Nachhaltigkeit in der Produktion: Warum die Bedeutung der Druckluft oft übersehen wird
Nachhaltig wirtschaften bedeutet nicht nur den verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und den eigenen Mitarbeitern, sondern auch eine Kommunikation, die die Stakeholder des Unternehmens ernst nimmt. Dabei müssen Denken, Reden und Tun identisch und in der Berichterstattung Voraussetzungen wie Transparenz und Nachvollziehbarkeit erfüllt sein. Aber Gedrucktes kann auch täuschen. Wirklich erkennen lässt sich die ehrliche Auseinandersetzung auch am Umgang mit scheinbar nebensächlichen Themen. Wer sie ernst nimmt, handelt auch im Großen richtig. Druckluft ist beispielsweise kein besonders attraktives Thema in der Nachhaltigkeitskommunikation. Die wenigsten wissen – auch im eigenen Unternehmen – etwas darüber. Und deshalb kommt es im Kontext der Nachhaltigkeit kaum vor. Auf Nachfrage bei Unternehmen, die sich auch als Vorreiter der Nachhaltigkeit präsentieren, heißt es oft: „Das Thema Druckluft ist für uns noch eher schwierig. Wir können nichts kommunizieren, weil wir uns leider verschlechtert haben. Das würden wir heute nicht ins Schaufenster stellen.“ Es wird nicht gefragt, wie sich das Unternehmen in diesem Bereich verbessern kann und nur das kommuniziert, was in die „Auslage“ passt.
Das war einer der Auslöser, in der 2. Auflage des Buches „CSR und Digitalisierung“ Beispiele aus dem Bereich Druckluft und Energieeffizienz zu sammeln, die für andere Unternehmen wegweisend sein können, wenn sie sich für das Thema öffnen. Der mittelständische Druckluft- und Pneumatikspezialist Mader gibt in mehreren Beiträgen einen Einblick in die praktische Umsetzung vor dem Hintergrund „nachhaltiger Digitalisierung“. Werner Landhäußer, Gesellschafter des Unternehmens, ist Mit-Herausgeber dies Bandes und auch des Vorgängerwerks „CSR und Energiewirtschaft“.
„Unter den aktuellen Eindrücken einer weltweiten Pandemie beschäftigen sich die Menschen einerseits verstärkt mit den Möglichkeiten der Digitalisierung, andererseits beobachten wir einen zunehmenden Fokus auf die Nachhaltigkeit von Produkten und der dahinterstehenden Unternehmen“, sagt Stefanie Kästle, Geschäftsführerin bei Mader. Sie selbst hat diese Themen gemeinsam mit ihren Geschäftsführerkollegen bereits seit Jahren fest im Blick. „Digitalisierung ist für uns kein Selbstzweck. Wir nutzen die Errungenschaften einer digitalen Welt, um unsere Unternehmensziele zu realisieren. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, ihre Druckluftkette sowohl versorgungssicher als auch energieeffizient aufzustellen. Die Digitalisierung macht das erst vollumfänglich möglich.“
In mehreren Beiträgen beschreiben Mitarbeitende des Unternehmens, wie Digitalisierung in der Praxis aussehen kann, aber auch welche Hürden zu bewältigen sind. Im Beitrag „Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Mittelstand“ erörtert Stefanie Kästle, wie Nachhaltigkeitsmanagement und Nachhaltigkeitsberichterstattung die Zukunftsfähigkeit einer Organisation stärken können. In „Ein Mittelständler digitalisiert sich – Von Erfolgen, Hürden und Nachhaltigkeit“ beschreibt Ulrike Böhm, welche Schritte der Druckluftspezialist konkret ging und geht, um den analogen Energieträger Druckluft in das digitale Zeitalter zu überführen. In „Druckluft 4.0 goes green: Herausforderungen, Chancen und innovative Lösungen am Beispiel der Mader GmbH & Co. KG“ beleuchten Stefanie Kästle und Werner Landhäußer die Chancen des Mittelstands in der Digitalisierung und wie sie genutzt werden können. Marina Griesinger beschreibt in „Energieeffizienz und Digitalisierung: Der Schlüssel zur erfolgreichen Erzeugung und Nutzung von Druckluft, wie Unternehmen ihre Druckluft „digitalisieren“ und so erhebliche Einsparpotenziale nutzen können. Als Vertreterin des Mader Spin-offs „LOOXR“ untersucht Helen Landhäußer in ihrem Beitrag „Plattformökonomie im B2B-Maschinen- und Anlagenbau – Analyse für ein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell“, wie der Maschinen- und Anlagenbau neue Geschäftsmodelle in Form von Plattformen entwickeln kann.
Dass in vielen Unternehmen eine gewisse „Passivität“ im Thema Druckluft vorherrscht, hängt nach Erfahrung der Experten insbesondere damit zusammen, dass die Druckluftkosten „gut versteckt“ in den Gemeinkosten sind und damit auch eine klare Verantwortlichkeit dafür fehlt. „Ebenso mangelt es an einer klaren „Beweisführung“ für die tatsächlichen Druckluftkosten und die nachweisbare Rentabilität von Energieeffizienzmaßnahmen“, schreibt Ulrike Böhm. Zudem werden Optimierungen und Nutzungsverbesserungen häufig entweder übersehen oder aus unterschiedlichsten Gründen nicht umgesetzt. Eines haben allerdings alle Hemmnisse gemeinsam: „Die Stromkosten haben den Charakter von Gemeinkosten – das verhindert Transparenz und Verantwortungsübernahme.“ (Stefanie Kästle und Werner Landhäußer)
Durch Energieaudits und Managementsysteme kann dies verhindert werden - das enorme Einsparpotenzial wird offensichtlich, und die Nutzer beginnen, darüber nachzudenken. Dass die Verbesserungsmöglichkeiten immer häufiger ausgeschöpft werden, gibt Anlass zur Hoffnung, dass das Thema Druckluft nun mehr in den Fokus der Nachhaltigkeitsdebatte rückt.
CSR und Digitalisierung. Der digitale Wandel als Chance und Herausforderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Hg. von Alexandra Hildebrandt und Werner Landhäußer. 2. Auflage. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2021.