Präsentieren: Fünf Tipps für die perfekte Präsentation
Es gibt zwar viele gute Redner auf der Welt, aber nur wenigen gelingt es, sich wirklich von der Masse abzuheben. Mit diesen Tipps verbessern erfahrene Managerinnen und Manager ihre Präsentation.
Von Carmine Gallo
Mir gegenüber saß ein erfolgreicher CEO aus dem Silicon Valley – ein Techpionier mit beeindruckendem Lebenslauf. Er hat zum Beispiel den Flash-Speicher mit entwickelt, der heute Daten in Smartphones, Digitalkameras und Computern speichert. Dieser Mann präsentierte seit rund 20 Jahren Geschäftsideen. Er war regelmäßiger Gast beim Nachrichtensender CNBC. Und doch kam er zu mir, um seine Fähigkeiten als Redner zu verbessern.
„Sie sind erfolgreich. Man hält Sie für einen guten Redner. Warum haben Sie das Gefühl, dass Sie sich verbessern müssen?“, fragte ich. „Ich kann immer noch besser werden“, antwortete er. „Jeder Punkt, um den unser Aktienkurs steigt oder fällt, bedeutet Milliarden von Dollar für die Bewertung unseres Unternehmens. Wie gut ich kommuniziere, macht einen großen Unterschied.“
Das ist kein ungewöhnliches Beispiel. Oft sind die Menschen, die sich von mir coachen lassen, bereits als Redner etabliert, sogar bewundert. Warum kommen gerade sie? Psychologen sagen, dies lasse sich mit einem Phänomen namens Dunning-Kruger-Effekt erklären. Einfach ausgedrückt: Menschen, die in bestimmten Bereichen nur mittelmäßig sind, halten sich oft für besser, als sie tatsächlich sind, und schaffen es daher nicht, sich weiterzuentwickeln und zu verbessern. Großartige Führungskräfte hingegen sind aus einem bestimmten Grund großartig – sie erkennen ihre Schwächen und versuchen, gezielt daran zu arbeiten.
Meine Tipps richten sich daher an Geschäftsleute, die bereits einige Präsentationen gehalten – die ihr Publikum vielleicht sogar begeistert haben. Mit fünf Schritten können sich auch Profis stets weiter verbessern. Überprüfen Sie Ihre nächste Präsentation deshalb noch mal genau auf diese Aspekte.
McKinsey ist eines der selektivsten Beratungsunternehmen der Welt, mit dem ich beim Thema Präsentationen schon oft zusammengearbeitet habe. Erfahrene McKinsey-Partner haben mir erzählt, dass frischgebackene Masterabsolventen häufig versuchen, die Kunden mit ihrem Wissen zu beeindrucken. Anfangs tun sie das, indem sie riesige Powerpoint-Decks erstellen. Neue Berater lernen schnell, dass weniger viel mehr ist. Ein Partner zum Beispiel weist seine neuen Mitarbeiter an, ihre Powerpoint-Decks radikal zu reduzieren, indem sie statt 20 Folien nur zwei verwenden.
Tipp: Reduzieren Sie Unordnung, wo immer Sie können.
Aufzählungspunkte sind die am wenigsten effektive Art, etwas zu vermitteln. Nehmen Sie Apple-Gründer Steve Jobs, der als einer der außergewöhnlichsten Redner seiner Zeit galt. Er zeigte selten Folien, die lediglich Text und Aufzählungszeichen enthielten. Stattdessen verwendete er lieber Fotos und Text.
Gedächtnisexperimente und Kommunikationsstudien haben ergeben, dass Informationen, die in Form von Bildern vermittelt werden, eher im Gedächtnis haften bleiben als reine Worte. Wissenschaftler nennen dies „bildliche Überlegenheit“. Laut dem Molekularbiologen John Medina ist unsere Fähigkeit, uns an Bilder zu erinnern, eine unserer größten Stärken. „Wir sind unglaublich gut darin, uns Bilder zu merken“, schreibt er. „Wenn Sie eine Information hören, können Sie sich drei Tage später an 10 Prozent davon erinnern. Fügen Sie ein Bild hinzu, erinnern Sie sich an 65 Prozent.“
Tipp: Ergänzen Sie Text auf Folien mit Fotos, Videos und Bildern.
Laut einer neuen Forschungsstudie des Wharton-Marketingprofessors Jonah Berger sind Redner, die Tempo, Tonhöhe und Lautstärke ihrer Stimme variieren, effektiver. Zusammengefasst besagt die Studie, dass effektive Redner ihre Stimme modulieren und dadurch selbstbewusster in ihrer Argumentation erscheinen. Sie heben zum Beispiel ihre Stimme, um eine Schlüsselbotschaft zu betonen, oder sie machen eine Pause, nachdem sie einen wichtigen Punkt vorgetragen haben.
Anders ausgedrückt: Wenn Sie die Lautstärke Ihrer Stimme heben und senken und beim Vermitteln von Schlüsselbotschaften zwischen einer hohen und einer tiefen Tonlage wechseln, wirkt Ihre Präsentation überzeugender und souveräner.
Tipp: Unterschätzen Sie nicht die Macht Ihrer Stimme, um einen positiven Ein_druck bei Ihrem Publikum zu hinterlassen._
Menschen erinnern sich nicht an jede Folie und jedes Wort einer Präsentation. Sie erinnern sich an Momente – wie Bill Gates 2009 in seinem inzwischen berühmten TED-Talk gezeigt hat.
Während einer Präsentation über die Bemühungen der Bill & Melinda Gates Foundation, die Verbreitung von Malaria einzudämmen, sagte Gates: „Malaria wird natürlich durch Moskitos übertragen. Ich habe ein paar mitgebracht, damit Sie das erleben können.“ Er ging in die Mitte der Bühne und öffnete den Deckel eines kleinen Gefäßes, das nicht infizierte Moskitos enthielt. „Die lassen wir jetzt ein bisschen im Zuschauerraum herumschwirren.“
In seinem TED-Talk über Malaria öffnete Bill Gates ein Gefäß und ließ Moskitos frei.
Dieser Moment war deshalb so erfolgreich, weil er eine Überraschung darstellte. Seine Zuhörer hatten eine Standard-Powerpoint-Präsentation erwartet – mit Grafiken und Daten. Was sie stattdessen bekamen, war eine intuitive Einführung in das Thema, ein eindringliches Erlebnis, das ihre Emotionen ansprach.
Unerwartete Momente ziehen die Aufmerksamkeit des Publikums auf sich, denn das menschliche Gehirn langweilt sich schnell. Der Neurowissenschaftler A. K. Pradeep meint dazu: „Das Erkennen von Neuem ist ein fest verdrahtetes Überlebenswerkzeug, das alle Menschen teilen. Unser Gehirn ist darauf trainiert, nach etwas Brillantem und Neuem Ausschau zu halten, nach etwas, das auffällt. Nach etwas, das köstlich aussieht.“
Tipp: Liefern Sie Ihrem Publikum etwas Besonderes.
Die meisten Redner üben nicht annähernd so viel, wie sie sollten. Sicher, sie gehen ihre Folien im Vorfeld durch. Aber sie üben das Reden nicht bewusst genug, um wirklich zu glänzen.
Malcolm Gladwell hat die „10.000- Stunden-Regel“ als Maßstab für herausragende Leistungen berühmt gemacht. Diese besagt, dass 20 Stunden Übung pro Woche über ein Jahrzehnt hinweg jeden zu einem Meister auf seinem Gebiet machen können. Sie haben zwar nicht annähernd so viel Zeit, um Ihre nächste Präsentation zu üben. Aber es steht außer Frage, dass die größten Redner der Welt die Zeit investiert haben, um nicht nur gut, sondern großartig zu werden.
Denken Sie an Martin Luther King jr. Seine berühmtesten Reden entstanden nach jahrelangem Üben – und genau dieses Maß an Beherrschung gab King das Bewusstsein und die Flexibilität, eine fortgeschrittene Redetechnik anzuwenden: die Improvisation. Auf den Stufen des Lincoln Memorial improvisierte King den denkwürdigen Teil seiner Rede, die heute als „Dream Speech“ bekannt ist. Als er mit dem Refrain „I have a dream“ begann, waren die Pressevertreter verwirrt. Diese Worte waren in dem offiziellen Entwurf der Rede nicht enthalten. King erkannte die Stimmung seines Publikums und kombinierte Worte und Ideen, die er in früheren Reden geäußert hatte.
Man geht davon aus, dass King 2500 Reden gehalten hat. Wenn wir zwei Stunden Schreib- und Probenzeit für jede Rede ansetzen (und oft verbrachte er viel mehr Zeit damit), kommen wir vorsichtig geschätzt auf 5000 Übungsstunden. Highschool-Debatten und Hunderte Predigten sind in dieser Zählung noch gar nicht berücksichtigt. Im August 1963 hatte King locker 10.000 Übungsstunden erreicht.
Tipp: Investieren Sie Zeit und Training, um wirklich herausragend zu werden.
Unterschätzen Sie nie die Macht guter Kommunikation. Sie kann Ihnen helfen, Ihren Traumjob zu bekommen, Investoren zu gewinnen oder Ihr Ansehen im Unternehmen zu steigern. Es gibt zwar viele gute Redner auf der Welt, aber die Tipps sind der erste Schritt, um sich von der Masse abzuheben: Indem Sie die Person sind, die immer wieder etwas Großartiges vortragen kann. © HBP 2023
Autor
Carmine Galloist Dozent an der Harvard University, Keynote-Speaker und Autor von mehr als zehn Büchern. Unter anderem: „The Bezos Blueprint: Communication Secrets of the World’s Greatest Salesman“.
Dieser Artikel erschien erstmals in der März-Ausgabe 2023 des Harvard Business managers.
