Organisierte Kriminalität: FDP will Kampf gegen Geldwäsche in spezieller „Anti-Mafia-Einheit“ bündeln
Die Liberalen wollen den Kampf gegen die organisierte Kriminalität forcieren. In einem Positionspapier fordern sie, eine neue Bundesbehörde einzurichten.
Berlin. Im Kampf gegen organisierte Kriminalität hat sich die FDP für die Schaffung einer speziellen „Anti-Mafia-Einheit“ ausgesprochen. In einem Positionspapier, das dem Handelsblatt vorliegt, begründen die Liberalen dies damit, dass die Zuständigkeiten bei der Bekämpfung der Geldwäsche in Deutschland „zersplittert und auf zu viele Akteure verteilt“ seien. Die Politik müsse daher „den Mut zum großen Wurf haben und die Kernkompetenzen bei der Geldwäschebekämpfung und Sanktionsdurchsetzung unter einem Dach bündeln“, heißt es in dem Papier, das am Montag vom Parteipräsidium beschlossen werden soll.
Die „zentrale Aufgabe der neuen Struktur“ bestehe in der „Ermittlung von bedeutsamen internationalen Fällen der Geldwäsche mit Deutschlandbezug – ausgehend von der Spur des Geldes, die zu den Hintermännern und kriminellen Netzen führt („Follow-the-money“-Ansatz)“. Dafür bedürfe es einer neuen „schlagkräftigen Ermittlungseinheit“, die sich auf „komplexe Fälle der Finanzkriminalität“ fokussiere. „Daher wollen wir eine Bundesbehörde mit entsprechenden Befugnissen und adäquaten personellen Ressourcen und der modernsten IT-Ausstattung schaffen“, heißt es in dem Papier.
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Die Pläne decken sich weitgehend mit den Bestrebungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), eine neue Bundesoberbehörde für den Kampf gegen Finanzkriminalität aufzubauen. Diese soll die Arbeit der bisherigen Anti-Geldwäsche-Einheit (Financial Intelligence Unit, kurz: FIU) übernehmen und zusätzlich als eine Art Bundesfinanzkriminalamt fungieren.
Die FIU soll nach Vorstellung der FDP in die neue Bundesbehörde integriert werden, um eine enge Kooperation bei den Ermittlungen zu ermöglichen. Außerdem soll die neue Behörde als „koordinierende Zentralstelle“ fungieren, um eine „konsistente“ Aufsicht über die Einhaltung der Geldwäscheregeln im Nichtfinanzsektor zu gewährleisten.
Die FIU sehen die Liberalen „strukturell überlastet“. „Dies zeigt sich in dem hohen Rückstand bei der Bearbeitung von Verdachtsmeldungen, der derzeit mühevoll abgetragen wird.“ Künftig soll die FIU Verdachtsmeldungen „rechtssicher risikobasiert analysieren“ und dabei „den Fokus auf besonders werthaltige Verdachtsmeldungen legen“.
150 mutmaßliche Mafiosi bei europaweiten Razzien festgenommen
Von der „Anti-Mafia-Einheit“ verspricht sich die FDP „eine ambitionierte Bekämpfung der organisierten Kriminalität“ durch die Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern. „Es gilt, hochkonspirativ und überwiegend international agierenden Täterstrukturen auf Augenhöhe zu begegnen“, heißt es in dem Positionspapier. Das hätten die europaweiten Razzien im Rahmen der Operation „Eureka“ gegen die international operierende Mafia noch einmal verdeutlicht.
Bei der Aktion gegen die süditalienische ’Ndrangheta sind in der vergangenen Woche rund 150 mutmaßliche Mafiosi in mehreren Ländern festgenommen worden. Allein in Deutschland waren mehr als 1000 Polizisten im Einsatz und vollstreckten rund 30 Haftbefehle in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Bayern und dem Saarland.
Die meisten Verdächtigen wurden in Italien verhaftet, nachdem die Staatsanwaltschaft von Reggio Calabria 108 Haftbefehle erwirkt hatte. Auch in Belgien, Frankreich, Spanien, Portugal, Rumänien und Slowenien wurden mutmaßliche Helfer festgenommen.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) bezeichnete die Razzien als „eine der größten bislang durchgeführten Operationen im Kampf gegen die italienische organisierte Kriminalität“. Die ’Ndrangheta ist nach Einschätzung des Bundeskriminalamts (BKA) derzeit die „relevanteste Mafia-Gruppierung“ mit einer dominanten Stellung auf dem europäischen Kokainmarkt. Sie gilt als gefährlicher als die sizilianische Cosa Nostra und die Camorra aus Neapel.
Liberale sehen Defizite im Kampf gegen die organisierte Kriminalität
Aus Sicht der FDP muss das Ziel sein, „uns gegenüber den kriminellen Strukturen einen Vorsprung zu erarbeiten, indem die Arbeit der Sicherheitsbehörden noch fokussierter, effizienter und schlagkräftiger wird“. Organisiertes Verbrechen dürfe sich nicht lohnen, sondern müsse durch einen starken Rechtsstaat konsequent geahndet werden. „Damit schützen wir auch die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.“
Allerdings sehen die Liberalen im Kampf gegen die organisierte Kriminalität noch Defizite. Sie verweisen hierbei auf einen Bericht der internationalen Arbeitsgruppe gegen Geldwäsche, die sogenannte Financial Action Task Force (FATF). Darin bescheinigen die Experten Deutschland bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung Verbesserungsbedarf.
So gebe es insbesondere bei der Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor mehr zuständige Behörden als tätige Vollzeitkräfte, konstatiert die FDP in ihrem Positionspapier. Zudem sei festgestellt worden, dass Deutschland zwar einen starken Fokus darauf lege, sogenannte „Vortaten“ wie zum Beispiel die Bekämpfung von Betrug und Menschenhandel zu verfolgen, selbst aber noch zu wenig untersucht werde.
„Dadurch gehen die kleinen Fische ins Netz, doch die Drahtzieher und Auftraggeber kommen noch zu oft unbehelligt davon.“ An diesen Punkten gelte es nun anzusetzen.
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