Private Markets 2025: Die neue dritte Säule im Portfolio
Was haben die reichsten Familien der Welt gemeinsam? Sie starren nicht täglich auf Börsenticker – sie investieren mit Geduld und Zugang. Während andere nach dem nächsten Hype suchen, setzen sie auf Private Markets. Eine Anlageklasse, die 2025 stärker im Fokus steht denn je. Der neue Moonfare-Report gibt Einblicke in Strategien, Sorgen – und Chancen.
BlackRock-CEO Larry Fink formuliert es klar: Die klassische 60/40-Portfolioaufteilung hat ausgedient. In seinem Jahresbrief schlägt er einen neuen Standard vor: 50 Prozent Aktien, 30 Prozent Anleihen und 20 Prozent Private Markets. Hinter dieser Neujustierung steckt eine fundamentale Überzeugung: Wer echte Diversifikation will, muss sich vom Primärmarkt emanzipieren.
Private Märkte – darunter Private Equity, Infrastruktur und insbesondere Private Credit – gewinnen rasant an Bedeutung. Laut Preqin hat sich das globale Volumen von Private Credit seit 2011 vervierfacht – auf rund 1,7 Billionen US-Dollar. Kein anderes Segment hat seit der Finanzkrise vergleichbar stark zugelegt.
Stimmungsbild 2025: Was Anleger laut Moonfare wirklich bewegt
Private Markets sind längst kein Nischenthema mehr. Der aktuelle Private Market Investor Survey von Moonfare zeigt, wie breit das Interesse inzwischen ist:
79,4 Prozent der Befragten haben 2024 bereits investiert.
55,3 Prozent planen neue Allokationen für 2025.
Mid-Market-Buyouts und Secondaries gelten als Favoriten.
Europa überholt erstmals die USA als attraktivste Region.
Besonders bemerkenswert: Die größte Sorge ist nicht die Rendite, sondern die fehlende Liquidität. 57 Prozent der Investoren würden ihre Allokation erhöhen, wenn es bessere Ausstiegsmöglichkeiten gäbe. Aber: Nur 15 Prozent sind bereit, dafür Renditeeinbußen in Kauf zu nehmen.
Private Märkte im geopolitischen Realitätscheck
Nicht nur Marktzyklen, auch geopolitische Entwicklungen prägen die Allokation:
Die Verteidigungsindustrie rangiert inzwischen auf Platz 2 der attraktivsten Sektoren.
Europas strategische Autonomie gewinnt für Investoren spürbar an Relevanz.
Diese Ergebnisse zeigen: Private Markets sind kein Paralleluniversum – sie spiegeln die große Weltlage genauso wie individuelle Anlagebedürfnisse.
ELTIF 2.0: Der Regulator öffnet das Tor für Privatanleger
Was einst nur Großanlegern wie Pensionskassen und Staatsfonds vorbehalten war, wird durch ELTIF 2.0 (European Long Term Investment Fund) jetzt auch privaten Investoren zugänglich gemacht. Seit Januar 2024 gelten neue Regeln:
Mindestanlagesummen wie 10.000 € wurden gestrichen.
Komplexe Zulassungskriterien vereinfacht.
Strukturen werden kompatibel mit Privatvermögen – ein Meilenstein für die Demokratisierung alternativer Anlagen.
Asset-Manager wie Partners Group, Schroders, Golding und BlackRock bringen gezielt neue ELTIFs auf den Markt – maßgeschneidert für Private-Banking-Kunden. Doch: Mit der Öffnung wächst auch die Verantwortung. Denn Private Markets bergen strukturelle Risiken, die nicht übersehen werden dürfen.
Die Schattenseite: Illiquidität, Intransparenz, Timing
So attraktiv Private Markets auf dem Papier erscheinen – sie sind kein Selbstläufer. Drei Risiken dominieren den Diskurs.
Illiquidität
Investoren binden Kapital häufig für 5–10 Jahre – ohne täglichen Handel, ohne Reaktionsmöglichkeiten. Auch ELTIFs bieten oft nur einen einmaligen Exit am Laufzeitende. Zwar entstehen erste Zweitmarkt-Plattformen, doch mit begrenztem Volumen und oft Abschlägen.Intransparenz
Bewertungen erfolgen quartalsweise, mit zeitlicher Verzögerung und teils intransparenten Methoden. Anleger sehen sich mit komplexen DCF- und Multiple-Modellen konfrontiert statt mit klaren Kursen.Timing
Wer 2021 auf dem Höhepunkt des Hypes einstieg, erlebt nun die Kehrseite: steigende Zinsen, fallende Bewertungen und die Erinnerung, dass auch Private Equity konjunkturabhängig ist.
Aber: Gerade diese Illiquidität schützt vor Überreaktionen. Wer investiert, muss durchhalten – und wird oft mit einer „Geduldsprämie“ belohnt.
Warum die Nachfrage trotzdem steigt – und nicht nur bei den Superreichen
Private Markets sind kein Hype – sie sind eine Antwort auf strukturelle Veränderungen in der Vermögensanlage. Klassische Mischportfolios aus 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen geraten unter Druck: zu volatil, zu abhängig von Zinsbewegungen, zu eng verknüpft mit den öffentlichen Märkten.
Was ich im Gespräch mit Private-Equity-Kunden immer häufiger höre: „Ich will raus aus dem Tagesrauschen. Ich will Cashflows, keine Quartalszahlen.“ Gerade Unternehmer, Family Offices und vermögende Privatpersonen suchen nach Alternativen:
Private Credit bietet laufende Erträge in einem Umfeld, in dem Staatsanleihen oft keine realen Renditen mehr bringen.
Private Equity ermöglicht Beteiligung an unternehmerischer Wertschöpfung – jenseits von Analystenmeinungen und Medienzyklen.
Infrastruktur liefert planbare Cashflows und wirkt als Inflationsschutz.
Der regulatorische Rückenwind durch ELTIF 2.0 senkt zudem die Einstiegshürden: Einstiegssummen fallen, die Strukturen werden verständlicher, das Angebot wächst. Ein echter Gamechanger – gerade für vermögende Privatkunden, die ihre Allokation neu denken.
Wie viel Private Markets verträgt mein Portfolio?
Private Markets sind kein Plug-and-Play-Produkt. Sie sind ein Architekturprojekt, das präzise geplant werden will. Drei Fragen bestimmen die Strukturierung.
1. Quotenfrage: Wie viel Illiquidität ist verkraftbar?
Empfehlenswerte Allokationen liegen – je nach Risikoprofil – bei 10–25 Prozent des Gesamtportfolios:
Wer regelmäßige Liquidität benötigt (etwa für Entnahmen), bleibt im unteren Bereich.
Wer langfristig binden kann, darf aufstocken.
Internationale Institutionelle wie Stiftungen oder Pensionskassen gehen teils auf 30 Prozent – doch bei Privatpersonen spielen Lebensphasen, Notfallreserven und Flexibilität eine wichtigere Rolle.
2. Strukturfrage: Evergreen vs. geschlossene Fonds
Während klassische Private-Equity-Fonds mit langen Laufzeiten (10–15 Jahre) und Kapitalabrufen arbeiten, entstehen zunehmend Evergreen-Fonds mit:
• regelmäßigen Einzahlungsmöglichkeiten
• quartalsweisen, limitierten Rückgabemöglichkeiten
• größerer Flexibilität, aber dennoch beschränkter Liquidität
Vor allem ELTIF-basierte Evergreen-Strukturen etablieren sich aktuell als Bindeglied zwischen institutioneller Tiefe und privater Zugänglichkeit.
3. Auswahlfrage: Welche Strategie passt zu welchem Anlegerprofil?
Konservativ
Passende Strategien: Private Credit, InfrastrukturAusgewogen
Mid-Market-Buyouts, SecondariesRenditeorientiert
Venture Capital, Growth Equity
Entscheidend ist: Managerqualität schlägt Produktdesign. Private Markets sind keine Indexwelt – sie sind netzwerkbasiert und selektiv. Die Renditeunterschiede zwischen den besten und schlechtesten Fondsmanagern können über 15 Prozentpunkte p.a. betragen.
Private Markets im Check: Chancen und Risiken auf einen Blick
Private Markets gelten heute als die „dritte Säule“ im Portfolio – neben Aktien und Anleihen. Doch was macht sie so attraktiv? Und welche Fallstricke gilt es zu beachten?
Chancen: Rendite, Stabilität, Zugang
Überdurchschnittliche Renditen
Laut Bain & Company Global Private Equity Report 2024 liegt die durchschnittliche IRR (Internal Rate of Return) von Private-Equity-Fonds bei 10–12 Prozent p.a. – oft bei geringerer Volatilität als bei Aktien.Wachstumsuniversum abseits der Börse
Immer mehr Unternehmen bleiben länger privat – wer nur in Aktien investiert, verpasst diesen Teil der unternehmerischen Wertschöpfung.Strategische Beteiligung & Einfluss
Private-Investoren sind oft näher dran – sie begleiten Restrukturierungen, gestalten aktiv mit und profitieren von Exit-Strategien wie Verkäufen oder IPOs.Diversifikation
Private Markets korrelieren schwächer mit öffentlichen Märkten. In Krisenphasen können sie das Gesamtportfolio stabilisieren – zumindest auf dem Papier.
Risiken: Illiquidität, Intransparenz, Komplexität
Kapitalbindung
Laufzeiten von 8–12 Jahren sind üblich – ein vorzeitiger Ausstieg ist schwer oder teuer.Unterschiedliche Fondsqualität
Gute Manager erzielen 15 Prozent+ – schwächere kaum mehr als der Aktienmarkt. Der Unterschied kann entscheidend für die Gesamtrendite sein.Kostenstruktur
Management Fee, Performance Fee („Carried Interest“), Transaktionskosten – vieles bleibt undurchsichtig, ein hoher Teil der Bruttorendite geht verloren.Informationsasymmetrie
Kein tägliches Reporting, wenig Transparenz – Vertrauen in den Fondsmanager wird zur Grundlage der Anlageentscheidung.
Die drei entscheidenden Fragen vor dem Einstieg
Kann ich das Kapital über Jahre entbehren?
Wer in Private Markets investiert, braucht nicht nur Kapitalbindung – sondern auch die mentale Bereitschaft, in Krisen nicht zu verkaufen.Verstehe ich die Strategie?
Region? Sektor? Hebelwirkung? Wachstumsphase? – Wer einsteigt, muss genau wissen, worauf er sich einlässt.Ist der Manager professionell, erfahren und transparent?
Track Record, Team, Prozesse, Werte – die Qualität des Managers ist der entscheidende Renditefaktor.
Zwischen den Zeilen
Private Markets sind gekommen, um zu bleiben. Und sie verlangen mehr als nur Kapital – sie verlangen Überzeugung.
Ich sehe es in Gesprächen mit Mandanten immer wieder: Wer in Private Equity investiert, denkt nicht in Quartalen, sondern in Dekaden. Er handelt nicht aus FOMO, sondern mit Plan. Und er sucht nicht nach schnellen Kursgewinnen, sondern nach echter Beteiligung.
Natürlich sind Private Markets kein Wundermittel. Aber sie sind ein Instrument für alle, die investieren wollen wie Unternehmer – mit Haltung, Verantwortung und einem Blick über das Bekannte hinaus.
