Laut Forsa-Umfrage machen wir uns besonders mit einer Denkweise den größten Stress im Job. - Foto: Pexels, Olly

Neue Forsa-Umfrage: Wer der größte Stresstreiber ist und was dagegen hilft

Was stresst Mitarbeiter am meisten? Eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse KKH zeigt, dass für Berufstätige der größte Stressor in ihnen selbst liegt: Es ist ihr eigener Perfektionismus. Und dies gilt mit 65 Prozent für rund zwei Drittel aller Befragten! Ein Ergebnis, dass sich übrigens mit dem deckt, was Teilnehmer meiner Trainings für Stressmanagement und Resilienz (Innere Widerstandskraft) von sich selbst sagen. Auf Platz 2 landete, sehr dicht hinter Perfektionismus, der Stressor Zeitdruck mit 62 Prozent.

Perfektionismus ist also der größte Stressor: Das klingt zunächst bedrückend, weil man sich ja wünschen würde, dass man gut für sich sorgt, statt sich die Arbeit und das Leben schwerer zu machen. Doch es hat auch etwas Gutes: Wenn ein so großer Stressor in uns selbst liegt, ist das gleichzeitig ein starker Hebel, um für positive Veränderungen zu sorgen. Denn auf unser eigenes Denken und Handeln haben wir Einfluss. Gleichzeitig bleibt die Frage berechtigt, was im Unternehmen möglicherweise einen ungesunden Perfektionismus fördert. Doch auf diesen Aspekt hat der Betroffene deutlich weniger Einfluss.

„Zwischen dem äußeren Stimulus und unserer Reaktion gibt es Raum“
Psychiater und Neurologe Victor Frankl

„Zwischen dem äußeren Stimulus und unserer Reaktion gibt es Raum“, sagt Victor Frankl, einer der Väter der modernen Resilienzforschung. Sie untersucht, was uns innere Stärke gibt. „Dieser Raum gibt uns die Möglichkeit, unsere Reaktion bewusst zu wählen“, so Frankl. Im Arbeitsalltag bedeutet dies: Wir müssen nicht automatisch reagieren auf alle Anforderungen von außen – wir haben Einfluss auf unsere Reaktion. Und damit ist tatsächlich auch der zeitliche Faktor gemeint: Wer nicht sofort reagiert – in diesem Fall, mit voller Power und perfektionistisch an die Aufgabe gehen – der kann den eigenen Einsatz bewusst angemessen dosieren.

Perfektionismus ist veränderbar. Wir sind nicht als Perfektionisten geboren und bis ans Ende unserer Tage verdammt, es auch zu bleiben. Rund 50 Prozent von jedem der wesentlichen Charakteristika eines Menschen sind genetisch bedingt, die anderen 50 Prozent sind veränderbar.

Perfektionismus ist ein zweischneidiges Schwert

Natürlich ist Perfektionismus nicht nur schlecht, sondern ein zweischneidiges Schwert. Hat er gesunde Grenzen, kann er uns zu top Leistungen anspornen. Wenn diese gesunden Grenzen aber fehlen, gibt eben auch diese destruktive Seite im Perfektionismus. Sie kann enormen Druck aufbauen und Kraft kosten. Sie kann sogar zu schlechten Ergebnissen führen. Nämlich dann, wenn vor lauter Stress, der verstandesmäßige Bereich unseres Gehirns nicht mehr gut funktioniert und Ängste und Sorgen die Regie übernehmen. Oder wenn zu viele Aufgaben übernommen werden und die Energie eben nicht reicht, um alles top zu erledigen.

Erfolg hat nichts mit Perfektion zu tun
Michelle Obama

„Erfolg hat nichts mit Perfektion zu tun“, hat Michelle Obama bei einem Event jungen Mädchen mit auf den Weg gegeben. „Hör auf dir Sorgen zu machen. Mach Fehler. Lern aus deinen Fehlern und mach weiter!“, sagte Flotus. Dafür ist eine gesunde innere (Mitarbeiter) und äußere (Führungskräfte, Unternehmen) Fehlerkultur nötig. Die innere Fehlerkultur zu verändern, ist für den Einzelnen der größere Hebel, weil er hier am meisten Einfluss hat.

Glaubenssatz: "Ich muss perfekt sein"

Dasselbe gilt für die inneren Überzeugungen und Glaubenssätze. „Ich darf keine Fehler machen“ und „Ich muss immer perfekt sein“ wären Glaubenssätze, die viel Druck aufbauen und Kraft kosten. Verändere deine Glaubenssätze so, dass sie dir Kraft geben, statt sie zu rauben. Beispiele dafür findest du unten.

Drittgrößter Stresstreiber: Erwartungen anderer

Frage dich, was hinter deinen kraftzehrenden Glaubenssätzen stehen kann. Oft sind es Versagensängste und die häufig vermuteten hohen Erwartungen von Kollegen und Vorgesetzten. In der Forsa-Umfrage waren die Erwartungen von anderen auf dem dritten Platz (40 %) der Stressauslöser. Mache dir deshalb bewusst, wie gut du meist in deinem Job bist, welche Erfolge du schon feiern konntest. Und überprüfe die tatsächliche Erwartungshaltung von außen.

Tipps gegen Perfektionismus als größter Stresstreiber:

  • Mache dir immer wieder mal bewusst, welche Folgen ein ungesunder Perfektionismus hat: für deine Gesundheit, dein berufliches wie privates Umfeld und für deine Arbeitsergebnisse.

  • Schätze deine Kräfte realistisch ein. Für diese Selbstfürsorge brauchst du ruhige Momente, um überhaupt in dich hineinhören und -fühlen zu können. Sorge für diese ruhigen Momente zwischendurch.

  • Sei pragmatisch: Wenn dein Arbeitsvolumen zu hoch ist, ist es unmöglich alles perfekt abzuliefern. Manchmal sind deshalb 80 Prozent besser als 20 Prozent. Priorisiere entsprechend pragmatisch. Es kann erleichternd sein und sogar zu besseren Ergebnissen führen, wenn man "es auch mal gut sein lassen kann".

  • Überprüfe die tatsächliche Erwartungshaltung von Team und Vorgesetzten. Wenn du dir dabei unsicher bist, frage direkt.

  • Überprüfe deine Glaubenssätze. Sagt deine innere Stimme „Ich muss perfekt sein“, „Mache ich Fehler, enttäusche ich Kollegen und Vorgesetzte“, sorgt dies für enormen Stress. Du könntest diese Glaubenssätze z. B. verändern in: „Ich genüge“ oder „Ich bin wertvoll, unabhängig von meiner Leistung“.

  • Entwickle eine gesunde innere Fehlerkultur. Fehler sind Teil des Prozesses, ohne Fehler, gibt es keine Entwicklung. Sei mit dir mindestens so nachsichtig, wie du es mit anderen bist.

  • Sage öfter „nein“ und delegiere, wo es angemessen und möglich ist. Fällt dir das "Nein"-Sagen schwer, lege dir ruhig schon mal im Voraus einen Satz zurecht, z. B.: "Ich würde dich gern unterstützen, aber ich habe gerade keine freien Kapazitäten, um guten Gewissens eine zusätzliche Aufgabe zu übernehmen."

  • Überprüfe das Verhältniss von Job und Privatem: Führt dein beruflicher Perfektionismus zu einem Ungleichgewicht? Investiere in eine Balance all dessen, was dir im Leben wichtig ist.

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Dr. Kai Kaufmann schreibt über Stressmanagement, Resilienz, New Work, Gesundheit & Soziales

Dr. Kai Kaufmann war 15 Jahre als Führungskraft für Verlage tätig. Nach einem Burnout stellte er die Weichen für sein Leben neu. Heute unterstützt er als Trainer für Stressmanagement und Resilienz Unternehmen und ihre Mitarbeiter. Als Medical Writer publiziert er bis zu 30 Fachartikel jährlich.

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