Organisationen sind auch nur (wie) große Brettspiele
Arbeiten und Spielen? Das sind – traditionell gesehen – Gegensätze. Doch wer bestimmt eigentlich, dass Arbeit keinen Spaß machen darf? Diese Frage ging mir seit Langem durch den Kopf. Ausgesprochen hat sie der Organisationspsychologe Janek Panneitz, mit dem ich das jüngste Interview für meinen Podcast „Unboxing New Work“ geführt habe.
Recht hat er: Immerhin geben viele Menschen für Gaming jede Menge Geld aus, „dafür, dass sie in ihrer Freizeit Probleme aus Spielen lösen dürfen“. Auf der Arbeit sieht das meist anders aus: Warum sind wir dort nicht ebenso engagiert? Könnten wir die Freude am Spielen womöglich zur Arbeit bringen? Sind Unternehmen am Ende auch nur (wie) ein großes Spiel?
Laut Janek können wir Spielen und Arbeiten grundsätzlich vereinen. Doch: „Jeder muss die Regeln zunächst verstehen, befolgen und fair spielen“. Manchmal muss man dafür erst einmal den Status quo analysieren: Wer spielt hier eigentlich aus welchen Motiven um welches Erlebnis und nach welchen Regeln? Denn: Es gibt viele Parallelen aus der Welt der Brettspiele zur Unternehmenswelt. Regeln lassen sich mit Spielregeln, Strukturen mit Spielplan und Spielmaterial vergleichen.
Das Problem: Wenn von fünf Leuten vier hochstrategisch spielen und einer auf ein Partyspiel Lust hat, klappt es nicht. Die Unlust am Spiel alias der Arbeit im Unternehmen kommt – nicht selten – daher, dass Menschen/Mitarbeitende mit der Sammlung aus Strukturen, Regeln und Prozessen nicht klarkommen. Nach dem Gespräch mit Janek möchte ich behaupten: Viele Unternehmen kreieren einfach schlechte „Spiele“.
Die gute Nachricht ist: Das lässt sich ändern. Zum Beispiel in Workshops, in denen man die Multiperspektivität des Unternehmens zusammenführt und gemeinsam komplexe Probleme angeht. Ein neues Tool dafür ist die plastische „3D-Welten-Methode“ von Janek Panneitz, der übrigens selbst auch leidenschaftlicher Brettspieler ist und mit der Methode unlängst den EU-Trainingspreis (Gold) gewonnen hat.
Ich wollte wissen, was am Hype dran ist. Mit meinem Team von Hello Agile habe ich deshalb kürzlich einen Mini-Workshop bei seinem Unternehmen „Thinking without boxes“ gebucht. Mein Fazit: Man kann mit den 3D-Welten auf spielerische Weise komplexe Fragestellungen und Herausforderungen visualisieren – die Unternehmensstrategie beispielsweise. Die Vorteile dabei: Wechselwirkungen werden besser begreifbar, man versetzt sich in jede Partei und kann am Ende bestenfalls auch schwierige Entscheidungen leichter treffen.
Was dabei konkret entsteht, ist eine haptische Landkarte aus Sechsecken, die jeder nach seinen Themengebieten und Schwerpunkten individuell beschriftet. Das hat Sogwirkung. An den Türmen und Plattformen erkennt man direkt, wo Schnittmengen sind – aber auch, wo die „blinden Flecken“ einzelner Stakeholder liegen. Was finden der Vorstand, die operativ tätigen Mitarbeiter, was die Kunden am besten? Am Ende wächst nicht nur das kollektive Verständnis fürs Thema, sondern auch für die gemeinsame Welt.
Beim Workshop wurde uns zudem klar: Nicht alle Ideen können von Anfang an umgesetzt werden. Es braucht „Priming“, d.h. gemeinsames Priorisieren und Reduzieren auf die besten Ideen. Diesen demokratischen Priorisierungsprozess haben die 3D-Welten übrigens mit agilen Frameworks gemeinsam. Das Schönste bei der Methode war für mich persönlich: Die 3D-Welt ist jederzeit veränderbar.
Können uns Methoden wie diese beim Arbeiten glücklicher machen? Vielleicht. In jedem Fall braucht es in Zukunft mehr vom Mindset, Dinge anders machen und denken zu wollen. „Oftmals sehen wir in der Arbeitswelt Zwangssysteme, die Menschen nötigen, über ihre Leistungsgrenzen hinauszugehen“, moniert Janek im Interview: „Dann kommen Menschen nur zur Arbeit, weil sie müssen und nicht, weil sie sich dafür interessieren.“
Eine Lösung schwebt ihm bereits vor: „Eine Welt, in der jeder gern zur Arbeit geht, ist davon entkoppelt, dass unsere wirtschaftliche Lebensgrundlage davon abhängt“, sagt er. Mit Lösungsansätzen wie dem bedingungslosen Grundeinkommen könnten wir an diesen Punkt gelangen, glaubt er: „Dann könnte jeder Einzelne von uns erkennen, wie er den größten Mehrwert für die Gemeinschaft leisten kann.“
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Wenn du mehr über unsere Vision des neuen Arbeitens und Janek Panneitz’ 3D-Welten-Methode erfahren willst, höre jetzt in die neue Folge von meinem Podcast „Unboxing New Work“