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Recrutainment und Akzeptanz: Welchen Beitrag können berufsbezogene Testverfahren leisten?

**Bei CYQUEST haben wir schon zahlreiche Online-Assessments mit Recrutainment entwickelt, beispielsweise die Online-Assessments von Telekom, BARMER oder Douglas.**Was genau möchten wir aber eigentlich mit den Recutainment-Anteilen erreichen?

Kurz gesagt: Die BewerberInnen sollen im Online-Assessment nicht nur getestet werden. Es geht allerdings auch nicht nur um Unterhaltung, sondern auch und vor allem darum, mit Informationen zum Unternehmen und den ausgeschriebenen Stellen versorgt zu werden. Wir möchten ihnen damit ermöglichen, während des Online-Assessments Wissen über das Unternehmen und die Anforderungen zu erwerben, um sich ein möglichst realistisches Bild von ihrem potenziellen zukünftigen Arbeitgeber machen zu können. Sie lernen also optimalerweise, während sie das Online-Assessment bearbeiten. Und je mehr die psychometrischen Verfahren spielerisch eingebettet sind, desto höher wird vermutlich auch die Akzeptanz und die Candidate-Experience ausfallen, weil sowohl das Unternehmen als auch das Online-Assessment an sich mit einem positiven Gesamteindruck punkten.

So die Annahmen. Aber welche empirischen Erkenntnisse gibt es dazu bereits?

Hillers und Dries (2016) fanden heraus, dass spielerische Elemente zu einem signifikant höheren Interesse am Unternehmen führen können. Auf die reinen Akzeptanzwerte (gemessen über die AKZEPT!-Skala von Kersting, 2008) hatten die spielerischen Elemente in ihrer Untersuchung allerdings keinen Einfluss. Diesbezüglich schnitten die Tests fast identisch ab – egal ob sie vollkommen neutral vorgegeben wurden oder Spielelemente enthielten. Es gibt aber auch Hinweise darauf, dass auch die Akzeptanz an sich von Recrutainment profitiert. Kupka (2013) analysierte die Daten von fast 1000 BewerberInnen in echten Auswahlsituationen, die an Online-Assessments mit Recrutainment-Format teilnahmen. Dabei zeigte sich eine deutlich höhere Augenscheinvalidität und ein besseres Gesamturteil für die Assessments mit Recrutainment. Zum Vergleich zog er damals die berichteten Akzeptanzwerte anderer Studien heran, in denen klassische Intelligenztests wie der IST-2000R bearbeitet wurden.

Was ebenfalls einen Einfluss auf die Bewertung eines Online-Assessments haben dürfte, ist der Berufsbezug. Und damit meinen wir nicht nur den Berufsbezug, der über die oben beschriebenen – die Testverfahren begleitenden – spielerischen Elemente hergestellt werden kann. Vielmehr geht es uns um den Berufsbezug der Items und psychometrischen Testverfahren an sich. Und das kann neben der Rahmenhandlung und den Zusatzinformationen ebenfalls ein Aspekt des Recrutainments sein, der auch bei Kupka (2013) vorhanden war. Hier lautet unsere Annahme: Je mehr Berufsbezug die Items aufweisen, desto höher sollte die Augenscheinvalidität und damit die Testakzeptanz insgesamt ausfallen.

Benit (2013) verglich einen abstrakten Matrizentest mit einem berufsbezogenen Matrizentest (der berufsbezogene Symbole enthielt) und stellte fest, dass der Test mit Berufsbezug eine höhere Augenscheinvalidität erreichte. Auch der von ihm entwickelte berufsbezogene kognitive Leistungstest erreichte eine höhere Akzeptanz als ein allgemeiner Intelligenztest. Der Berufsbezug scheint also ein vielversprechender Ansatz zu sein, um die Akzeptanz eines Online-Assessments zu steigern. Dies sieht auch Kanning (2015) so, der ebenfalls angibt, dass Testverfahren positiver bewertet werden, wenn sie einen deutlichen Bezug zum Berufsfeld herstellen.

Wir haben dazu kürzlich eigene Daten erhoben. Zum Einsatz kam ein neu entwickelter Multitasking-Test mit Berufsbezug. Dabei realisierte sich der Berufsbezug auf zwei verschiedenen Ebenen:

1. Itemmaterial: Es werden Chatanfragen und berufsbezogene Konzentrationstestaufgaben in Form eines Adressenvergleichs verwendet.

2. Testsituation: Wie häufig in beruflichen Situationen ist Multitasking erforderlich, da beide Aufgaben parallel bearbeitet werden müssen.

Was herausgekommen ist, verschiedene Grafiken und Verlinkungen auf die Originalquellen finden sich hier.

Joachim Diercks schreibt über Recruiting, Online-Assessment, Personalmktg.

Gründer und Geschäftsführer von CYQUEST. Entwickelt Instrumente für Personalauswahl ("Online-Assessment", "Matching"), Employer Branding und Personalmarketing. Gastdozent für Eignungsdiagnostik an der HS Fresenius. Buchautor, Referent und Keynote-Speaker. Herausgeber Recrutainment Blog.

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