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Nachhaltigkeit to go: Warum auch immer mehr Unternehmen auf Mehrwegvarianten setzen

Mit dem Coffee to go-Boom war jahrelang eine Welle an Einwegbechern aus Papier verbunden, welche auf Grund ihrer Eigenschaften nur schwer nachhaltigen Entsorgungssystemen zuzuführen waren. Das Hauptproblem war allerdings nicht das verwendete Papier, sondern die Kunststoffbeschichtung auf der Innenseite, um die Becher dicht und lebensmittelsicher zu machen. Diese Beschichtung führte dazu, dass diese Becher nur der thermischen Entsorgung zugeführt werden konnten oder beim Wegwerfen in der Natur Plastikrückstände hinterließen. Heute kommen Heißgetränkebecher aus 100 Prozent Papier ohne jegliche Beschichtung aus - ohne dabei auf die Eigenschaften herkömmlicher beschichteter Becher verzichten zu müssen. Sie sind nach der Verwendung im Altpapier entsorgbar. Doch der Weg dorthin war beschwerlich. Das Dilemma mit der alten Kunststoffbeschichtung zeigte sich vor einigen Jahren auch beim Klubfußball in Deutschland.

Ein wesentlicher Faktor beim Abfallmanagement war und ist die Verpackung zum Getränkeausschank. Einige Vereine haben vor Jahren von Mehrweg- auf Einwegbecher umgestellt. Sie setzten auf einen neuen und angeblich umweltfreundlichen Einwegbecher aus dem Biokunststoff Polymilchsäure (PLA), der meist auf Maisstärke basiert. Es war allerdings ein Desaster für alle, die es ernst mit dem Umweltschutz meinten. Zwar wurden fossile Ressourcen eingespart, allerdings schädigten der Anbau und die Verarbeitung von Nutzpflanzen Gewässer und Böden. Auch konnten in der Regel PLA-Becher nicht kompostiert, sondern mussten verbrannt werden. Im Falle einer Kompostierung dieser Becher wurden weder Nährstoffe freigesetzt noch Humus aufgebaut. Diese Einwegbecher sind Mehrwegbechern also gesamtökologisch deutlich unterlegen. Das belegte damals auch eine internationale Ökobilanzstudie des Darmstädter Öko-Institutes, des Österreichischen Ökoinstitutes sowie der Carbotech AG. Ein ernst gemeintes Abfallmanagement kann deshalb nur mit dem Einsatz von Mehrwegbechern funktionieren.

• Die Rohstoffe Erdöl und Wasser sowie die Energie zur Herstellung von Einwegbechern können durch die mehrmalige Nutzung eines Mehrwegbechers eingespart werden.

• Sie sind bereits nach fünfmaligem Einsatz umweltfreundlicher als Einwegbecher – egal ob aus Mais oder Rohöl.

• Im Durchschnitt werden unbedruckte Mehrwegbecher 41 Mal wiederbefüllt.

Im Stadion des SV Rödinghausen im ostwestfälischen Kreis Herford in Nordrhein-Westfalen, werden nur Mehrwegbecher mit einem Euro Pfand ausgegeben. Für einige Fans, die ihren Becher an der Ausgabe nicht wieder abgeben möchten, gibt es spezielle orangefarbene Mülltonnen für die Becher. Für jeden, der in die Tonne geworfen wird, wird dann ein Euro an eine gemeinnützige Organisation oder einen Verein gespendet. In einigen Geschäften und Kaffeehaus-Ketten gibt es sogar einen Rabatt, wenn der eigene Becher mitgebracht wird: „Coffee to go again.“ Einige Städte haben übergreifende Pfand-Systeme für Mehrweg-Kaffeebecher eingeführt.

Es ist den Geschäften überlassen, wie sie dies umsetzen, ob sie sich zum Beispiel an einem der bestehenden Mehrwegpoolsysteme beteiligen wie dem To-go-Becher mit dem Blauen Engel. Einwegbecher oder Behälter bleiben jedoch nach wie vor möglich. Von der Pflicht zur Mehrwegvariante ausgenommen sind kleine Betriebe mit weniger als 80 Quadratmetern Ladenfläche, nicht aber Verkaufsstellen von großen Ketten. Ziel des neuen Gesetzentwurfes aus dem Umweltministerium ist es, den Ressourcenverbrauch zu verringern, die Recyclingquoten zu erhöhen und die Menge an Plastikabfall zu senken.

Das ist auch das Ziel von nachhaltig ausgerichteten Unternehmen: In ihrer Cafeteria hat die Versicherungsgruppe Barmenia beispielsweise mit einem Pfandsystem für Mehrwegbecher den Müll aus Coffee-to-go-Bechern schon vor einigen Jahren drastisch reduziert. Obwohl in der dortigen Cafeteria von Beginn an Porzellantassen für den Gebrauch vor Ort eingesetzt wurden, stieg der Verbrauch jährlich auf 120.000 Pappbecher. Das Pfandsystem wurde deshalb bereits im August 2016 eingeführt. Aus Servicegründen wurden auch noch Pappbecher angeboten. Dann war das Getränk aber 10 Cent teurer. Die Corona-Pandemie führte dazu, dass sich Unternehmen noch intensiver mit dieser Thematik beschäftigten.

„Wir alle haben inzwischen gelernt, auf veränderte Rahmenbedingungen schnell zu reagieren und immer das Beste aus der neuen Situation zu machen. Trotz der Schließung unseres Betriebsrestaurants sind wir glücklich, dass wir mit unserem Caterer Genuss & Harmonie ein abwechslungsreiches To go-Konzept entwickelt haben: Die Mitarbeiter*innen können Salate, Backwaren, Suppen und täglich wechselnde Hauptgerichte abholen und diese im Büro oder an der frischen Luft verzehren. Allerdings stellte uns die gesunde, frische Stärkung zum Mitnehmen vor die nächste Herausforderung: Wie können wir Massen an Verpackungsmüll vermeiden? Welche nachhaltigen Alternativen gibt es zu Styroporboxen und Plastikbesteck? Wir haben uns gemeinsam für ein hochwertiges To go-Geschirr aus 100% natürlichem Palmblatt entschieden. Die Palmblätter werden getrocknet, gepresst und können so verschiedenste Tellerformen annehmen. Als Alternative zum Plastikbesteck nutzen wir Messer, Gabeln und Löffel aus Holz. Beide Materialien sind vollständig biologisch abbaubar und obendrein schaut das Essen super appetitlich aus."

Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.

Gisela Rehm: Aufstieg der Kleinen. In: CSR und Sportmanagement. Jenseits von Sieg und Niederlage: Sport als gesellschaftliche Aufgabe verstehen und umsetzen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. 2. Auflage. SpringerGabler Verlag, Heidelberg, Berlin 2019, S. 283-287.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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