Onlinehandel und Nachhaltigkeit: Wie Retourenquoten gesenkt werden können
Die meisten Onlinehändler bieten kostenlos Retouren an, doch leider hat dies bei vielen Kunden zu einer Sorglosigkeit in ihrem Bestellverhalten geführt. So wird Kleidung beispielsweise in verschiedenen Größen geordert und nur das passende Teil behalten. Alles andere wird retourniert. Im Weihnachtsgeschäft, das wegen der Corona-Krise verstärkt im Internet stattfinden wird, könnten hohe Retourenquoten viele Onlinehändler an die Grenzen ihrer Belastbarkeit bringen.
Die Folgen:
Hoher logistischer Aufwand für die Händler
Steigende Kosten in der Logistik
Stärkung des negativen Händlerimages
Gesteigertes Verkehrsaufkommen und höhere CO2-Emissionen.
In Deutschland wird inzwischen jede sechste Bestellung zurückgeschickt – auch mit erheblichen Auswirkungen auf das Klima. Durch den Warenversand an und die Retouren der Kunden des Onlineversenders memo entstanden beispielsweise im Jahr 2018 insgesamt 279 t CO2e-Emissionen (circa 62,5 Prozent der Gesamtemissionen der Klimabilanz des Unternehmens). Ein Paket an einen Kunden verursacht im Durchschnitt ca. 590 g CO2e.
Zahlreiche Umweltverbände fordern ein Abweichen von der Taktik, Konsumenten weiterhin kostenlose Retouren anzubieten.
Wirtschaftswissenschaftler der Universität Bamberg haben in der Studie „Präventives Retourenmanagement und Rücksendegebühren“ erforscht, wie sich eine solche Abgabe positiv auf das Konsumverhalten und auf das Klima auswirken würde. Untersucht wurde, wie Händler einer möglichen gesetzlichen Rücksendegebühr gegenüberstehen und welche Erfahrungen sie bereits jetzt mit Rücksendegebühren gemacht haben. Das Ergebnis:
Schon eine Mindestgebühr von drei Euro würde die Zahl der Retouren um 16 Prozent senken.
Der Onlinehandel würde mit der Einführung einer Mindestgebühr auf Retouren "grüner und gerechter" werden. Nach Ansicht der Wissenschaftler würde sich eine solche Gebühr auf Retouren auch positiv auf die Preise im Onlinehandel auswirken, denn Unternehmen kalkulieren die Kosten der portofreien Rücksendungen bisher mit ein (Kunden, die weniger zurückschicken, würden künftig also sparen). Allerdings werden kleine Händler von Branchenriesen wie Amazon unter Druck gesetzt, bei denen die Rücksendungen in der Regel nichts kosten.
Auch beim Ökoversender memo erfolgt die Rücksendung für den Kunden über den beigefügten Retourenschein kostenlos. Nach dem Erhalt kann der Kunde die Ware in Ruhe auspacken und die „memo Box“ innerhalb von 14 Tagen bei einem Paketshop von DHL oder DPD abgeben oder einem Zusteller mitgeben. Jede „memo Box“ ist mit einem individuellen Barcode ausgestattet. Auf diese Weise werden nicht nur Verluste während des Transports durch eine eindeutige Rückverfolgbarkeit minimiert, sondern es kann auch exakt berechnet werden, wie viele Umläufe eine Box im Mehrwegsystem bereits erreicht hat.
Die Reklamationsquote über alle Kundenaufträge im Jahr 2018 betrug 4,88 %. Der Zielwert von 5 % wurde, wie schon in den vergangenen Jahren, erreicht. Textilien, „die nicht exakt den Vorstellungen der Kunden entsprechen, machen dabei etwa die Hälfte dieser Fälle aus. Retourenquoten von teils über 60 % sind im Textilhandel keine Seltenheit“ (memo Nachhaltigkeitsbericht). Trotz aller Bemühungen, die Produkte gut zu beschreiben und zu bebildern, können diese Retouren nur bedingt vermieden werden, weil es dabei auch oft um persönliche Vorlieben geht. Deshalb spricht das Unternehmen hier nicht von echten Reklamationen.
Die Beschäftigung mit weiteren Maßnahmen zur Senkung der Retourenquote wird künftig weiter zunehmen.
Dazu gehören:
• Genaue Angaben zu den Produkten
• Virtuelles Anprobieren der Kleidung (bei Modeplattformen)
• Bonusprogramme für Käufer, die wenig oder gar nichts zurücksenden
• Einsatz von Künstlicher Intelligenz (Gründe für Retouren rechtzeitig erkennen)
• Verbesserte Produktbilder
• Detailliertere Artikeldaten
• Hinweise auf Folgen für die Umwelt (Verweise auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit).
Weiterführende Informationen:
Retourenquote ist in Deutschland höher als im Ausland
Klimawandel in der Wirtschaft. Warum wir ein Bewusstsein für Dringlichkeit brauchen. Hg. von Alexandra Hildebrandt. Verlag SpringerGabler, Heidelberg, Berlin 2020.