v.l.n.r.: Armin Keller, Nathalie Bizer und Dominic Claß - Mader GmbH & Co. KG

Nachhaltige Druckluftkonzepte in der Verpackungsproduktion

Beim Thema Verpackungen wird im Kontext der Nachhaltigkeit vor allem an Alternativen bei der Entsorgung und neuen innovativen Konzepten wie Wiederverwendung durch Recycling, Plastikvermeidung oder Einsatz von biologisch abbaubarem Verpackungsmaterial gedacht. Bereits 1946 führte die Gebr. Knauer GmbH + Co. KG den Offsetdruck für Kartonverpackungen ein und erweiterte in den 50er Jahren seine Verarbeitungsmöglichkeiten um die Wellpappenkaschierung. Bis heute gilt das Dettinger Unternehmen, das seit 1928 besteht, als Experte für hochwertige Verpackungen und Verkaufsdisplays aller Art – auch innerhalb der Kolb Unternehmensgruppe, zu der es seit 2014 gehört. „Das Besondere ist, dass wir die Wellpappe für unsere Verpackungslösungen selbst herstellen können und mittels Inline-Kaschierung bis zum fertigen Produkt weiterverarbeiten“, sagt Diplom-Ingenieur Armin Keller, der seit 2014 gemeinsam mit Dr. Bernhard Ruffing als Geschäftsführer das Unternehmen leitet und seine Laufbahn bei Knauer 1993 als Assistent der Betriebsleitung begann.

Das alles sind sehr „offensichtliche“ Themen – weniger vordergründig, aber ebenso wichtig ist in diesem Bereich Druckluft, die in fast jedem Prozessschritt benötigt wird. „Ohne Druckluft steht die Produktion still. Schon bei einem Druckabfall stehen die Maschinen“, sagt Keller. Gearbeitet wird im Drei-Schicht-Betrieb (volle Auslastung). Täglich werden zwischen 300 und 400 Fertigwaren-Paletten produziert. „Da lässt sich leicht ausrechnen, dass ein Ausfall der Maschinen beträchtliche Folgekosten nach sich zieht.“ Druckluft wird hier in fast allen Produktionsanlagen eingesetzt, bei denen Pneumatikzylinder Maschinenteile bewegen, die Membranpumpen in Leimsystemen betrieben werden und für diverse Linearantriebe in den Produktionsanlagen.

Häufig gilt Druckluft als „Sorgenkind“ ist, weil sich darum kaum gekümmert wird, sagt Geschäftsführer Armin Keller, wenn er an die alte Druckluftanlage denkt. Sie sei eher „hemdsärmelig“ gewesen. Um den steigenden Produktionskapazitäten und dem damit einhergehenden Druckluftbedarf gerecht zu werden, wurden immer wieder Bestandteile ergänzt. Es kam wiederholt zu Problemen, und er hatte ein zunehmend ungutes Gefühl „beim Gedanken an die Kompressoren im Keller“. 2018 sollte eine Ersatzinvestition für eine Druckmaschine realisiert werden, doch es fehlte dafür erforderliche „Tauschplatz“ (es fehlte genügend Raum für den Aufbau der 9 mal 30 Meter großen Maschine). Für die neue Offsetdruckmaschine wurde deshalb eine neue Halle auf dem Firmengelände gebaut und die Druckluftanlage modernisiert. Es gab zuletzt beispielsweise immer wieder Probleme mit Wasser und Öl in den Druckluftleitungen. Deshalb wurde ein Ingenieurbüro damit beauftragt, die Optionen für eine Druckluftversorgung zu prüfen, Vorschläge für die Umsetzung auszuarbeiten und eine Ausschreibung zu starten.

„Wir versuchen uns nach Möglichkeit immer einen Eindruck vor Ort zu schaffen, um ein realistisches Angebot und die bestmögliche Lösung für den Kunden erarbeiten zu können“, sagt Nathalie Bizer, Leiterin des Bereichs Projektierung Drucklufttechnik bei Mader, die im Dezember 2018 bei Knauer vor Ort ist. Die Stromaufnahmemessung ergab einen erheblichen Leckageluftanteil. Deshalb wurde der Geschäftsführung und dem damaligen Instandhaltungsleiter zunächst empfohlen, Druckluftleckagen zu beseitigen. Auch wurde ein Alternativkonzept erarbeitet, „das zwei statt drei neuer Kompressoren vorsah und den Jüngsten der Bestandskompressoren als Redundanzanlage einbezog“, so die Wirtschaftsingenieurin. Armin Keller gefiel die Aussage „das könnte man besser machen“. Durch real ermittelte Daten aus der Verbrauchsmessung konnte Bizer nachweisen, warum ein Alternativkonzept mehr Sinn macht.

Seit 2019 unterstützt der süddeutsche Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader das Dettinger Unternehmen allumfassend bei der Modernisierung seiner „Druckluftkette“ und der Realisierung von Energieeinsparpotenzialen im gesamten Druckluftprozess. Ausschlaggebend für Armin Keller waren die Kompetenz, die regionale Nähe und die veranschlagten Kosten. Im ersten Schritt wurden eine professionelle Ortung und Beseitigung der gefundenen Druckluftleckagen durchgeführt. Inzwischen verfügt das Unternehmen über eine hochmoderne, effiziente Druckluftanlage, die mit den steigenden Anforderungen und dem Wachstum des Dettinger Unternehmens Schritt halten kann.

Für den neuen Standort der Druckluftanlage betraf das zum Beispiel die strengen Grenzwerte für Schallemissionen, die im Zuge der Planung eines neuen Wohngebiets in unmittelbarer Nähe definiert wurden. Tagsüber gilt am Standort ein Maximalwert von 55 Dezibel, nachts sogar nur 45 Dezibel. Die alte Druckluftanlage hatte diese Grenzwerte deutlich überschritten. Um das Problem zu lösen, wurden Schalldämpfer im Bereich der Zu- und Abluft verbaut und die Lüftungsanlage in U-Form geplant. „Der Projektstart war recht brenzlig. Wir hatten immer mehr Probleme mit den Kompressoren. Einen haben wir ‚verloren‘ und einer ist durch eine Fehlfunktion auf über 100 Grad überhitzt“, bemerkt Dominic Claß, der als Leiter Instandhaltung auch die Verantwortung für die Druckluftversorgung bei Knauer übernahm. Die Monteure von Mader übernahmen die komplette Druckluft-Verrohrung in der neuen Halle. Gemeinsam mit den sogenannten „AirXperten“, deren Arbeitsgebiet sich in die vier Bereiche Energieeffizienz, Drucklufttechnik, Pneumatik und Service gliedert. Dabei wird auf innovative, herstellerunabhängige Lösungen, digitale Tools und durchdachte Dienstleistungskonzepte gesetzt, die wirtschaftlich, prozesssicher und hochgradig energieeffizient sind.

  • Leckageortung und -beseitigung

  • Einsatz der elektrischen Kugelhähne

  • Abschaltung des Druckluftnetzes am Wochenende

  • Ersatz der Kompressoren durch moderne Geräte und deren effizientere Auslastung durch die zentrale Kompressorensteuerung

  • Wärmerückgewinnung im Kompressorraum

  • Einsatz bedarfsgerechter Kältetrockner.

Dass sich diese Maßnahmen gelohnt haben, zeigt sich auch finanziell: 10.000 € spart das Unternehmen jährlich dadurch ein. Bei der letzten Rezertifizierung des Umweltmanagements nach DIN EN ISO 14001 zeigte sich der TÜV-Beauftragte ebenfalls beeindruckt von den Energieeinsparpotenzialen, die im Zuge der Modernisierung realisiert wurden. Und die nächsten Maßnahmen sind bereits in Planung, denn: „Man kann immer noch was optimieren. Aus einem Projekt ergibt sich das nächste.“ (Dominic Claß)

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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