Dr. Alexandra Hildebrandt

Nachhaltig unterwegs: Fahrradtypen und ihre Einsatzgebiete im Überblick

Das Fahrrad ist heute nicht nur ein alltägliches und zweckmäßiges Fortbewegungsmittel, sondern auch Ausdruck eines Lebensgefühls. Immer mehr Menschen ändern ihr Mobilitätsverhalten. Vor allem in der Corona-Pandemie wechselten viele aufs Rad oder wollen künftig umsatteln, weil es schneller, umweltverträglicher und günstiger ist. Allerdings ist es fast unmöglich, einen Überblick über alle Fahrradarten und deren Einsatzgebiete zu erhalten. Im Folgenden werden deshalb ausgewählte Fahrradtypen und ihre Einsatzgebiete vorgestellt.

Im urbanen Bereich finden Cargobikes, die in unterschiedlichen Varianten erhältlich sind, immer mehr Anhänger:innen, da sich die Transporträder sowohl für Firmen und Privathaushalte als Autoersatz anbieten. Nachfrage und Angebot wachsen stetig. Von zweirädrigen Varianten über dreirädrige Modelle bis hin zu Rädern mit verlängerten Gepäckträgern ist für fast jeden Einsatzzweck und jedes Transportgut ein passendes Rad dabei.

Cityräder werden vor allem für angenehmes Vorankommen in der Stadt und auf befestigten Radwegen genutzt sowie für Kurz- und Mittelstrecken. Sie sind meist Tiefeinsteiger und haben einen breiten, oft gefederter Sattel und einen hochgestellten Lenker. Ausgestattet sind sie meistes mit Schutzblechen, Gepäckträgern und Lichtanlage.

Mit einem Dreirad können vor allem körperlich beeinträchtigte Menschen mobil bleiben – allerdings ist das Volumen an Dreirädern im Markt im Vergleich zum klassischen Fahrrad sehr gering. 1983 wurden in den USA die ersten modernen Handbikes angefertigt. Der Antrieb erfolgt per Hand, die Sitz- bzw. Liegeposition ist nach hinten geneigt. Statt eines Sattels verfügt das Handbike über einen Netz- oder Schalensitz.

Die meisten aller angebotenen E-Bikes sind genau genommen Pedelecs (s.u.). Reine E-Bikes hingegen fahren per Knopfdruck auch ohne Pedalunterstützung und sind ab 6 km/h zulassungspflichtig. Das E-Bike ist der Turbo der Fahrradbranche – dies führte auch zu einem Revival des Fachhandels. Mittlerweile sind etwa 40 Prozent aller verkauften Räder in Deutschland E-Bikes. Der Markt reagiert darauf mit einer Vielzahl unterschiedlicher Modelle. Aber wie umweltfreundlich sind sie? Die Herstellung von Akkus für die Pedelecs verbraucht Energie und verursacht CO2. In den meisten Fällen werden Lithium-Ionen verbaut, die unter anderem Kobalt, Nickel, Kupfer und Aluminium enthalten. Diese Stoffe sind schwer zu entsorgen und können bei der Herstellung und Entsorgung die Umwelt schädigen. E-Bikes können auch schnell verschleißen, weil sie über längere Strecken gefahren und deshalb stärker beansprucht werden. Das traditionelle Fahrrad schneidet deshalb bei der CO2-Bilanz besser ab. Mit dem Pedelec hat man nach den ersten 150 Kilometern Fahrstrecke das Auto ökologisch überholt. Der Wert verbessert sich nochmals, wenn der Strom, für die Batterieladung aus regenerativen Quellen kommt. Auch beim Feinstaub und den gesundheitlichen Stickoxiden gewinnt das Pedelec.

Faltbare Räder sind platzsparend, praktisch und leichter als herkömmliche Fahrräder. Sie können als E-Bike-Variante oder auch ohne elektrischen Motor gekauft werden und eignen sich besonders für Kurzstrecken. Das Faltrad gilt (zumindest im zusammengefalteten Zustand) als normales Gepäckstück und kann während der Sperrzeiten in der Bahn mitgenommen werden (ohne dass ein zusätzliches Fahrradticket gelöst werden muss). Ein beliebter Hersteller ist Brompton. Aber auch in der Klapprad-Manufaktur werden nachhaltige Falträder aus originalen DDR-Klapprahmen gefertigt. Jedes Rad erhält ein neues Tretlager, und sämtliche Anbauteile werden durch hochwertige Komponenten ersetzt.

Das Fatbike wurde in den 1980er-Jahren in Alaska entwickelt und ist seither immer populärer geworden. Sein ursprüngliches Terrain ist der Fels, der Sand und der Schnee. Spötter nennen es „Motorrad für Arme“, weil diese Mountainbikes mit motorraddicken Reifen bestückt sind. Sie unterliegen dem Hipster-Leitsatz „Weniger ist mehr“. Gefahren wird es vor allem von erfahrenen Mountainbikern.

Fixies haben, im Unterschied zu Singlespeed-Bikes, keinen Freilauf in der Nabe. Dadurch entsteht ein starrer Gang (fixed gear), der veranlasst, dass sich Kurbel und Pedale über die Kette verbunden ohne Freilauf immer mitdrehen. Sie haben eine schmale Bereifung und einen sportlichen Rahmen, das Bremsen erfolgt per Gegendruck auf die Pedale (“Skidden”)

Gravel-Bikes sind geländegängige Rennräder mit Reifen, die zwischen 32 und 47 Millimeter breit sind. Mit den „Breitreifen-Rennrädern“ sind Strecken befahrbar, die mit einem normalen Rennrad nicht möglich wären. Die meisten Gravelbikes haben in der Regel eine Komfort-Geometrie als Rahmenbasis (kurzes Oberrohr und ein langes Steuerrohr). Einige ähneln radmarathontauglichen Rennrädern, andere sind leicht und schnell, wieder andere sind „robuste Bikepacking-Modelle“. Auch Fixies, die nur einen Gang haben und einen schlanken Stahlrohrrahmen, werden als Urban Bikes immer beliebter. Jedes Detail ist hier eine Botschaft.

In den Niederlanden wurden zu Beginn Räder aus England, Frankreich und Deutschland importiert. Eine eigene niederländische Fahrradproduktion begann erst 1869. Dabei lehnten sich die produzierten Fahrräder an das englische Vorbild an. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen Hersteller in der Rahmenform spezifisch niederländische Merkmale zu integrieren. Hollandräder haben einen stabilen Rahmenbau und sind meistens Tiefeinsteiger. Sie eignen sich für Stadtfahrten sowie für Kurz- und Mittelstrecken. In nordeuropäischen Fahrradstädten wird es vor allem an Touristen verliehen, zu finden ist es auch in Städten niederländischer Prägung.

Liegeräder sind heute als Zwei- oder Dreirad erhältlich. Sie haben eine schmale Bereifung, die Sitz- bzw. Liegeposition ist nach hinten geneigt. Tretlager und Pedale sind vorne angebracht. Bei gesundheitlichen Problemen ist es eine Alternative zu einem normalen Fahrrad. Es kann aber auch für sportliche Touren auf Asphalt, für Wettkämpfe sowie für lange Radausfahrten genutzt werden.

Der Elektromotor unterstützt hier nur dann, wenn in die Pedale getreten wird. Pedelecs verfügen über eine Traktionsbatterie, eine Steuerelektronik für den Motor (darf maximal 250 Watt haben) sowie einen Sensor für die Kurbelbewegungserkennung. Erfolgt die Pedalunterstützung bis 25 km/h, gelten Pedelecs als Fahrrad und sind nicht zulassungspflichtig. Einsatzzwecke für die Arbeit (Postzusteller, Polizei, Firmenfuhrparks, Pendler), für touristische Nutzung (Verleihstationen an Bahnhöfen, in Ferien- oder Kurorten) und für gesundheitlich beeinträchtigte Personen.

S-Pedelecs gelten rechtlich nicht als Fahrräder, sondern als Kleinkrafträder (zulassungspflichtig und Helmpflicht seit 2013). S-Pedelecs schalten ihre Motorunterstützung nicht schon bei 25 km/h ab, sondern erst bei einer Geschwindigkeit von 45 km/h.

Reiseräder sind robuste Verwandte aus Touren- und Trekkingrädern. Sie sind speziell für die Bedürfnisse von Radreisenden konzipierte Fahrräder, die mit über 50 bis 75 kg Gepäck noch sicher gefahren und gebremst werden können. Sie haben eine andere Rahmengeometrie und sind auf die größeren Belastungen durch stabilere Materialien und oft größere Wanddicken der Rahmenrohre ausgelegt. Ein Reiserad-Hersteller wirbt mit dem Slogan „Räder für Velosophen“.

Trekkingräder (auch All Terrain Bike) sind vielseitig, robust und schließen die Lücke zwischen dem klassischen Straßenfahrrad und einem Mountainbike. Der Prototyp des Tourenrads hat einen Diamantrahmen, 28-Zoll-Reifen, eine Kettenschaltung, zuverlässige Bremsen und einen guten Gepäckträger. Die Reifenwahl richtet sich nach dem bevorzugten Untergrund (weniger Profil für asphalt, gröberes für Schotter, Stollen für Offroadfahrer. Viele Trekkingräder haben Titan als Rahmenmaterial, das wegen seiner energieintensiven Herstellung nicht den besten Ruf hat. Einige Hersteller werben allerdings mit der langen Lebensdauer, denn ein solcher Rahmen hält Jahrzehnte.

Urbanbikes sind die passenden Räder für den Alltag. Trotz ihrer Sportlichkeit erfüllen sie die volle Funktionalität für die Anforderungen in der Stadt. Sie haben ein geringes Gesamtgewicht, eine agile Geometrie und leichte Laufräder. Dadurch lassen sie sich leicht beschleunigen und dynamisch durch das Großstadt-Gedränge bewegen. Das Spektrum reicht vom klassischen Tiefeinsteiger-Rad über minimalistische und aufwändige Bikes bis hin zu robusten Rädern an der Schwelle zum Transportfahrrad. Wer ein solches Rad sucht, sollte vor allem die Wege betrachten, die damit zurückgelegt werden. Auch Länge, Beschaffenheit und Verkehrssituation und Einsatzzweck spielen dabei eine wichtige Rolle. Wer schnell und sicher zur Arbeit möchte, greift am besten zu minimalistischen Urbanbikes.

  • Warum E-Bikes immer beliebter werden

  • Faltbare Räder – Fahrrad-Origami nur in unkompliziert

  • Gravelbikes im Test: Offroad

  • Fahrradtypen Übersicht

  • Joachim Göres: Große Freiheit auf drei Rädern. In: Süddeutsche Zeitung (8./9.5.2022), S. 46.

  • Alexandra Kraft: Fahrrad, E-Bike oder Bus und Bahn? In: stern (30.9.2021), S. 80.

  • Dominik Prantl und Hans Gasser: Radler, Typen, Velosophen. In: Süddeutsche Zeitung (13.10.2022), S. 37.

  • Andreas Remien: Abgeschaltet. In: Süddeutsche Zeitung (17./18.4.20219, S. 46.

  • Marco Völklein: Aus dem akku kommt die Kraft. In: Süddeutsche Zeitung (30./31.10.2022), S. 46.

  • Marco Völklein: E-Bike mit eingebautem Ohrwurm. In: Süddeutsche Zeitung (5./6.3.2022), S. 55.

  • Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. SpringerGabler Verlag. Heidelberg, Berlin 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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