Neurose, Krise, Krankheit?
Weder noch. Wie sich das Leben mit der Rente verändert und warum das nicht bedeutet, dass wir unzufrieden werden, erklärt der Psychotherapeut Klaus Gürtler.
In den kommenden zehn Jahren gehen in Deutschland mehr als sieben Millionen Menschen in Rente, das sind die Angehörigen der Generation „Babyboomer“, die zwischen 1955 und 1969 geboren wurden. Sie müssen etwas eigentlich nicht mehr tun, was die Generationen davor tun wollten: Träume nachholen. Denn sie haben vor der Rente nicht nur Karriere gemacht, sondern sind auch gereist, hatten oder haben Hobbys, engagieren sich in Ehrenämtern, sind eingebunden in Freundes- und Bekanntenkreise. Warum löst der Gedanke an den Übergang in die Rente bei so vielen Ängste aus und was für Ängste sind das?
Im Interview mit Psychologie Heute sagt der Psychotherapeut Klaus Gürtler, dass unseren Erwartungen in Bezug auf das Alter etwas Unrealistisches anhaftet: Entweder verbinden wir das Altern direkt mit der „Abschiebung ins Siechenheim“ oder wir sind geprägt von Bildern topfitter und stets strahlend optimistischer Älterer (Silver Ager), die zwischen Muskelaufbau, Anti-Demenztraining und kulturellen Aktivitäten noch alles rausholen, was geht. Beim Übergang in die Rente geht es aber um etwas anderes, meint Gürtler: Das Ende des Berufslebens sei eine Veränderung und daher gelte: „Es ist eine Frage der kognitiven und emotionalen Bewältigung.“ Man könne Veränderungen mit ihren Vorteilen, aber auch ihren Einschränkungen sehen. Diese Lebensphase sei Teil der Biografie, ähnlich wie die Pubertät, jedoch keine Krise, keine Neurose und keine Krankheit.
Manche glaubten, sie hätten in ihrem Leben vor der Rente Wichtiges versäumt, berichtet Gürtler. Sie werfen sich im Nachhinein vor, sie hätten sich nicht rechtzeitig von einer Partnerin getrennt oder beruflich einmal eine falsche Abzweigung genommen. Diese Angst, etwas verpasst zu haben, sei beim Übergang in die Rente oft zentraler als die, in der Zukunft etwas zu versäumen. Doch: „Unsere psychische Kapazität und Tragbarkeit sind begrenzt. Niemand kann alles erleben.“ An dieser Stelle sei es hilfreicher zu sehen, dass man zu bestimmten Zeiten Möglichkeiten gehabt haben mag, aber weder Zeit noch Kraft, alle umzusetzen.
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