Neuer Job – neues Glück? Warum das oft ein Trugschluss ist
Viele Menschen, die sich in ihrem Job unwohl fühlen, glauben, dass ein Stellenwechsel die Lösung ist. Doch oft stellt sich nach wenigen Monaten Ernüchterung ein.
Das ist besonders frustrierend, wenn man der festen Annahme war, dass man mit dem neuen Job genau das Richtige gefunden hätte. Noch verwirrender wird die Situation, wenn man in der neuen Stelle genau das bekommen hat, was in der alten fehlte: etwa ein kleineres Unternehmen und flachere Hierarchien. Natürlich fängt man da an, sich Fragen zu stellen: Was stimmt mit mir nicht? Habe ich möglicherweise falsche oder unrealistische Erwartungen?
Was steckt wirklich dahinter? Und wie erkennt man, ob ein Jobwechsel die richtige Maßnahme ist – oder ob es um etwas Grundlegenderes geht und eine tiefere Veränderung nötig ist?
Warum ein neuer Job oft nicht die Antwort ist
Wer seinen Job wechselt, ohne die eigentlichen, tieferen Ursachen seiner Unzufriedenheit zu hinterfragen, erlebt häufig eine unangenehme Überraschung: Der neue Job ist nicht besser, weil er nur anhand der oberflächlichen, vermeintlichen Kriterien überprüft wurde.
Wer etwa ein kleineres Unternehmen und flache Hierarchien sucht, sich aber tatsächlich mehr Wirksamkeit wünscht, stellt vielleicht fest, dass der direkte Draht zum Geschäftsführer kein Garant dafür ist, dass man mehr umsetzen kann. Ein Chef, der Veränderungen und Neuem gegenüber wenig aufgeschlossen ist, kann dies ebenfalls verhindern.
Es lohnt sich also, genau zu hinterfragen, welches Bedürfnis hinter der Unzufriedenheit steckt. Nur wenn das klar ist, kann man ein neues Angebot mit konkreten Fragen prüfen – etwa, welche Ideen in der letzten Zeit umgesetzt wurden und wie bisherige Entscheidungsprozesse abgelaufen sind.
Der Lebenslauf als Hinweis auf die wahre Herausforderung
Ein Blick auf den eigenen Lebenslauf kann aufschlussreich sein: Wer bereits mehrfach den Job gewechselt hat, ohne langfristig zufriedener zu sein, steckt möglicherweise in einem Muster fest und hat den Eindruck, dass es nirgendwo besser ist. Vielleicht wiederholen sich immer wieder die gleichen Themen wie etwa „fehlende Wertschätzung“, „zu wenig Gestaltungsspielraum“ oder „keine Sinnhaftigkeit“. Das deutet darauf hin, dass hier eine grundlegende Selbstanalyse und eventuell ein größerer Karriere-Umbruch ansteht.
Dann sprechen wir nicht mehr von einer üblichen „beruflichen Veränderung“, also einem Change, sondern von einer Transition. Der Unterschied ist wesentlich: Ein Change ist ein sichtbarer, äußerer Wechsel – ein neuer Job, eine neue Branche, ein anderes Unternehmen. Eine Transition geht tiefer: Sie bedeutet eine innere Veränderung, ein neues Verständnis für die eigenen beruflichen und persönlichen Bedürfnisse und geht mit einer Veränderung der eigenen Identität einher.
Und das lässt sich nicht einfach mit einem neuen Job erledigen.
Ein neuer Job oder doch eine andere Lösung?
Nur wer sich über sich selbst und seine Motive sowie die Bedürfnisse dahinter im Klaren ist, kann den Job finden, der zu ihm passt. Dann kann man auch den derzeitigen Job noch einmal neu bewerten und eine gute Entscheidungsgrundlage schaffen. Vielleicht stellt sich heraus, dass ein klärendes Gespräch oder ein paar machbare Veränderungen schon ausreichen, damit sich die Situation verbessert. Womöglich erkennt man auch, dass das, was man tatsächlich will, eher in einer Selbstständigkeit zu finden ist.
Wichtig ist, den Lebenslauf zu sehen als das, was er ist: als ein Abbild der Vergangenheit. Wenn man etwas ganz anderes will als bisher, weil man etwa feststellt, dass ein „Weiter-so“ nicht zu Zufriedenheit führt, lässt sich das nicht aus den bisherigen Berufsstationen ablesen. Die Frage ist: Was ist NOCH möglich?
Statt in den nächsten Job zu springen, lohnt es sich, die Neuorientierung bewusst zu gestalten. Das bedeutet: die eigenen Stärken, Werte und Interessen klar herauszuarbeiten, sich bewusst zu machen, in welchen Umfeldern man wirklich gut arbeiten und gleichzeitig einen großen Mehrwert beisteuern kann – und neue Wege wie Selbstständigkeit oder Portfolio-Karrieren in Betracht zu ziehen.
Nur wer sich über sich selbst und seine Motive sowie die Bedürfnisse dahinter im Klaren ist, kann den Job finden, der zu ihm passt.Sabine Votteler
Drei Test-Fragen für mehr Klarheit
Was macht mich unzufrieden und warum? Was stört mich ganz konkret: In der aktuellen Position und in der vorherigen? Ist es das Thema, sind es die Arbeitsinhalte, Tätigkeiten, geht es dabei um Menschen, mit denen ich zu tun habe, um Werte oder um sonstige Rahmenbedingungen?
Dann ist es ganz entscheidend, sich zu fragen: WARUM stören mich diese Dinge? Was liegt dahinter? Welche Bedürfnisse stecken dahinter, die nicht befriedigt werden? Und: Kann ich das in einem anderen Job bekommen?Welche Erwartungen hatte ich an den neuen Job? Auch mit dieser Frage kommt man dem näher, worum geht es tatsächlich geht: Mehr Entscheidungsfreiheit? Mehr Bedeutung, mehr Anerkennung oder Wertschätzung? Mehr bewegen? Mehr Sinnhaftigkeit?
Welche von all den Punkten wurden im vorherigen Job nicht erfüllt und sind auch jetzt im neuen nicht gegeben?Was hat sich verändert? Häufig haben sich Dinge im Umfeld verändert. Im Job. In der Firma. Vielleicht eine Umstrukturierung, vielleicht ist der Chef, von dem man eingestellt wurde, zwischenzeitlich weg, vielleicht wurde eine Aufgabe versprochen, die nun doch nicht zum Tragen kommt.
Vielleicht hat sich aber auch im eigenen Umfeld, bei dem Betroffenen selbst, etwas verändert. Das passiert oft in Phasen der Transition im Leben; etwa durch die Geburt des ersten Kindes oder in der Mitte des Lebens. Man glaubt, immer noch zu wissen, was man will und braucht – aber das ist überholt! Weil sich Prioritäten verändert haben und der vermeintlich ideale Job einfach nicht mehr passend ist.
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Dieser Artikel wurde zuerst im „Founders Magazin“ (Ausgabe 72) veröffentlicht.