Band ("Spaziergänge durch Potsdam. Neues aus dem Atelier Eichgrün") herauszubringen. Das nun mehr veröffentlichte zweite Buch zeigt auf acht historischen Spaziergängen bisher weitestgehend unveröffentlichte Aufnahmen von Potsdam und seinen Schlossparks. Höhepunkte sind ausklappbare historische Perspektiven vom Turm der Garnisonkirche, die Abbildung längst zerstörter und überbauter Orte und die für das Atelier Eichgrün typischen Straßenszenen, die eine Ahnung vom Potsdamer Alltag mit einer hohen Dichte an Militär und dem höfischen Leben einer Residenzstadt erzeugen. Erstmals sind auch eine Reihe von Babelsberger Ansichten zu sehen.
Hervorheben möchte ich Margitta Wierzoch, die Urenkelin von Ernst Eichgrün, die uns begleitet und tatkräftig bei der Recherche unterstützt hat. Auch der Autorin Judith Granzow, die seit über zehn Jahren die Fotosammlung des Potsdam Museums mit viel Professionalität, Engagement und Herzblut betreut und stetig an deren digitaler Erfassung und Erschließung für die Öffentlichkeit arbeitet, gilt ein besonderer Dank. Der Autor und Gestalter Peter Rogge hat das fotografische Rohmaterial durch seine jahrelange Erfahrung als Gestalter und Grafiker für Buch- und Kalenderproduktionen zum Leuchten gebracht. Weit über die gestalterische Arbeit hinaus hat er sich in den vergangenen Jahren eine Kompetenz in Sachen historischer Potsdam-Fotografie erarbeitet, von der wir alle profitieren konnten. Nennen möchte ich auch die Potsdam-Spezialisten Jörg Kirschstein, Saskia Hüneke, Volker Schobeß und Thoas Töpfer, die ihr jeweiliges Spezialwissen beim Verfassen der Bildunterschriften beitrugen – ebenso Birgit Dieffenbacher für ihre kompetenten Beiträge zur Hoffbauer-Stiftung. Ein besonderer Dank gelte hier dem von Rohdich’schen Legatenfonds, den Stadtwerken Potsdam und der Partnerbuchhandlung „Internationales Buch“. Ein Dank ging auch an die Druckerei Rüss, die das Vorhaben in regionaler Verbundenheit unterstützt und in bewährter Qualität zum Abschluss gebracht hat.
Mich beeindrucken vor allem die historischen Wimmelbilder, wenn das damals allgegenwärtige Militär durch die Stadt marschiert oder der Kaiser durch die Charlottenstraße reitet. Da ich weder Monarchist noch Militaria-Experte bin, interessieren mich dabei weniger die Uniformen sondern eher das vielschichtige Volk am Straßenrand. Hier bekommt man einen unmittelbaren Eindruck von der Sozialstruktur Potsdams zur Kaiserzeit, der sich vor allem an der Alltagskleidung festmacht. Wenn Sie dann heute mit dem Buch durch diese immer noch existierenden Straßen gehen und die alten mit den neuen Bildern vergleichen, ist das schon ein besonderes Geschichtserlebnis.
Vielen Dank für das Gespräch.
Markus Wicke, geb. 1971 in Salzwedel, Studium der Politikwissenschaften und Soziologie, seit 1998 tätig im Fördermittelmanagement in Berlin und Potsdam, seit 2005 Vorsitzender des Fördervereins des POTSDAM MUSEUMS e.V.