Rennfahrerin Sophia Flörsch: Warum Mann Frauen im Job niemals unterschätzen darf
Wenn Frauen diese 6 Power-Skills clever nutzen und gezielt einsetzen, sind sie eine Urgewalt, gegen die kein Testosteron ankommt – vor allem im Job.
Als Rennfahrerin erlebe ich täglich, was es heißt, sich in einer von Männern dominierten Welt durchzusetzen. Die meisten von euch, egal in welchem Berufsfeld ihr tätig seid, kennen das Gefühl vielleicht: die Blicke, die Skepsis, das ständige Hinterfragen, ob ihr im Job das Gleiche leisten könnt wie eure männlichen Kollegen. Oft wird Frauen nicht nur körperliche Kraft, sondern auch die nötige Durchsetzungskraft abgesprochen. Das sind hartnäckige Vorurteile, die sehr schwer abzubauen sind.
Aber ich sage euch, wir haben etwas, was Männer nicht haben: unsere innere weibliche Stärke, die eine Urgewalt sein kann – wenn wir sie denn zulassen und sie richtig nutzen.
Der besondere Blickwinkel der Frauen
Frauen in Führungsrollen verwenden oft einen kooperativen Führungsstil, der auf Einfühlungsvermögen, Perspektivwechsel und Teamarbeit setzt (McKinsey & Company, 2020). Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen, schafft ein Umfeld, in dem sich alle Mitarbeitenden wohlfühlen und ihre beste Leistung bringen können. Frauen sind in der Lage, das große Ganze zu sehen und verstehen es, Menschen intuitiv miteinander in Verbindung zu bringen. Im Gegensatz dazu tendieren Männer nicht selten dazu, einen kompetitiveren Ansatz zu verfolgen. Die Kommunikation ist eher vertikal, also von oben nach unten und sehr direkt auf den Punkt. Das kann hilfreich sein, wenn Entscheidungen adressiert werden müssen, die Entscheidungsfindung selbst ist allerdings ein Prozess, der idealerweise divers verläuft und viele einbindet.
Skills, die uns Frauen stark machen
📌 Empathie und soziale Intelligenz
In meinem Rennteam ist Empathie eine Schlüsselressource. Zu wissen, wann ich meinen Ingenieuren und Mechanikern Rückhalt geben muss und wann ich selbst um Unterstützung bitten sollte, macht den Unterschied. Emotionale Intelligenz, einschließlich Empathie, sind in der Geschäftswelt wie auch im Rennsport entscheidend für den Führungserfolg. Wenn ich im Team Vertrauen aufbaue, kann ich mich in kritischen Momenten, wie beim Setup des Autos vor einem Rennen, auf die Expertise anderer verlassen, was nicht nur Stress reduziert, sondern auch meine Leistung um einige – oft entscheidende – Prozentpunkte steigert.
📌 Multitasking und Flexibilität
Im Rennsport müssen ständig Entscheidungen getroffen und Anpassungen vorgenommen werden – oft unter immensem Druck. Während eines Rennens kann sich die Dynamik jederzeit ändern. Zum Beispiel kann es plötzlich Regen geben, wodurch die Reifenwahl überdacht werden muss. Ich muss gleichzeitig mit meinem Ingenieur kommunizieren, um die Strategie für die Boxenstopps anzupassen, und dabei die Performance des Fahrzeugs im Blick behalten. In solchen Momenten ist es entscheidend, schnell zu reagieren, etwa indem ich meine Brems- und Fahrweise an die neuen Bedingungen anpasse, während ich das Team und meine Position im Rennen im Auge behalte.
Die Fähigkeit, in stressigen Situationen ruhig zu bleiben und mehrere Aufgaben gleichzeitig zu managen, hilft dir natürlich auch im Büro: Unterschiedliche Projekte gleichzeitig koordinieren, auf Teams-Nachrichten der Kolleg•innen reagieren, im Meeting Notizen machen, gleichzeitig Gedanken sortieren und auf Fragen eingehen … das können wir Frauen super, weil uns schnelle Anpassung und Priorisierung leicht fallen.
📌 Kollaboration statt Konkurrenz
Während die Rennsportwelt als wettbewerbsorientiert wahrgenommen wird, ist mir im Laufe meiner Karriere klar geworden, wie wichtig Zusammenarbeit ist. Ich habe oft gesehen, wie ein starkes Team hinter dem Fahrer steht, vom Ingenieur bis zum Reifenmeister. Wer auf Zusammenarbeit setzt statt auf Egotrips, auch mal die Leute in der zweiten Reihe lobt und hervorhebt, wird bessere Ergebnisse erzielen. In meiner Erfahrung: Ein gutes Fahrzeug-Setup beruht auf dem Wissen und den Ideen aller im Team, nicht nur auf dem, was ich als Fahrerin bringe. Im Office ist es nicht anders. Ein gewonnener Pitch ist immer das Ergebnis vieler. Und das sollte man erwähnen und feiern.
📌 Langfristige Zielsetzung
Der Rennsport erfordert, dass man sowohl kurzfristige als auch langfristige Ziele verfolgt. Ob es darum geht, für das nächste Rennen strategisch zu planen oder langfristig in die Formel 1 zu gelangen – eine klare Vision ist unerlässlich. Frauen können in der Regel sehr gut langfristig denken und Strategien zu entwickeln, die auf Stabilität und Nachhaltigkeit abzielen. Sie haben meiner Erfahrung nach ein starkes Gespür für strategische Planung und Teamorientierung.
Ein konkretes Beispiel aus meinem Rennalltag ist die Vorbereitung auf die nächste Saison. Während ich an einzelnen Rennwochenenden arbeite, plane ich gleichzeitig die gesamte Saison und bespreche mit meinem Team, welche technischen Upgrades wir benötigen, welche Kosten anfallen, welche Sponsoren angegangen werden können, welche neuen Trainingsmethoden es gibt. Alles, um wettbewerbsfähig zu bleiben und Risiken und Stolperfallen im Vorfeld zu minimieren. Mit dieser langfristigen Planung können wir unsere Ressourcen optimal nutzen und sind auf die kommenden Herausforderungen vorbereitet.
Im Joballtag geht ebenfalls darum, Projekte früh und gut aufzusetzen, die richtigen Leute ins Boot zu holen, ein Ziel zu formulieren und alle wichtigen Stakeholder on Point zu informieren. Frauen haben hier eine umfassende Sichtweise, die verschiedene Perspektiven und Bedürfnisse berücksichtigt. Diese Kompetenz ermöglicht es, sich nicht nur auf kurzfristige Erfolge zu fokussieren, sondern auch nachhaltige Ergebnisse zu erzielen und auf dem richtigen Kurs zu bleiben.
📌 Die Macht der Netzwerke
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Zusammenhalt unter Frauen. Unser Netzwerken ist entscheidend und wir sind eigentlich soviel besser darin, uns mit anderen zu verbinden, als Männer. Wir sollten uns gegenseitig fördern, unterstützen und unsere Erfolge sichtbar machen. Zu oft verstecken wir uns hinter den Männern und bleiben als fleißige Bienen in der zweiten Reihe. Seid laut und stolz auf das, was ihr erreicht. Lobt in Meetings eure Kolleginnen. Ein "zu viel" gibt es nicht. Männer machen das untereinander ständig.
Für mich sind auch Mentorinnen und weibliche Vorbilder ein entscheidender Teil meines Netzwerks: Erfahrene Rennfahrerinnen haben mir wertvolle Ratschläge gegeben und ich habe von vielen Führungspersönlichkeiten in meiner Branche gelernt. Gute Kontakte sind ein entscheidender Vorteil auf dem Weg nach oben. Scheut euch nicht, interessante Personen auf den digitalen Plattformen anzupingen und euch zu verbinden. Egal auf welchem Hierachielevel die sich befinden. Denn mit ziemlicher Sicherheit haben die alle mal klein angefangen.
📌 Selbstvertrauen und Sichtbarkeit
Mädels, lasst euch nicht von Vorurteilen abhalten! In der Rennwelt wird am Ende auf Leistung geschaut, und das ist eine wichtige Lektion für jeden Beruf. Ich habe gelernt, mich selbstbewusst zu präsentieren, denn wir Frauen müssen uns oft beweisen. Der "Likeability Penalty" – das Phänomen, dass Frauen oft weniger gemocht werden, wenn sie durchsetzungsfähig sind – ist aus meiner Sicht der perfekte Grund, um besonders offensiv, geradeaus und mutig einen Gang hochzuschalten.
Also, macht was draus und lasst euch nicht unterkriegen 😃
Eure Sophia