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Nachhaltigkeit ist keine losgelöste Aufgabe im luftleeren Raum

Einige Unternehmen sind heute sehr schnell darin, Einzelmaßnahmen zu kommunizieren, aber unbeweglich, wenn es darum geht, Grundlagen für ein professionelles Nachhaltigkeitsmanagement zu schaffen. Es umfasst folgende Aspekte:

  • Situations- und Stakeholder-Analyse

  • Nachhaltigkeitsstrategie

  • Umsetzung und Maßnahmenkatalog

  • nachhaltige Kommunikation

  • Fortschrittskontrolle.

Zwar veröffentlichen immer mehr Unternehmen inzwischen Nachhaltigkeitsberichte (auch wenn nicht alle der Berichtspflicht unterliegen), aber einige erkennen nicht, dass die Berichterstattung nicht isoliert von der Unternehmensstrategie und der operativen Entscheidungsfindung erfolgen kann. Auch die Notwendigkeit eines Nachhaltigkeitsbeauftragten im Unternehmen wird hier nicht erkannt. Dieser sollte folgende fachliche Fähigkeiten mitbringen: Kenntnis Nachhaltigkeitsberichterstattung, Grundlagen Nachhaltigkeit (Standards, Siegel, Zertifikate, Richtlinien, Bestimmungen), Kenntnis des Unternehmens: Vernetzung und Abläufe, Kenntnis von Instrumenten zur Umsetzung von Nachhaltigkeit, Steuerung Nachhaltigkeitsprozesse, Netzwerke in Kommune / Region, strategisches Hintergrundwissen, Kenntnis des Umweltmanagements und ein Verständnis dafür, dass Nachhaltigkeit im Kerngeschäft zu verankern ist.

Unternehmen, die von Beginn an nachhaltig ausgerichtet sind, haben bereits eine eigene Abteilung Nachhaltigkeitsmanagement, die der Vorstand oder die Geschäftsführung für die praktische Umsetzung der Unternehmensphilosophie eingerichtet hat. „Ihre Aufgabe ist der Betrieb und die Überwachung unseres integrierten Managementsystems sowie die Beratung, Koordination und Unterstützung der Funktionsbereiche zu allen nachhaltigkeitsrelevanten Themen“, sagt Claudia Silber, die beim Öko-Pionier memo die Unternehmenskommunikation leitet. „In der Organisationsstruktur des Unternehmens ist das Nachhaltigkeitsmanagement als Stabsstelle direkt dem Vorstand unterstellt und gegenüber den einzelnen Funktionsbereichen organisatorisch unabhängig.“

Das Managementsystem gewährleistet die Umsetzung der in der Unternehmensphilosophie festgelegten Forderungen sowie die kontinuierliche Verbesserung unserer Prozesse und Tätigkeiten. Die einzelnen Schritte sollen dabei überschaubar gehalten werden, denn es geht „um die Annäherung an eine nachhaltige Wirtschafts- und Lebensweise, deren Leitbild sich im Laufe der Zeit stets weiterentwickelt und ständigen Veränderungen unterliegt“, so Silber. Fest verankert in allen Unternehmensbereichen ist das Managementsystem durch die aktive Teilnahme aller Mitarbeitenden. Im Rahmen halbjährlich stattfindender Audits mit den einzelnen Funktionsbereichen wird die Wirksamkeit und der Erfolg des Managementsystems überprüft. Sollten Abweichungen festgestellt werden, werden umgehend geeignete Verbesserungsmaßnahmen eingeleitet. Sin die Abweichungen sehr umfangreich, wird die Geschäftsleitung informiert. „Der Fokus unserer Audits liegt darin, aktuelle Problemstellungen gemeinsam zu diskutieren und geeignete Verbesserungsmaßnahmen zu definieren“, sagt die Kommunikationsexpertin, deren Funktionsbereich ebenfalls ein wesentliches Element des Managementsystems ist.

Jährlich wird eine Umwelt- und Klimabilanz erstellt, in der alle relevanten eingehenden Energie- und Stoffströme (Input) den ausgehenden (Output) gegenübergestellt werden. Bewertet werden diese über geeignete Kennzahlen. Am Jahresbeginn führt das Nachhaltigkeitsmanagement eine Managementbewertung durch und erstellt einen Systembewertungsbericht, der dem Vorstand zusammen mit der Umwelt- und Klimabilanz und wesentlichen Ergebnissen der Audits vorgestellt wird. Auf dieser Grundlage beurteilt der Vorstand die Zielerreichung und Funktionsfähigkeit des Managementsystems, identifiziert die wesentlichen Nachhaltigkeitsaspekte des Unternehmens und erstellt das Managementprogramm mit neuen Zielen und Maßnahmen. Der Systembewertungsbericht, die Umweltbilanz, Ziele und Maßnahmen werden allen Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt und gemeinsam diskutiert. So haben alle gleichermaßen die Möglichkeit, das Managementsystem aktiv mitzubestimmen (Quelle: memo Nachhaltigkeitsbericht 2021/22).

Leider regt sich in vielen Unternehmen häufig noch Widerstand, einen Bereich Nachhaltigkeitsmanagement einzurichten: Wer soll das übernehmen? Woher sollen wir die Zeit nehmen? Verkaufen wir dadurch mehr Produkte? Können wir mit einem solchen Thema Reichweite generieren? Das sind nur einige Fragen, die meistens aus dem Marketingbereich kommen, wo das Thema bei einigen Unternehmen nebenher „betreut“ wird. Einige Unternehmen haben zwar eine lange Historie, befinden sich aber in einem frühen Stadium, wenn es darum geht, wie sie die durch Transparenz ermöglichte Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsfunktionen und -prozesse integrieren sollen. Ohne ein klares Bekenntnis der Unternehmensführung und einen Nachhaltigkeitsbeauftragten wird es innerhalb der Organisation kaum möglich sein, den Rücken gerade zu machen und sich stark dafür einzusetzen, dass das Thema nicht kurzfristiger Umsatz- und Gewinnmaximierung zum Opfer fällt.

In vielen Fällen fehlt ein professionelles Nachhaltigkeitsmanagement. Dazu gehört, dass – wie bei der memo AG - die Geschäftsführung die Unternehmenspolitik, das Nachhaltigkeitsmanagement-Programm sowie Nachhaltigkeitsmanagement-Ziele verabschiedet und über personelle Mittel, finanzielle Mittel und Verantwortlichkeiten entscheidet. Die Funktionsbereiche sind für die Umsetzung (Nachhaltigkeitsprogramm, Nachhaltigkeitsziele und operative Maßnahmen) zuständig. Hier werden Nachhaltigkeitsdokumentationen, die Ökobilanz und der Nachhaltigkeitsbericht erstellt. An diesem Beispiel wird deutlich: Nachhaltigkeit ist keine losgelöste Aufgabe im luftleeren Raum, sondern gehört in die Gesamtstrategie von Unternehmen.

  • Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: CSR und Nachhaltigkeitsmanagement richtig umsetzen: Die wichtigsten Schritte und Werkzeuge - mit zahlreichen Praxistipps und Mustervorlagen. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.

  • Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. SpringerGabler Verlag, Berlin, Heidelberg 2020.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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