Mit harter Hand: Der gefährliche Rückfall in alte Führungsmuster - © Malte Mueller/Getty Images

Schluss mit lustig? Warum New Work die Zukunft der deutschen Wirtschaft sichert

In einer Welt, die zunehmend von Unsicherheit und schneller Veränderung geprägt ist, steht die deutsche Wirtschaft an einem Scheideweg. In vielen Unternehmen geht es jetzt um eine grundlegende Frage: Wie können wir in krisenhaften Zeiten resilient und zukunftsfähig bleiben, ohne auf altbewährte, aber überholte Führungskonzepte zurückzugreifen?

Die Antwort darauf liegt in einem neuen Verständnis von Führung und Arbeitsorganisation – einem Verständnis, das unter dem Begriff „New Work“ in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat.

Schluss mit lustig!

Die Inspiration für unser gerade erschienenes Buch zu dem Thema und seinen provokanten Titel entstand in einem bemerkenswerten Moment. Als meine Co-Autorin Vera Starker, eine erfahrene Beraterin für Transformationsprozesse, im vergangenen Jahr von einem mittelständischen Konzern für eine Transformationsbegleitung angefragt wurde, erlebte sie etwas Ungewöhnliches: Der CEO des Unternehmens, der sonst selten selbst Hand anlegt, holte sie persönlich am Aufzug ab. Doch anstatt das erwartete Gespräch über innovative Transformationsansätze zu beginnen, hielt der CEO abrupt vor seiner Bürotür inne und machte eine klare Ansage: „Schluss mit lustig. Wir müssen uns endlich wieder auf die Arbeit konzentrieren und haben keine Zeit mehr für diesen ganzen Firlefanz!“

Diese Worte standen im scharfen Kontrast zu dem, was Vera unter moderner, zukunftsorientierter Unternehmensführung versteht. Der CEO lehnte bewusst alles ab, was mit „New Work“ zu tun hat, und setzte stattdessen auf ein autoritäres, hierarchisches Führungsmodell – eine „harte Hand“ in einer Zeit der Krise.

Vera lehnte den Auftrag ab, zu groß war die Kluft zwischen ihrer Überzeugung und den Erwartungen des Unternehmens. Doch dieser Moment ließ sie nicht los. Aus dieser Begegnung entstand die Idee für unser Buch, das sich kritisch mit dem Rückfall in alte Führungskonzepte auseinandersetzt und zeigt, warum diese Denkweise nicht nur überholt, sondern auch gefährlich ist.

Warum „New Work“ kein „Firlefanz“ ist

Der Begriff „New Work“ ist in den verganenen Jahren zu einem Schlagwort geworden, das oft missverstanden wird. Für viele klingt es nach bunten Sitzsäcken, Tischkicker und Homeoffice. Doch in Wahrheit geht es um viel mehr: Es geht um ein tiefgreifendes Umdenken in der Art und Weise, wie wir Arbeit organisieren, wie Führung gestaltet wird und wie Unternehmen ihre Mitarbeitenden einbinden.

1. Organisationale Resilienz durch Flexibilität

In einer Zeit, in der Märkte sich rapide verändern und Krisen unvorhersehbar sind, brauchen Unternehmen die Fähigkeit, sich schnell anzupassen. Hier kommt New Work ins Spiel. Flexible Arbeitsstrukturen, die auf Vertrauen und Eigenverantwortung basieren, ermöglichen es Unternehmen, agiler zu reagieren und innovativ zu bleiben. Studien zeigen, dass Unternehmen, die auf solche Strukturen setzen, in Krisenzeiten resilienter sind und schneller auf Veränderungen reagieren können.

2. Mitarbeiterbindung und Motivation

Ein autoritärer Führungsstil mag in der Vergangenheit effektiv gewesen sein, doch die heutige Arbeitswelt verlangt nach einem anderen Ansatz. Zahlreiche Studien belegen, dass Mitarbeitende, die in einem Umfeld arbeiten, das sie einbezieht und ihre Stärken fördert, nicht nur zufriedener, sondern auch produktiver sind. In einer Zeit des Fachkräftemangels ist die Bindung von Talenten für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung. New Work bietet hier den entscheidenden Vorteil: Es schafft ein Umfeld, in dem Mitarbeitende motiviert sind, ihr Bestes zu geben, weil sie das Gefühl haben, dass ihre Arbeit geschätzt wird und sie selbst Teil des Unternehmenserfolgs sind.

3. Innovationskraft durch flache Hierarchien

Innovation ist der Motor des wirtschaftlichen Fortschritts, und sie entsteht selten in starren, hierarchischen Strukturen. New Work fördert flache Hierarchien, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, ihre Ideen einzubringen und aktiv an der Gestaltung des Unternehmens teilzuhaben. Diese Kultur der Offenheit und des Austauschs ist es, die Unternehmen in die Lage versetzt, kontinuierlich zu innovieren und im globalen Wettbewerb zu bestehen.

Trotz dieser offensichtlichen Vorteile beobachten wir in Krisenzeiten immer wieder einen gefährlichen Rückfall in alte, autoritäre Muster. Der Wunsch nach Kontrolle und Sicherheit führt viele Führungskräfte dazu, auf bewährte, aber überholte Methoden zurückzugreifen. Doch diese Methoden sind nicht nur ineffektiv, sie können auch langfristig schädlich sein. Eine auf Kontrolle basierende Führung zerstört Vertrauen, demotiviert Mitarbeitende und verhindert die notwendige Flexibilität, die Unternehmen heute brauchen.

Die Studienergebnisse, die wir in unserem Buch diskutieren, zeigen klar: Unternehmen, die sich in Krisenzeiten auf autoritäre Strukturen verlassen, haben langfristig schlechtere Erfolgsaussichten als solche, die auf transformative, mitarbeiterzentrierte Ansätze setzen. Der Rückfall in die „harte Hand“ mag kurzfristig Sicherheit bieten, doch er verhindert den Wandel, den Unternehmen brauchen, um zukunftsfähig zu bleiben.

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Den Titel unseres Buches haben meine Co-Autorinnen Vera, Katharina Roos und ich bewusst provokant gewählt. „Schluss mit lustig?“ – das Fragezeichen ist dabei entscheidend. Es fordert uns alle auf, innezuhalten und zu reflektieren:

Wollen wir wirklich zurück in eine Welt, in der autoritäre Führung und strikte Hierarchien die Norm sind? Oder haben wir den Mut, den Weg der Transformation weiterzugehen, auch wenn er mit Unsicherheiten verbunden ist?

Die deutsche Wirtschaft steht an einem Wendepunkt. Der Weg in die Zukunft führt nicht über Rückschritte in alte Muster, sondern über den Mut, neue Ansätze zu wagen. New Work ist kein „Firlefanz“ – es ist die Grundlage für eine resiliente, innovative und erfolgreiche Wirtschaft. Jetzt ist die Zeit, das Fragezeichen hinter „Schluss mit lustig?“ in ein Ausrufezeichen zu verwandeln – für eine Arbeitswelt, die auf Vertrauen, Flexibilität und Menschlichkeit basiert. Denn nur so sichern wir den wirtschaftlichen Fortschritt und die Zukunftsfähigkeit Deutschlands.

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Sebastian A. Holtkemper schreibt über NEW WORK, Leadership, Unternehmenskultur, Innovation & Technologie

Sebastian Holtkemper ist Geschäftsführer von itesys, einem der am rasantesten wachsenden Tech-Ventures in der D-A-CH Region. Er liebt es, Teams und Menschen zu inspirieren & zu entwickeln. Als Insider berichtet er über seine Erfahrungen als Leader in der IT-Branche.

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