Gekündigt in der Probezeit? Keine Panik! Wie du eine Kündigung für deine neue Jobsuche nutzen kannst | Bild KI-generiert (DALL-E)
15.2.2024

Probezeit-Kündigung? Wie du deinen Lebenslauf rettest und stärker zurückkommst

Eine Kündigung in der Probezeit fühlt sich oft wie ein Rückschlag an, ist jedoch nicht das Ende deiner Kariere. Hier erfährst du, wie du diesen scheinbaren Makel in deinem Lebenslauf in eine persönliche Stärke verwandelst und einen neuen Job findest, der wirklich passt.

„Ist mein Lebenslauf jetzt für immer ruiniert?“ und „Werde ich mit diesem Schandfleck im Lebenslauf jemals wieder einen guten Job finden?“, das sind typische Fragen, die mir Klientinnen und Klienten im Coaching stellen, nachdem ihnen in der Probezeit gekündigt wurde oder sie selbst das Handtuch geschmissen haben, weil es einfach und offensichtlich nicht passte.

Manchmal ist es der erste Job nach einem Studium oder der Ausbildung und die erste blöde Erfahrung zum Berufseinstieg. Oftmals ist es der Jobwechsel zwischendrin, doch nahezu alle von ihnen beichten mir „Ich hatte schon im Vorstellungsgespräch so ein komisches Bauchgefühl – habe den Job aber trotzdem angenommen.“

Um es vorwegzunehmen und dich zu beruhigen:

Eine Kündigung in der Probezeit ist nicht das Ende deines Lebenslaufs!
Bernd Slaghuis

Ich mache meinen Job als Karrierecoach nun im 14. Jahr, und es sind viele, sehr viele, die mir noch im Schock der Probezeitkündigung gegenübersaßen und -sitzen - Tendenz in den letzten drei Jahren stark zunehmend (zu den Gründen unten mehr).

Ich verstehe ihre Frustration, Angst und Zukunftssorgen. Nach einem vielleicht auch langwierigen und Kräfte zehrenden Bewerbungsprozess schon wieder neu mit der nervigen Jobsuche und dem Vortanzen bei Arbeitgebern zu beginnen. Nach der aufregenden Einarbeitung gerade verstanden zu haben, wie in einem Unternehmen der Hase läuft, die Kollegen ticken, der Flurfunk funktioniert und das Gefühl von angekommen zu sein – und dann ist wieder alles vorbei, und das Spiel beginnt von neuem.

Eine Kündigung und insbesondere die in der Probezeit macht etwas mit jedem von uns. Selbstzweifel kommen auf: Habe ich mich überschätzt, war der Job doch zu anspruchsvoll, habe ich versagt? Fragen über Fragen schießen durch den Kopf: Was habe ich falsch gemacht, dass es soweit gekommen ist? Wer und was ist schuld an dieser Situation? Hätte ich es vorher wissen können? Horrorszenarien werden inszeniert: Was ist, wenn mir das wieder passiert? Gibt es überhaupt noch passende Jobs oder Arbeitgeber für mich? Ich werde niemals mehr im Vorstellungsgespräch überzeugen können!

Das Gedankenkarussel kreist in endlosen Bahnen, doch den meisten Gekündigten ist das echte „Warum“ zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht bekannt. Genau hier setzt mein erster Tipp an:

🔎 Bitte deine Führungskraft oder HR um ein Gespräch

Ich wundere mich oft darüber, dass viele Arbeitgeber keine Exit-Gespräche führen und auch Angestellte meist die Kündigung entgegennehmen, ohne ein klärendes Gespräch zu suchen. Unabhängig davon, ob es eine normale Kündigung oder die Trennung innerhalb der Probezeit ist. Dabei ist dies doch ein idealer Zeitpunkt, um aus Erfahrung zu lernen - auf beiden Seiten.

Es ist natürlich okay, mit der frischen Kündigung erst einmal nicht daran zu denken, ein sachlich konstruktives Gespräch über die Gründe zu führen. Doch du solltest nach dem ersten Verdauen der Situation genau hieran denken und solch ein Gespräch auch einfordern. Am besten mit deinem Chef oder deiner Chefin, vielleicht auch gemeinsam mit der Personalabteilung. Schließlich hast du jetzt auch nichts mehr zu verlieren. ;)

  • Was hat ganz konkret in den letzten Wochen nicht gepasst? Hat es mit dem Job, der Führungskraft oder dem Team zu tun? Hast du nicht in die Organisation gepasst, gab es Missverständnisse oder sind sogar Fehler geschehen?
  • Welche Erwartungen hast du nicht erfüllt? Hat dich der neue Job über- oder unterfordert? Haben sich deine Aufgaben oder Rolle anders als gedacht entpuppt? Was wurde womöglich auch in den Vorstellungsgesprächen nicht geklärt, anders oder sogar falsch dargestellt?
  • Was sind vielleicht interne Gründe, die Beschäftigung so schnell wieder zu beenden? Wird die neue Stelle wieder eingestampft, müssen Kosten gespart werden und die Letzten müssen als Erstes gehen?

Versuche, im Gespräch möglichst konkret zu erfahren, woran es gelegen hat. Ohne Schuldzuweisung, Lästerei oder Rechtfertigung - schließlich ist es entschieden, sondern so sachlich wie möglich und als (ex)Kollege auf Augenhöhe. Interessiere dich dafür, was die echten Gründe für die Kündigung sind. Entweder erfährst du so, dass es gar nichts mit dir, deiner Leistung oder deinem Verhalten zu tun hatte, oder du hast die Chance, aus dieser Erfahrung zu lernen und beim nächsten Arbeitgeber bewusst etwas anders zu machen.

🤯 Nimm dir die nötige Zeit, um Luft zu holen

Es ist ok, eine Zeit lang frustriert oder traurig zu sein und Angst vor der erneut startenden Bewerbungsphase zu haben. Doch das Ziel ist, irgendwann wieder mit Blick nach vorne und neuer Kraft nach Stellen oder Arbeitgebern zu schauen, die (besser) passen.

Nimm dir bewusst die Zeit, um das Erlebte zu verarbeiten und Luft zu holen, statt kraftlos sofort neue Bewerbungen zu starten und in den nächstbesten nicht passenden Job zu rutschen. 

Was oder wer gibt dir im Leben Kraft? Woraus ziehst du neue Energie? Welche Dinge machen dir Freude und was ist womöglich in den letzten anstrengenden Wochen im neuen Job auch viel zu kurz gekommen? Erlaube dir, wieder mehr von alledem zu tun.

Ich weiß, das sagt sich leicht und bist du gerade in dieser Situation, dann denkst du vermutlich, dass du es dir gerade nicht leisten kannst, die Seele baumeln zu lassen und dir Gutes zu gönnen. Schließlich brauchst du ja dringend einen neuen Job.

Entscheidend für deine neue Jobsuche wird es sein, dass du für dich selbst mit der Kündigung ins Reine kommst.

Je besser du es schaffst, die Dinge für dich zu verarbeiten, wieder klar zu sehen und nicht panisch oder selbstzweifelnd, sondern gezielt und selbstbewusst nach passenden neuen Arbeitgeber Ausschau hältst, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich diese Erfahrung nicht wiederholt und der nächste Job wirklich passt.

🎤 Schaffe Klarheit im Gespräch mit neuen Arbeitgebern

Nimmst Du die kurze Station in den Lebenslauf auf (was ich empfehle), dann wirst du sehr wahrscheinlich von neuen Arbeitgebern gefragt werden, wie es zu diesem kurzen Intermezzo kam. Hast du es geschafft, für dich selbst hiermit ins Reine zu kommen, wirst du auch über diese Zeit in deinem Leben(slauf) unaufgeregt sprechen können.

Erkläre ehrlich und sachlich, was dort nicht gepasst hat - und ich gehe noch einen Schritt weiter: Mache diese Erfahrung mit zu deiner Wechsel-Story!

Bleibe bei dir, blicke mit deinen eigenen persönlichen Erwartungen, Zielen und Werten nach vorne, statt über den unfähigen Ex-Chef, die dummen Kollegen oder die miese Kultur bei diesem Arbeitgeber zu lästern.

Sprich mit einem potenziellen neuen Arbeitgeber offen darüber, was dir im Job wirklich wichtig ist, wie du geführt werden möchtest, in welchem Team du dich wohl fühlst und was du brauchst, um dort auf Dauer einen guten Job zu machen.

Auf die Frage, wie es zu der kurzen Station kam, könntest du etwa so antworten:

„Ja, wir haben den Arbeitsvertrag in der Probezeit beendet. Es hat sich schnell gezeigt, dass es nicht passte. Meiner Führungskraft war es wichtig, mich und meine Arbeit täglich zu kontrollieren, und ich fühlte mich sehr stark eingeengt. Mir ist Freiheit sehr wichtig, und ich mache dann einen guten Job, wenn ich in meinem Verantwortungsbereich viele Entscheidungs- und Gestaltungsspielräume besitze. Dies war dort nicht der Fall. – Wie wird es bei dieser Stelle und Ihnen als Führungskraft sein?“

Wenn die Kündigung betriebsbedingt ausgesprochen wurde:

„Leider ist dieser Arbeitgeber wenige Wochen nach meinem Start in Schieflage geraten und es wurden zuerst alle neuen Mitarbeiter mit Verträgen in der Probezeit gekündigt. – Gibt es bei Ihnen aktuell Maßnahmen zur Kosteneinsparung oder geplante strukturelle Veränderungen?“

Oder:

„Meine Stelle ist dort neu geschaffen worden, doch wenige Wochen später erfolgte die Entscheidung, dass diese Aufgaben doch von einem bestehenden Mitarbeiter im Bereich X übernommen werden sollten. – Wie ist es mit der Stelle bei Ihnen: Ist sie eine Wiederbesetzung und fest in der Struktur verankert oder auch neu geschaffen?“

Du erkennst, worum es mir geht: Schaffe ehrlich Klarheit, was nicht gepasst hat und schwenke dann den Blick auf die neue Position und den neuen Arbeitgeber. Sprich aus, was dir wichtig ist und klärt gemeinsam, ob dies dort erfüllt sein wird.

Denn ...

🎯 Sei dir bewusst: Bewerbung ist auch Selbstschutz

Jede Absage ist auch ein gutes Ergebnis. Ja, dieses Fazit mag seltsam für dich klingen. Besonders, wenn du gerade einfach nur einen neuen Job ergattern und den ganzen Frust und Ärger der Kündigung hinter dir lassen möchtest.

Vertraue jedoch nicht blind darauf, dass ein Arbeitgeber für dich die richtige Auswahlentscheidung trifft.

Eine Kündigung in der Probezeit ist auch das Resultat eines ungenügenden Bewerbungs- und Recruiting-Prozesses.

Ich sehe in den letzten Jahren, dass beide Seiten - Jobwechsler und Arbeitgeber - häufig zu oberflächliche Gespräche führen, sich zu wenige oder die falschen Fragen stellen, nicht genau hinschauen und zu schnell Arbeitsverträge unterschreiben. Ich habe diese Beobachtung „Blind Sining“ genannt, 👉 hier mein Blogbeitrag dazu.

Das hat aus meiner Sicht etwas mit dem Arbeits- und Fachkräftemangel zu tun (wir können ja froh sein, wenn sich überhaupt noch jemand bei uns bewirbt), aber auch mit den Hürden im Bewerbungsprozess, die immer niedriger gelegt werden (ein Klick zum neuen Job, Anschreiben nein danke , ein Teams-Meeting reicht doch zum Kennenlernen). Und ich habe auch auf Bewerberseite das Gefühl - insbesondere bei jungen Generationen, dass Arbeitsverträge trotz schlechtem Bauchgefühl mit dem Prinzip Hoffnung „Ach, das wird schon“ und „Hauptsache, keine Bewerbungen mehr verschicken“ zu blauäugig unterschrieben werden.

Damit du in Zukunft Blind Signing vermeidest und die Gefahr einer Kündigung in der Probezeit verringerst ...

✅ Schaffe schon mit deiner Bewerbung soviel Klarheit wie möglich und stelle in den Gesprächen alle Fragen, die für deine nächste Job-Entscheidung wichtig sind.

✅ Beobachte bewusst deine Gesprächspartner und frage dich, ob du mit dieser Führungskraft und in diesem Team in Zukunft gut zusammenarbeiten kannst.

✅ Achte auch auf dein Bauchgefühl und nimm es ernst, bevor du einen Arbeitsvertrag unterschreibst. Finde heraus, was du benötigst, um ein gutes Gefühl zu haben.

Passt es nicht, dann darfst du ein Job-Angebot ablehnen. Passt es, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, im nächsten Job wirklich anzukommen. Das wünsche ich dir!

* * *

Über dieses Thema habe ich neulich bei Deutschlandfunk Nova im Podcast „Ab 21“ gesprochen. 👉 Hier kannst du reinhören.

Bist Du selbst in der Situation nach einer Kündigung und wünschst dir Unterstützung, dann lass uns in einem kostenlosen Vorgespräch die Möglichkeiten für ein Coaching besprechen. 👉 Hier findest du die Termine.

Wurdest oder hast du schon einmal in der Probezeit gekündigt? Was ist deine Erfahrung oder Erkenntnis? Teile sie gern in den Kommentaren unten.

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Dr. Bernd Slaghuis schreibt über Job & Karriere, berufliche Neurorientierung, Bewerbung

Karriere ist heute mehr als nur "höher, schneller, weiter". Seit 2011 habe ich über 1.800 Angestellte bei ihrem nächsten Schritt im Beruf begleitet. Von der Neuorientierung und Bewerbung bis zum Onboarding. Meine Erfahrungen teile ich hier als XING Insider, auf meinem Blog und als SPIEGEL-Kolumnist.