Bauunternehmer Matthias Krieger - Krieger + Schramm

Nachhaltigkeit in der Bauwirtschaft: Warum Kundenpflege eine unverzichtbare strategische Aufgabe ist

Interview mit dem Bauunternehmer, Stifter und Autor Matthias Krieger

Herr Krieger, was verstehen Sie unter dem Begriff „Kundenbeziehungsmanagement“?

Kunden zu Fans machen - dieses Kundenbeziehungsmanagement haben wir als Unternehmenswert „Wir leisten 100% + 1%“ festgeschrieben. Es basiert auf folgenden Faktoren:

Erstens: Die Kundenbegeisterungstreppe baut einen Spannungsbogen vom Marketing über den Verkauf und die Bauphase bis hin zur Übergabe und Gewährleistung auf. Durch die einzelnen Stufen der Treppe wird der Kunde durch aufeinander folgende Maßnahmen so begeistert, dass er uns weiterempfiehlt. Als Highlight erhält jeder Kunde seinen eigenen Medaillensatz, der aus sechs verschiedenen Krieger + Schramm-Medaillen besteht, die beim Erreichen bestimmter Meilensteine übergeben werden.

Zweitens: Kundenbegeisterung in 10 Schritten: Wir haben 10 Verhaltensweisen aufgestellt, die uns helfen, durch den richtigen Umgang Begeisterung beim Kunden zu wecken.

Drittens: Das Kundenbegeisterungsprogramm beinhaltet zusätzliche Leistungen wie Empfänge, Vortragsveranstaltungen oder auch persönliche Glückwunschkarten.

Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht, und wie waren die Feedbacks?

Die Erfahrung und das Feedback haben gezeigt, dass wir unsere Kunden durch einen exzellenten Bauablauf noch mehr begeistern können. Wir müssen somit zunächst die 100% sicherstellen, damit das +1% unseres Kundenbegeisterungsprogramms Wirkung zeigt. Um die Kundenerwartungen zu 100% erfüllen zu können, wurde die Methode Blue Ocean Shift eingeführt.

Können Sie diese näher erläutern?

Wir bewegten uns ursprünglich als klassisches Bauunternehmen in einem „roten Ozean“, d.h. einem Umfeld mit einem scharfen, preisgetriebenen Wettbewerb - insbesondere bei öffentlichen Ausschreibungen. Bereits vor über zehn Jahren haben wir uns daher entschlossen, den Markt des Geschosswohnungsbaus als Bauträger im gehobenen Segment zu bedienen. Wir haben damit unsere Wertschöpfungskette verbreitert und eigenen Gestaltungsspielraum gewonnen (Kundenbegeisterung, EKS, Fokussierung auf bestimmte Regionen und Zielgruppen). Es geht um das Schaffen eines echten Kundennutzens, von Alleinstellungsmerkmalen und der klaren Positionierung im Markt.

Nur durch eine Fokussierung auf einen speziellen Markt konnten wir unsere (ambitionierten) Ziele in der Vergangenheit erreichen. Die klare strategische Ausrichtung hilft uns allen, unsere Vision nicht aus den Augen zu verlieren. Wir fokussieren uns ganz klar auf unsere Schlüsselziele, binden all unsere Mitunternehmer ein und arbeiten hart, aber mit Freude für das Erreichen.

In einem Markt kurzfristig erfolgreich zu sein, ist relativ einfach. Die Herausforderung besteht in der nachhaltigen Etablierung …

Dafür ist die Maximierung des Kundennutzens entscheidend. Wird dieser herausgearbeitet und erfolgreich umgesetzt, ist das nur die „halbe Miete“. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kommunikation des Nutzens ebenso eine Herausforderung darstellt: Wie und wann erreiche ich den Kunden am besten, was ist ihm wirklich wichtig? Diese und viele weitere Fragen stellen wir unseren Kunden und auch Nichtkunden, um herauszufinden, wie sie „ticken“, und uns besser auf sie einzustellen. Es ist extrem wichtig, auf seine Kunden zu hören und diese Impulse aufzunehmen und umzusetzen.

Wie wurde die Methode bei Ihnen erarbeitet?

Wir haben sie im Rahmen von mehreren Workshops mit unseren Mitunternehmern aus verschiedenen Bereichen aus Sicht der Bauträger-Kunden und Grundstücksverkäufern erarbeitet. Zum einen wurden Pain Points, die den Kundennutzen behindern, und zum anderen neue Nutzenräume, die wir besetzen müssen, beschrieben. Wir wenden die Erkenntnisse aus der BOS-Analyse für die K+S Gesamtstrategie und für zukünftige K+S Bauträger-Projekte an. Die Maßnahmen sind in unseren Leitzielen niedergeschrieben.

Welche Bedeutung hat für Sie die Kundenzufriedenheit, und wie wird sie ermittelt?

Die Kundenzufriedenheit ist eine der wichtigsten Schlüsselindikatoren für uns, denn sie spiegelt die Zufriedenheit der Kunden mit unserer Arbeit wider. Sie wird daher konsequent gemessen. Der ambitionierte Zielwert (besser als 1,5) wurde in den letzten Jahren erreicht bzw. übertroffen. Unsere Kunden haben zweimal die Chance, uns über einen Fragebogen zu bewerten. Zum einen nach der Unterzeichnung des Notarvertrages, zum anderen nach der Übergabe der Immobilie. Mit Hilfe unserer Unternehmenssoftware werden die Bewertungen zusammengetragen und an die Projektbeteiligten verteilt. Bei einer Bewertung mit der Note schlechter 1,5 werden gezielt Maßnahmen zur Gewährleitung einer dauerhaft hohen Kundenzufriedenheit eingeleitet.

Ihr K + S Empfehlungsmanagement wird bei Ihnen aktiv gelebt und ist auch Bestandteil jedes Einarbeitungsplans. Inwiefern ist die Empfehlungsquote ein Schlüsselindikator für nachhaltigen Erfolg?

Sie misst, welcher Anteil der Verkäufe über Empfehlungen entsteht. Der ambitionierte Zielwert von 25 % wurde in den letzten drei Jahren nur in 2017 (knapp) nicht erreicht. Hinweis: Die die meisten Organisationen fragen nur die hypothetische Weiterempfehlungsbereitschaft ab ("Würden Sie uns weiterempfehlen?"), wir dagegen messen, ob uns die Kunden tatsächlich weiterempfohlen haben.

Wie überprüfen und bewerten Sie das Empfehlungsmanagement?

Es wird monatlich mithilfe einer Statistik überprüft, zudem besprechen wir diese in mehreren Teamrunden. Kontinuierliche Schulungen des gesamten Teams mit Rollenspielen und sogar eine 20-minütiges K+S Lehr-DVD zählen zu unseren größten Stärken. Daraus erhalten wir zahlreiche Chancen der Verbesserung.

Welche Bedeutung haben für Sie systematische Kundenbefragungen?

Mit systematischen Kundenbefragungen in verschiedenen Phasen des Prozesses erhalten wir wertvolles Feedback. Auch ausführliche Interviews mit den Kunden / Meinungsbildnern werden durchgeführt und ausgewertet. Die Kundenzufriedenheitsfragebögen und die enthaltenen Fragen werden regelmäßig von externen Coaches geprüft und entsprechend angepasst. Die Weiterentwicklung der EKS wird ebenso angestrebt. Die Methodik des BlueOcean Shift wird in Teilen integriert. Die Marktgestaltung erfolgt durch Kundenbegeisterung, eine Engpasskonzentrierte Strategie (EKS) und eine bewusste Fokussierung auf bestimmte Regionen und Zielgruppen. Dieser Ansatz wird im Rahmen der „Blue-Ocean-Strategie“ konsequent weiterverfolgt.

Wann erfolgt die Phase der EKS?

Unmittelbar nach der Grundstücksakquise. Hierbei werden auf der Grundlage der Marktanalyse und der Projektkenntnisse zuerst die Stärken und Schwächen analysiert. Aus den Hauptstärken heraus wird sodann die erfolgversprechendste Zielgruppe und die für diese Zielgruppe wichtigsten Projektmerkmale definiert. Die Beleuchtung von möglichen Kooperationspartnern und Zielgruppenbesitzern wird ebenso in der EKS bearbeitet wie ein für das weitere Marketing wichtiger und die Zielgruppe ansprechender Projektname. Darauf aufbauend schließt sich die Vorplanung, die Abstimmung mit Verwaltung und Bauämtern sowie die Analyse der Chancen für eine erfolgreiche Umsetzung an.

Ist diese Analyse positiv, beginnt die Phase der Planung, Baureifmachung sowie des Marketings und des Vertriebs als Einzelvertrieb oder als Verkauf an einen Investor. Die bauliche Realisierung des Projektes unter Einbeziehung der weiteren Geschäftsbereiche folgt nach einem definierten Vorvertrieb und der finanziellen Absicherung des Projektes. K+S hat damit die gesamte Wertschöpfungskette vom Design über die Produktion bis zum Vertrieb und der Errichtung in eigener Verantwortung.

Welche Rolle spielen in diesem Kontext Baupartnerbedürfnisse?

Wir pflegen mit allen an unseren Projekten beteiligten Baupartnern eine Kultur auf Augenhöhe. Dies haben wir in unserer Strategie und Wertekultur verankert. Dazu zählen wir im Besonderen Nachunternehmer, Lieferanten und Planungspartner. Das Feedback erhalten wir durch den ständigen Kontakt vor, während und nach der Projektumsetzung. Die Befragung der Bau- und Planungspartner erfolgte erstmalig in 2018 und wird künftig konsequent durchgeführt und ausgewertet.

Vielen Dank für das Gespräch.

Matthias Krieger, Jahrgang 1962, hat 1992 das vielfach ausgezeichnete Unternehmensgruppe Krieger + Schramm (K+S) gegründet. Er ist Unternehmer, Stifter, Autor und ehemaliger Leistungssportler. Für das Hochbauunternehmen mit Hauptsitz in Dingelstädt und Niederlassungen in Kassel, Frankfurt/Main, München und Berlin ist unternehmerischer Erfolg eng mit einer wertebasierten Unternehmenskultur verbunden, die Partnerschaft, Dialog, Transparenz und Leistung fördert. Als Referent, Stifter und Autor gibt Krieger seine jahrelange Erfahrung als Unternehmer und Leistungssportler weiter. Buchpublikationen: „Die Lösung bist Du! Was uns wirklich voranbringt“ (BusinessVillage Verlag 2011) und „Praxiswissen Eigentumswohnung: Was Sie vor dem Kauf einer Neubauwohnung wissen sollten“ (BusinessVillage Verlag 2020).

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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