O Tannenbaum! Warum die Zeit reif ist für Nachhaltigkeit
Alle Jahre wieder
„Früher war mehr Lametta!“ So lautete der berühmte Vorwurf des Opas in Loriots Sketsch von 1978, in dem es auch hieß: „Diesmal ist der Baum grün und umweltfreundlich, Opa!“ Auch wenn dieser Vorsatz durch die Verpackungswut und das Spielzeug-Atomkraftwerk bei Familie Hoppenstedts sofort wieder hinfällig wurde, so wird hier angesprochen, was heute immer mehr an Bedeutung gewinnt: das Bewusstsein für die eigene Umweltbilanz - auch beim Weihnachtsbaumkauf. Es wird verstärkt nachgefragt: Woher kommen die Weihnachtsbäume? Wie wachsen sie? Wurden Herbizide, Pestizide, Glyphosat und andere Spritzmittel eingesetzt? Wann ist ein Weihnachtsbaum besonders umweltfreundlich? Wo kann man einen Öko-Weihnachtsbaum kaufen?
Einige kaufen ihren Weihnachtsbaum in letzter Minute, andere schon Wochen vorher. Traditionell wird der Weihnachtsbaum einige Tage vor Heiligabend besorgt. Nach Angaben der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) aus dem Jahr 2020 stehen jährlich zwischen 23 und 25 Millionen Weihnachtsbäume in deutschen Wohnzimmern. In mehr als jedem zweiten deutschen Haushalt wird zum Fest ein Baum aufgestellt. Mit 80 Prozent aller verkauften Weihnachtsbäume ist die Nordmanntanne in Deutschland die beliebteste Baumart. Daneben hat nur noch die Blaufichte größere Bedeutung in Deutschland (Marktanteil: 15 Prozent). Seltener zu finden sind Rot- und Weißtanne, Nobilistanne oder Koreatanne.
Die Nordmanntanne hat einen schönen, pyramidalen Wuchs, nadelt nicht so schnell, hat weiche, sattgrüne Nadeln einen angenehmen Duft und ist gut zu schmücken. Ein fülliger Wuchs und kräftige Nadeln sind das Hauptmerkmal für einen gesunden Baum. Je dunkler die Nadeln, desto besser die Qualität. Geerntet wird die Nordmanntanne in der Regel mit einer Größe von zwei Metern. Allerdings werden seit einigen Jahren zunehmend auch kleinere Bäume mit Größen zwischen 1,50 und 1,75 Metern nachgefragt, weshalb die Ernte teilweise auch schon früher stattfindet.
Bevor die Tanne in unsere Wohnzimmer kommt, hat sie häufig bereits eine lange Reise hinter sich.
Vor allem Nordmanntannen aus speziellen Provinzen Georgiens sind wegen ihrer hohen Qualität beliebt. 80 Prozent ihres Saatguts stammen aus der Region Racha, einem wirtschaftlich schwachen Gebiet. Gelegentlich findet sich an Nordmanntannen auch das "Fair Trees"-Label. Dahinter steckt eine dänische Initiative, die sich dafür einsetzt, dass die Arbeits- und Lebensbedingungen der Zapfenpflücker und ihrer Familien in Georgien nachhaltig verbessert werden. Das Saatgut, aus dem die Sämlinge der Nordmanntanne gezogen werden, stammt zum größten Teil aus georgischen Wäldern. Die Zapfen, in denen die Samen stecken, befinden sich in den Spitzen der bis zu 30 Meter hohen Bäume, wo sie von den meist schlecht bezahlten Zapfenpflückern ohne ausreichende Sicherung geerntet werden. Wer einen solchen Baum kauft, sorgt über den Mehrpreis dafür, dass die Zapfenpflücker faire Löhne, eine Unfallversicherung und Kletterausrüstung nach EU-Standard erhalten. Das Fair Trees-Label ist allerdings kein Öko-Zeichen. Die Samen stammen zwar von ökologisch zertifizierten Bäumen, werden aber auch an konventionelle Weihnachtsbaum-Anbauer verkauft. Nur dann, wenn Fair Trees-Samen unter ökologischen Bedingungen weiterkultiviert werden, entstehen daraus später auch Bio-Weihnachtsbäume. Bei Bio-Tannen wird nach den Prinzipien des Ökolandbaus auf den Einsatz von leicht löslichen Mineraldüngern sowie chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln verzichtet.
Woran ökologische Weihnachtsbäume zu erkennen sind
• Der Anbau erfolgt unter Verzicht auf die Anwendung von Mineraldüngern sowie chemisch-synthetischen Pflanzenschutz- und Unkrautvernichtungsmitteln.
• Das Unkraut wird entweder mechanisch mit der Sense oder durch Schafbeweidung klein gehalten.
• Anbauer ökologisch erzeugter Weihnachtsbäume müssen sich an die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung oder die noch strengeren Richtlinien der deutschen Öko-Anbauverbände halten. Erkennbar sind sie am deutschen oder EU-Biosiegel und den Siegeln der Anbauverbände wie Bioland, Demeter oder Naturland.
Laut Bundesverband der Weihnachtsbaum- und Schnittgrünerzeuger (BWS) stammen 90 Prozent aller in Deutschland verkauften Weihnachtsbäume aus heimischem Anbau – Tendenz steigend. Die Nachfrage nimmt jährlich zu. Die beim Öko-Pionier memo online angebotene Bio-Nordmanntanne stammt beispielsweise aus einem Familienbetrieb im Spessart, der seit über 50 Jahren konsequent ökologisch Bio-Christbaumkulturen anbaut. Durch die Regionalität und die damit verbundenen kurzen Transportwege können lange Lagerzeiten umgangen, unnötiges Austrocknen verhindert und eine hohe Qualität der Bäume garantiert werden. Die ökologischen Standards, die beim Anbau eingehalten werden, sind mit dem Naturland-Gütesiegel ausgezeichnet. Damit ist sichergestellt, dass die Weihnachtsbäume nach den strengen Naturland-Richtlinien für ökologische Waldnutzung bewirtschaftet werden. Hervorzuheben ist, dass erst nach Bestelleingang die gewünschte Nordmanntanne frisch im Spessart geerntet wird. Zum Schutz vor Transportschäden wird sie in ein Netz und einen Karton verpackt und vom Logistikpartnern klimaneutral an den Bestimmungsort bis vor die Haustür geliefert (Quelle: memolife).
Weihnachtsbäume aus ökologischer Land- oder Waldwirtschaft sind in der Regel nicht viel teurer als konventionell erzeugte.
Wer seinen Weihnachtsbaum aus einer konventionellen Weihnachtsbaumkultur kauft, sollte auf Zertifikate achten. Damit verbunden sind strengere Regeln beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. Nur wenige Weihnachtsbäume, meistens Fichten oder Weißtannen, stammen aus Forstbetrieben. Allerdings kommen sie nicht direkt aus dem Wald, sondern werden auf Sonderflächen im Wald angebaut. Die meisten wachsen 10 bis 14 Jahre in einer Weihnachtsbaumplantage heran. Bevor die Bäume hier zur Verkaufsreife gebracht werden, verbringen sie die ersten zwei Jahre als Sämlinge im Saatbeet einer Baumschule, dann werden sie umgepflanzt und stehen bis zu 24 Monate im „Verschulbeet“, bevor sie dann ins endgültige Weihnachtsbaum-Quartier verpflanzt werden. Hier benötigt der Baum dann noch einmal bis zu zehn Jahre, bis er als vermarktungsfähiger Baum verkauft werden kann.
Anfangs wachsen die Bäume sehr langsam, deshalb konzentriert sich die Pflege in dieser Zeit vor allem auf Unkrautregulierung, Düngung und Pflanzenschutz. In den meisten Weihnachtsbaumplantagen werden Herbizide eingesetzt. Ab dem sechsten Standjahr werden die Bäume dann vor allem durch Schnittmaßnahmen in Form gebracht. Bei der „Terminalverkürzung“ wird auf mechanische Weise mithilfe von Spezialzangen der Saftstrom im Baum gehemmt. Dadurch wird das Spitzenwachstum verlangsamt und der Abstand zwischen den Astreihen gleichmäßig gehalten.
Die wichtigsten Tipps zum ökologischen Weihnachtsbaumkauf
• Ideal ist der Kauf des Weihnachtsbaumes vom Förster, Direktvermarkter oder Hofladen vor Ort.
• Der Baum sollte aus der Region stammen (am besten aus biologischem Anbau), denn je kürzer die Transportwege, desto umwelt- und klimafreundlicher ist der Baum.
• Ökologisch besonders nachhaltig ist laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) der Baum vom Forstamt, wenn er bei der Bestandspflege ohnehin entnommen werden muss.
• Viele Waldbauern bieten Wanderungen an, bei denen die Kunden ihren Lieblingsbaum selbst fällen und mitnehmen können. Eine Übersichtskarte, wo man in Deutschland Weihnachtsbäume selber schlagen kann, gibt es bei Proplanta.
• Wiederverwertbare Christbäume im Topf können gemietet werden: Die österreichische Firma „Greentree“ verschickt Bäume als Topfpflanzen und sammelt sie im neuen Jahr wieder ein.
Weiterführende Informationen:
Max Scharnigg: “So schön war der Baum noch nie“. In: Süddeutsche Zeitung (17./18.12.2017), S. 55.
Toni Wölfl: Viel Holz. In: Süddeutsche Zeitung (10./11.12.2016), S. 84.
Alexandra Hildebrandt und Claudia Silber: Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2016.