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Nachhaltigkeitsorientiertes Risikomanagement: Worauf Unternehmen achten sollten

Warum wir Risikokompetenz brauchen

Richtige Entscheidungen erfordern die richtigen Schlüsse aus vorhandenen Informationen. Dazu braucht es vor allem Risikokompetenz, die Fähigkeit, Kopf und Bauch gleichermaßen nachhaltig zu nutzen. Statisches Denken ist dabei ebenso wichtig wie heuristisches Denken (die Anwendung von intelligenten Faustregeln beim Entscheiden). Der Immobilienexperte und Autor Matthias Krieger verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ (englischer Originaltitel: Thinking, Fast and Slow) von Daniel Kahneman, das seine häufig gemeinsam mit Amos Tversky durchgeführten Forschungen zusammenfasst. Unterschieden wird zwischen dem schnellen, instinktiven und emotionalen Denken und dem langsameren Durchdenken. Beides – Bauch und Kopf – ist für den Unternehmer Matthias Krieger untrennbar miteinander verbunden. Risikokompetenz ist eine wichtige Basis für nachhaltigkeitsorientiertes Risikomanagement. Es stellt sicher, dass ökonomische, ökologische und soziale Faktoren gleichermaßen im Entscheidungsprozess berücksichtigt werden, denn der Wert von Unternehmen bemisst sich heute nicht mehr nur nach finanziellen Leistungsindikatoren. Zu ihren größten Herausforderungen gehören:

Global: Klimawandel, Naturkatastrophen, Pandemien, Wirtschafts- und Schuldenkrise, technischer Fortschritt, Krieg und Terror, Wasser- und Nahrungsknappheit, Gesundheitsrisiken, Social Media, Demografie und Migration, soziale Ungleichheit

Europäisch: Energieversorgung, EU-Emissionshandel

National: Regenerative Energien, geschärftes Konsumentenbewusstsein, Bildungszugänge, Demografie und Migration, soziale Ungleichheit

Landesebene: Ausgestaltung nationaler Vorgaben

Kommunal: Lokale Energie- und Verkehrskonzepte, Bauplanung etc.

Was branchenübergreifend zu beachten ist und welche Hürden es zu überwinden gilt, lässt sich am Beispiel der Unternehmensgruppe Krieger + Schramm www.krieger-schramm.de zeigen: Im Januar 1992 nahm die „Krieger und Schramm GmbH & Co. KG Bauunternehmen“ ihre Geschäftstätigkeit als klassisches Bauunternehmen auf. Gegründet wurde das Unternehmen von den Diplom-Bauingenieuren Matthias Krieger und Michael Schramm, der 2007 ausschied. Wolfgang Barthel und Tobias Funke ersetzen ihn als Kommanditisten. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Dingelstädt hat Niederlassungen in Kassel und Frankfurt sowie Tochterfirmen in Berlin und München. Als klassisches Bauunternehmen bewegte sich die Gesellschaft in einem Umfeld mit einem scharfen, preisgetriebenen Wettbewerb – vor allem bei öffentlichen Ausschreibungen. Vor diesem Hintergrund erfolgte die richtungsweisende Entscheidung, das Marktsegment des Geschosswohnungsbaus als Bauträger im gehobenen Segment zu bedienen. Die Gesellschaft konnte damit seine Wertschöpfungskette verbreitern und hat einen viel höheren Gestaltungsspielraum gewonnen.

Nur wer seine Risiken kennt und kalkuliert, kann sie erfolgreich managen

Die Verantwortlichen des Unternehmens sind sich der Risiken ihres Geschäftsmodells bewusst und managen diese deshalb kontinuierlich. Ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Risiken werden hier jeweils unterteilt in Bezug zu:

KUNDE - hohe Erwartungshaltung, Marktveränderungen, Zinserhöhungen, negative Kundenbewertungen, Grundstücksakquise (überteuerte Grundstücke etc.), schleppende Bearbeitung durch öffentliche Hand, Entmietung von Bestandsgebäuden, steigende (Bau)Kosten bei weniger stark steigenden V-Preisen, investorenunfreundliche Politik, Energiewende

TEAM/MITARBEITER - ungewollte Fluktuation, Arbeitnehmermarkt, hohe (Fix)Investitionen mit langfristigem Effekt

QUALITÄT - Baupartner-Markt, Vorlaufzeiten, politische Unwägbarkeiten,

SICHERHEIT/FINANZEN - hoher EK-Bedarf, Euro, Zinsen, Grundstücksangebot und –preise, allg. Wirtschaftskrise, höhere Kreditvergabestandards, politische Unwägbarkeiten

Derzeit wird auch ein besonderes Augenmerk auf die IT-Risiken gelegt, da generell deutlich an Bedeutung gewonnen haben. Die Verfahrensanweisung beschreibt das Risikomanagementsystem, mit dem die den Fortbestand des Unternehmens gefährdenden Entwicklungen frühzeitig aufgedeckt werden sollen. Die Risikobewertung erfolgt größtenteils anhand der Eintrittswahrscheinlichkeit und der Schadenshöhe. Es werden aber auch qualitative Risiken wie Mitarbeiterzufriedenheit, Verhalten der Wettbewerber und Branchenentwicklung berücksichtigt.

Definierte Kennzahlen und Checklisten bilden die Grundlage für das K + S Risikomanagement.

Es ist unterteilt in:

• allgemeine Unternehmensrisiken (jährliche Überprüfung)

• operative Risiken (monatliche Überprüfung)

• Bauträgerrisiken (quartalsweise Überprüfung).

Die Identifikation der operativen Risiken beginnt mit der Kalkulation über die Vertragsverhandlung während der Bauphase bis hin zum Projektabschluss. Im Rahmen des laufenden Berichtswesens wird die Geschäftsleitung über die wesentlichen Risiken und auch Chancen informiert. Die Risiko- bzw. Chancenermittlung erfolgt mit Hilfe von Checklisten (Formblätter). Auf der Projektebene werden schon im Rahmen der Ankaufsprüfung die wesentlichen Projektrisiken betrachtet und bei der Entscheidung angemessen berücksichtigt. In den Quartalsberichten werden alle Projektrisiken für jedes Projekt bewertet und dokumentiert, so dass ein kontinuierliches Risikomonitoring gewährleistet ist. Bei wesentlichen Ereignissen erfolgt eine Ad-hoc-Berichterstattung an die Geschäftsführung.

Auf Unternehmensebene werden die Risiken, die nicht in den Projekten liegen (z. B. Zinsrisiken, Finanzierungsrisiken) aufmerksam beobachtet und in der integrierten Gesamtplanung angemessen berücksichtigt. Versicherbare Risiken werden gemeinsam mit dem Versicherungsmakler (Mesterheide-Gruppe) identifiziert und eingedeckt. Der Versicherungsschutz wird mindestens alle fünf Jahre durch einen unabhängigen Makler überprüft. Es gibt ein ganzheitliches Risikomanagement, einen „Notfall-Koffer“ mit allen Informationen zur Weiterführung der Geschäfte sowie ein IT-Notfall-Handbuch. Künftig soll in der intergierten Gesamtplanung eine Szenarioanalyse durchgeführt werden, um so auch das Zusammentreffen des Eintritts mehrerer Risiken bei verschiedenen Projekten simulieren zu können.

Die Schritte im Risikomanagement sind vergleichbar mit denen des Nachhaltigkeitsmanagements: Dabei geht es zuerst um die Festlegungen von Zielen auf Basis der Definition von Strategie, die Definition von Werttreibern oder kritische Erfolgsfaktoren zur Erreichung von Zielen, Festlegung einer Risikomanagementstrategie, Identifikation und Bewältigung von Risiken, Steuerung der Risikoabwehr, Monitoring (Früherkennung) sowie Strukturierung und Dokumentation in einem Risikomanagementsystem.

Weiterführende Informationen:

Daniel Kahneman: Schnelles Denken, Langsames Denken. Aus dem amerikanischen Englisch von Thorsten Schmidt. Siedler Verlag, München 2012.

Matthias Krieger: Praxiswissen Eigentumswohnung: Was Sie vor dem Kauf einer Neubauwohnung wissen sollten. BusinessVillage Verlag, Göttingen 2020.

Matthias Krieger: Die Lösung bist Du! Was uns wirklich voranbringt. BusinessVillage Verlag, Göttingen 2011.

Dr. Alexandra Hildebrandt schreibt über Wirtschaft & Management, Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Internet & Technologie

Als Publizistin, Herausgeberin, Bloggerin und Nachhaltigkeitsexpertin widme ich mich den Kernthemen Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Beim Verlag SpringerGabler habe ich die CSR-Bände zu Digitalisierung, Energiewirtschaft und Sportmanagement herausgegeben sowie "Klimawandel in der Wirtschaft".

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