Nicht jeder will ins Homeoffice: Warum Sinn und Zufriedenheit für viele wichtiger sind als das Gehalt
Ein Plädoyer gegen Überheblichkeit in der Debatte um Karrierewege.
„Jeder könnte doch …“ – dieser Satz fällt oft, wenn es um moderne, gut bezahlte Berufsbilder geht. Zum Beispiel: Jeder könnte doch einfach SaaS-Vertrieb machen. Aus dem Homeoffice heraus. Mit Workation, flexiblem Urlaub, sechsstelligen Jahresgehältern.
Und ja – theoretisch mag das für viele möglich erscheinen.
Aber praktisch entscheiden sich Menschen Tag für Tag bewusst dagegen.
Sie stehen um vier Uhr morgens in der Backstube.
Sie arbeiten in der Pflege, unter hoher Belastung und ohne die entsprechende gesellschaftliche Anerkennung.
Sie lernen Hotelfach, so wie ich selbst im Jahr 2012.
Warum? Weil Sinn nicht in Excel-Tabellen messbar ist. Und weil nicht jeder Mensch durch sein Gehalt allein motiviert wird.
Natürlich: Für viele ist Geld ein wichtiger Antrieb. Und das ist legitim.
Aber für andere zählen andere Werte – Verantwortung, Nähe, Dankbarkeit, Teamgefühl, Gastfreundschaft.
Die Vorstellung, dass jede*r „nur wollen müsste“, um einen gut bezahlten, flexiblen Bürojob auszuüben, ist nicht inspirierend. Sie ist überheblich. Sie ignoriert Unterschiede in Bildung, Herkunft, Persönlichkeit und Lebensrealitäten. Sie blendet strukturelle Barrieren aus – und macht individuelle Entscheidungen klein, die auf ganz anderen Überlegungen beruhen.
Mein Ziel war nie das höchste Gehalt.
Mein Ziel war immer: Freude an dem, was ich tue.
Und ganz ehrlich: Die größte Freude hatte ich oft in den vermeintlich „einfachen“ Jobs – in der Gastronomie, im direkten Kontakt mit Menschen, im echten Miteinander.
Was also ist Erfolg?
Für mich nicht zwingend die höchste Zahl auf dem Gehaltszettel.
Sondern ein Beruf, der trägt – innerlich, emotional, zwischenmenschlich.
Die Frage, die wir uns stellen sollten, ist daher nicht:
„Warum verdienen manche weniger?“
Sondern:
„Warum glauben wir, dass das Weniger automatisch schlechter ist?“