Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmens-DNA: Was bedeutet das?
Einzelmaßnahmen im Bereich Nachhaltigkeit machen noch kein erfolgreiches Unternehmen und zufriedene Mitarbeiter aus. Entscheidend ist die DNA. Dass der Unternehmer und Personalexperte Werner Neumüller häufig auf die Symbolik des Perlenketten-Molekül namens DNA (Desoxyribonukleinsäure) verweist und davon spricht, dass sich die gelebte Unternehmens-DNA („ehrlich, fleißig, nachhaltig“) seiner Unternehmensgruppe als Grundlage des unternehmerischen Handelns ableitet, ist kein Zufall.
Die Herstellung von Genen ist, ebenso wie ihre „Inbetriebnahme“, ein kooperatives „Unternehmen“. Gene (bzw. ihre DNA) benötigen, um sich zu verdoppeln und um abgelesen zu werden, eine Vielzahl von Helfermolekülen. Diese sind Eiweißstoffe (Proteine), zu deren Herstellung wiederum Gene benötigt werden. Sie funktionieren als biologische Kooperatoren und Kommunikatoren, ja können ihre Funktion nur im engen Zusammenspiel mit zahlreichen externen Faktoren wahrnehmen. Zur „Umwelt“ im Kontext der Gene gehört nach Ansicht des deutsche Molekularbiologen und Neurobiologen Joachim Bauer:
• die Situation innerhalb der jeweiligen Zellen
• die Situation des Körpers als Ganzes
• die aufgenommene Nahrung
• die ökologische Qualität unserer Lebenswelt
• unser Lebensstil
• die aktuelle zwischenmenschliche Situation.
Eine auf Kooperation aufgebaute Ordnung, die sich auch auf den Unternehmenskontext übertragen lässt, muss die Freiheit des Einzelnen bewahren sie Kreativität und Produktivität wirksam fördern – aber vor allem auch wirtschaftlich „funktionieren“. Damit ist die Ebene des Managements und die Unternehmenskultur angesprochen, die nicht in männlich oder weiblich unterteilt ist, sondern überall gleich oder sehr ähnlich sein muss, weil eine Kultur der Leistung, der Professionalität und der Effektivität - die der Managementexperte Fredmund Malik „Kulturwerte des Funktionierens“ nennt - sonst nicht möglich ist. Effektivität ist das Fundament des Erfolges (klüger arbeiten statt mehr vom selben), das sich richtigem Management verdankt, dessen Aufgabe es ist, „Ressourcen in Resultate umzuwandeln“. Zu den zentralen Kulturbestandteilen, die nicht verordnet, sondern nur von innen gelebt werden können, gehören für Werner Neumüller Wertschätzung, Offenheit, Zuverlässigkeit und Mitbestimmung.
Auch Achtsamkeit ist für Neumüller ein entscheidender Faktor, denn die daraus resultierende Fähigkeit zu lernen und sich anzupassen macht Unternehmen langlebig, stärkt den inneren Zusammenhalt und die eigene Identität. Außerdem eint viele erfolgreiche Unternehmen eine nachhaltige Finanzpolitik, welche die Einflussmöglichkeit des Unternehmens auf das eigene Wachstum stärkt. Wer als Unternehmer aber nur auf ungebremstes Wachstum setzt, verursacht Schäden im „Erbgut“ gesunder Zellen des Unternehmens - dann können die normalen Reparaturmechanismen versagen. Bei unbehandelten Krankheitsverläufen führt das invasive Wachstum des Tumors innerhalb kurzer Zeit zum Tod. So sterben auch Unternehmen, wenn Nachhaltigkeit nicht Teil ihrer DNA ist.
Joachim Bauer: Prinzip Menschlichkeit. Warum wir von Natur aus kooperieren. Heyne Verlag, München 2006.
Werner Neumüller: Das resiliente Unternehmen im Mittelstand. Am Beispiel der Neumüller Unternehmensgruppe. In: Zukunftsvision Deutschland. Innovation für Fortschritt und Wohlstand. Hg. Marion A. Weissenberger-Eibl. SpringerGabler Verlag, Berlin Heidelberg 2019, S. 97-111.
Visionäre von heute – Gestalter von morgen. Inspirationen und Impulse für Unternehmer. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Neumüller. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2018.