Post & Pray? Schluss mit Glückstreffern – so klappt’s mit der richtigen Besetzung

Hunderttausende Stellen bleiben unbesetzt – und trotzdem wird rekrutiert wie vor zehn Jahren. Immer dieselben drei Kanäle. Immer dieselben Maßnahmen. Dabei gäbe es längst andere Wege – die Möglichkeiten sind da, sie werden nur kaum genutzt. Ich zeige euch jetzt in vier einfachen Schritten, wie ihr diesen Teufelskreis durchbrecht.

Recruiter:innen kennen das Spiel. Wenn es um die Besetzung offener Stellen geht, zählt oft nur eins: Tempo.

Am besten wäre die Position schon gestern besetzt – nicht erst morgen. Also wird nicht lang überlegt: Anzeige raus, Kanäle wie immer, Hauptsache sichtbar. Basierend auf den letzten 50 (Fehl-)Besetzungen wird wieder dort gepostet, wo es halt „früher auch geklappt hat“.

Doch genau hier liegt das Problem.

Gutes Recruiting braucht Fokus – nicht nur Reichweite. Es geht nicht darum, möglichst viele Menschen zu erreichen. Sondern die richtigen. Die, die nicht zufällig stolpern – sondern gezielt angesprochen werden.

Was stattdessen oft passiert: Recruiting als Roulette. Viel Einsatz, wenig Kontrolle.

Und das wird teuer – gleich auf mehreren Ebenen: Es kostet Zeit, Budget, Kraft – und die Motivation der Recruiter:innen. 

Während passende Bewerbungen ausbleiben, wächst der Druck. Jede unbesetzte Stelle kostet das Unternehmen mehrere tausend Euro – Monat für Monat. Und jede fehlgeleitete Recruiting-Maßnahme treibt die Summe weiter in die Höhe.

Ich zeige euch jetzt, wie ihr diesen Teufelskreis durchbrecht. In vier klaren Schritten – mit dem Ziel: Besser passende Bewerber:innen. Weniger Streuverluste. Mehr Wirkung.

Die richtigen Menschen kommen nicht durch Glück – sondern durch Klarheit, Mut und Strategie.
Line Therese Hübner

Schritt 1: Brainstorm

Bevor du direkt in Tools, Plattformen und Kampagnen springst, nimm dir einen Moment. Der wichtigste Schritt kommt zuerst: Ideen sammeln – ohne Einschränkungen.

Stell dir eine einfache Frage:
Wie kann ich meine Zielgruppe sichtbar und attraktiv ansprechen? Unabhängig von Budget, Aufwand oder bisherigen Gewohnheiten.

Denk groß. Denk vielfältig. Und berücksichtige:

  • aktiv suchende Kandidaten

  • passiv suchende Kandidaten

  • Multiplikator:innen (z. B. Mitarbeitende, Netzwerke, Alumni)

  • Orte, an denen deine Persona unterwegs ist – im Job, aber auch privat

  • Formate, die Aufmerksamkeit schaffen: Events, Reels, Podcasts, Empfehlungen

Ziel ist nicht, direkt zu entscheiden – sondern erst mal einen breiten Ideenpool zu schaffen. Je offener du hier denkst, desto gezielter kannst du später auswählen.

Schritt 2: Kategorisierung 

Nicht jede Maßnahme wirkt gleich – und schon gar nicht gleich schnell. Bevor du dich für einzelne Recruiting-Strategien entscheidest, solltest du verstehen, wie sie wirken.

Denn: Es gibt Maßnahmen, die bringen dir sofort Bewerbungen – und andere, die bauen sich langfristig auf, füllen deinen Bewerberpool über Zeit und wirken auch dann, wenn du gerade nicht aktiv suchst.

Gleichzeitig unterscheiden sich Maßnahmen darin, wen sie ansprechen: Manche zielen direkt auf Bewerber:innen selbst (z. B. Stellenanzeigen oder Active Sourcing). Andere wirken eher indirekt – über Multiplikator:innen, Sichtbarkeit oder Reputation. Sie sorgen dafür, dass dein Unternehmen überhaupt als Arbeitgeber wahrgenommen wird.

Wenn du beides zusammendenkst – Wirkung + Zeithorizont –, kannst du Maßnahmen klar einordnen und viel gezielter auswählen.

Aus dieser Logik ergibt sich ein Koordinatensystem (s. Grafik unten), das vier Wirkungsfelder abbildet – mit ganz unterschiedlichen Recruiting-Effekten.

Die Feuerlöscher

Sie wirken schnell und direkt – sind aber meist nicht nachhaltig. Sie helfen, wenn akuter Druck herrscht und Bewerbungen sofort hermüssen. Beispiele: Headhunter, Stellenanzeigen, Social Recruiting Ads

Die Talentmagnete

Sie wirken direkt und gleichzeitig langfristig – der Sweet Spot im Recruiting. Sie ziehen Talente an und stärken parallel deine Sichtbarkeit. Beispiele: Karriereseite, eigene Events zur Berufsorientierung, Firmenwagen mit QR-Codes, Corporate Influencer.

Die Markenanker

Sie wirken langfristig und eher indirekt – aber sind strategisch entscheidend. Sie schaffen Vertrauen, Haltung und Wiedererkennung – auch wenn’s keine Bewerbungsflut auslöst. Beispiele: Employer Brand aufbauen, Kununu-Bewertungen fördern, Unternehmenskultur entwickeln, Sponsoring in relevanten Vereinen

Die Reichweitenwerfer

Sie erzeugen kurzfristig Aufmerksamkeit – aber ohne direkte Bewerberwirkung. Gut zur Bekanntheit – nicht zur Besetzung. Beispiele: Plakatwerbung, Messeauftritte ohne gezielte Jobangebote, Flyer, Anzeigen in Fachmagazinen oder Unis.

Im zweiten Schritt geht also noch nicht darum, Maßnahmen zu bewerten.
Es geht darum, Struktur in deinen Ideenpool aus Schritt 1 zu bringen.

Folgende Abbildung verdeutlicht die eben beschriebenen Kategorien:

Matrix zur Kategorisierung von Recruiting-Maßnahmen (Hübner, 2025)

Schritt 3: Priorisierung

Sobald du deine Maßnahmen kategorisiert hast, stellt sich die nächste Frage: Welche lohnen sich wirklich – und welche kannst du mit dem vorhandenen Budget stemmen?

Denn nicht jede Maßnahme ist gleich wirkungsvoll. Und nicht jede ist finanziell oder personell realisierbar.

Ein zweites Koordinatensystem (s. Grafik unten) hilft dir dabei, Klarheit zu schaffen: Auf der einen Achse steht der Budgeteinsatz, auf der anderen das Erfolgsversprechen – also die geschätzte Relevanz für dein Ziel.

Wichtig: Der Wert einer Maßnahme ist nicht immer sofort sichtbar. Wenn du eine Maßnahme als „weniger relevant“ einstufst, kann das auch daran liegen, dass sie neu ist oder du sie noch nicht getestet hast. Genau darin liegt Potenzial.

Vier Felder ergeben sich daraus:

Hoher Budgeteinsatz, niedrige Relevanz

Nur umsetzen, wenn ausreichend finanzieller Spielraum da ist. Hier ist Vorsicht geboten: Diese Maßnahmen können teuer werden, ohne messbaren Erfolg zu bringen. Aber: Sie sind sehr wertvoll, um neue Wege anzutesten und Maßnahmen zu identifizieren, die eventuell doch relevant sind.

Hoher Budgeteinsatz, hohe Relevanz

Diese Maßnahmen verdienen gezielte Priorisierung. Statt vieles halbherzig anzustoßen, lohnt es sich, ein bis zwei davon mit klarem Fokus und ausreichend Budgetrahmen umzusetzen.

Niedriger Budgeteinsatz, hohe Relevanz

Hier steckt der größte Hebel. Maßnahmen mit geringem Kostenaufwand und hoher Wirksamkeit solltest du konsequent angehen und möglichst breit ausrollen.

Niedriger Budgeteinsatz, niedrige Relevanz

Diese Maßnahmen sind wertvoll, wenn Kapazitäten im Team vorhanden sind. Sie helfen, Sichtbarkeit und Reichweite aufzubauen, auch wenn der direkte Impact auf Bewerbungen geringer ist. Besonders sinnvoll, wenn du gezielt neue Zielgruppen ansprechen oder Marktpräsenz stärken willst.

Je höher das Erfolgsversprechen, desto mehr Fokus solltest du investieren – egal ob die Maßnahme teuer oder günstig ist.

Und wo der Budgeteinsatz niedrig ist, lohnt es sich, auch weniger bewertbare Maßnahmen zu testen. Nur so zeigt sich, was langfristig funktioniert – und was beim nächsten Mal zur Priorität wird.

Folgende Abbildung veranschaulicht die Kategorien zur Priorisierung:

Matrix zur Ein von Recruiting-Maßnahmen (Hübner, 2025)

Schritt 4: Selektion 

Die Priorisierung aus Schritt 3 bildet die wertvolle Grundlage – aber erst jetzt geht es darum, aus Ideen echte Maßnahmen zu machen.

Das bedeutet: Anbieter recherchieren. Preise vergleichen. Budgets prüfen und aufteilen.
Welche Maßnahme ist realistisch? Welche passt zum Budget? Wo bekommst du den besten Effekt für deinen Einsatz?

In den Schritten davor ging es um kreative Ideen und strategische Einordnung.
Hier beginnt die Umsetzung: von der Theorie in die Praxis.

Wichtig ist, nicht zu viel auf einmal anzustoßen. Selektiere gezielt:
Welche Maßnahmen haben echten Einfluss auf die Besetzung der konkreten Stelle? Welche erreichst du mit den verfügbaren Mitteln?

Und genauso wichtig: Miss den Erfolg.
Nur wenn du nachvollziehst, was funktioniert (und was nicht), kannst du beim nächsten Mal noch präziser entscheiden.

Folgende Abbildung fässt alle vier Schritte zur Auswahl des perfekten Recruiting-Mixes zusammen.

In vier Schritten zum optimalen Recruiting-Maßnahmen-Mix (Hübner, 2025)


Pro-Tipp: Persona & Employer Brand Analyse

Bevor du über Kanäle, Budgets oder Tools nachdenkst, sollte eins klar sein:
Wen suchst du – und wer bist du als Arbeitgeber?

Am Anfang jeder Recruiting-Strategie steht eine sauber definierte Zielpersona.
Nur wenn im Team ein gemeinsames Verständnis darüber herrscht, wen ihr sucht, wie diese Person tickt und was sie anspricht, kann Recruiting gezielt gelingen. Ansonsten wird geraten statt rekrutiert.

Genauso wichtig ist der Blick nach innen:

  • Was könnt ihr als Arbeitgeber eigentlich bieten?

  • Was überzeugt genau diese Persona – fachlich, aber vor allem menschlich?

  • Und wie klar kommt das bisher nach außen rüber?

Nur wer sich selbst ehrlich den Spiegel vorhält, kann andere überzeugen.

Deshalb sollte zu Beginn jeder Stellenbesetzung ein kompakter Workshop stattfinden – gemeinsam mit den relevanten Fachbereichen und Führungskräften. Ziel: die Persona definieren und herausarbeiten, welche Aspekte der eigenen Employer Brand gezielt sichtbar gemacht werden sollten – und ob es dabei interne Widersprüche gibt.

Hilfreich ist auch der Blick auf bisherige Rückmeldungen: Was sagen Bewerber:innen und neue Mitarbeitende? Was hat sie überzeugt – und was irritiert? Wie wirkt ihr von außen, verglichen mit dem, wie ihr wirklich seid?

Denn oft ist genau das, was euch besonders macht, längst selbstverständlich – und damit unsichtbar.

Zusammenfassung – 4 Schritte, die dich zu deinen Traumkandidaten führen

Zu oft wird Recruiting aus dem Bauch oder der Gewohnheit heraus gemacht – und dann gehofft, dass es schon irgendwie klappt. Besser: gezielt planen. Und dabei die folgenden Schritte durchlaufen:

  1. Brainstorm: Entwickle einen möglichst großen Pool an Ideen – ohne Einschränkungen durch Budget oder Aufwand. So entstehen kreative Ansätze jenseits der Standardkanäle.

  2. Kategorisierung: Sortiere deine Ideen nach Wirkung und Zeitrahmen: Was wirkt kurzfristig, was langfristig? Was spricht direkt Kandidat:innen an – und was eher indirekt?

  3. Priorisierung: Ordne die Maßnahmen nach Budget und Relevanz. So wird sichtbar, was wirklich einen Hebel hat – und was optional ist, wenn Zeit und Ressourcen es zulassen.

  4. Selektion: Wähle gezielt die Maßnahmen aus, die du umsetzen willst – und vergleiche dabei Angebote, Kosten und Aufwand. Hier wird die Theorie zur Praxis.

  5. Umsetzung & Analyse: Setze die gewählten Maßnahmen um, miss ihre Wirkung und lerne daraus. So entwickelst du mit jedem Projekt ein besseres Gespür für das, was wirkt – und was nicht.

Pro-Tipp: Jede gute Strategie beginnt mit Klarheit: Wer bist du als Arbeitgeber? Wen willst du erreichen – und was überzeugt diese Person wirklich? Genau dafür lohnt sich der Blick nach innen. Und manchmal auch von außen.

Wenn ihr euch diese Fragen stellen wollt – ich begleite euch gern: Mit einem gezielten Persona-Workshop, einer Employer Brand Analyse und einer Recruiting-Strategie, die wirklich zu euch passt.

Denn wer neue Wege gehen will, muss erst mal bereit sein, alte zu hinterfragen.

Recruiting ist kein Sprint – sondern ein strategischer Prozess, der mit Klarheit beginnt.

Line Therese Hübner

Line Therese Hübner

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