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Schnell und flexibel

Von Darrell K. Rigby, Jeff Sutherland, Hirotaka Takeuchi

Agile Innovationsmethoden haben die IT revolutioniert. In den vergangenen 25 bis 30 Jahren haben sie in der Softwareentwicklung die Erfolgsquote erhöht, die Qualität gesteigert, die Zeit bis zur Markteinführung verkürzt sowie der Motivation und Produktivität von IT-Teams einen riesigen Schub verliehen.

Inzwischen breiten sich agile Ansätze über die unterschiedlichsten Branchen und Funktionen aus und reichen bis in die Vorstandsetagen hinein. Damit verbunden sind neue Werte, Prinzipien und Vorgehensweisen sowie eine Abkehr von der traditionellen Führung nach Befehl und Gehorsam. National Public Radio, ein Zusammenschluss öffentlicher Hörfunksender in den USA, nutzt agile Ansätze, um neue Hörfunkprogramme zu kreieren. Der Landmaschinenhersteller John Deere entwickelt damit neue Maschinen, der Flugzeughersteller Saab Kampfjets. Beim Cloud-Back-up-Dienstleister Intronis setzt das Marketing auf agile Methoden, der Logistikkonzern C. H. Robinson verwendet die Ansätze im Personalwesen, die Mission Bell Winery in Kalifornien verlässt sich sowohl bei der Herstellung und Lagerung von Wein als auch bei der Führung des oberen Managements darauf. Und General Electric (GE) will mithilfe des agilen Managements sogar den Wandel von einem Mischkonzern des 20. Jahrhunderts zu einem digitalen Industrieunternehmen des 21. Jahrhunderts schaffen. Agile Ansätze befördern die Menschen aus ihren Fachsilos in autonome, kundenfokussierte, multidisziplinäre Teams. Dies beschleunigt nicht nur profitables Wachstum, sondern trägt auch zur Entwicklung einer neuen Generation von fähigen Topmanagern bei.

Die Ausbreitung der agilen Methoden eröffnet spannende Möglichkeiten. Wie wäre es, wenn bei den neuen Produkten eines Unternehmens 50 Prozent mehr als sonst eine positive Rendite erzielen würden? Was wäre, wenn Marketingprogramme 40 Prozent mehr Kundenanfragen generieren könnten, wenn Personalabteilungen 60 Prozent mehr Topkandidaten gewännen oder doppelt so viele Mitarbeiter mit Begeisterung bei der Arbeit wären? In der IT haben agile Methoden solche Verbesserungen bereits ermöglicht. Das Potenzial in anderen Bereichen ist enorm.

Allerdings gibt es eine große Hürde. Wenn wir Topmanager fragen, was sie über agile Ansätze wissen, reagieren sie meist mit einem verlegenen Lächeln und Sprüchen wie "gerade so viel, dass es gefährlich ist". Sie werfen zwar mit Fachbegriffen wie Sprint oder Time-boxing um sich und behaupten, ihre Unternehmen würden immer wendiger, aber in Wahrheit haben sie das Konzept nie richtig gelernt und verstehen es auch nicht richtig. Dies führt dazu, dass sie unwissentlich einen Managementstil fortsetzen, der den Agilitätsprinzipien und -methoden zuwiderläuft und die Effektivität der ihnen unterstellten Agilitätsteams untergräbt.

Solche Manager stoßen zahllose Initiativen mit ehrgeizigen Zeitplänen an, statt sich konsequent auf zwei oder drei zu konzentrieren. Sie verzetteln sich mit zu vielen Projekten – und verleiten auch ihre Mitarbeiter dazu. Sie setzen viel zu viele Meetings an, sodass die Mitglieder der Agilitätsteams entweder Arbeitseinheiten ausfallen lassen oder Vertreter schicken müssen. Viele solcher Manager engagieren sich zu sehr in der Detailarbeit einzelner Teams. Sie reden mehr, als sie zuhören. Sie fördern Randideen, die ein Team zurückgestellt hat, überstimmen Teamentscheidungen und führen zusätzliche Prüf- und Kontrollstufen ein, weil sie sichergehen wollen, dass sich Fehler nicht wiederholen. Mit den besten Absichten machen sie genau die Vorteile zunichte, die agile Methoden auszeichnen.

Bei Agilität geht es im Kern um Innovationen. Zwar eignet sich die Methode weniger für Routinetätigkeiten und -prozesse, aber die meisten Unternehmen agieren heute in einem hochdynamischen Umfeld. Sie müssen nicht nur bei Produkten und Dienstleistungen innovativ sein, sondern auch bei funktionalen Prozessen, vor allem angesichts der schnellen Verbreitung neuer Softwaretools. Unternehmen, denen es gelingt, ein agilitätsfreundliches Umfeld zu schaffen, sorgen dafür, dass ihre Teams in beiden Kategorien schneller Innovationen entwickeln.

In unserer Beratungs- und Forschungstätigkeit haben wir sechs Grundregeln herausgearbeitet, die Führungskräfte befolgen sollten, wenn sie das Potenzial agiler Innovation ausschöpfen möchten.

Manche Topmanager scheinen Agilität mit Anarchie zu verwechseln, nach dem Motto "Jeder tut, was er oder sie will". Andere verstehen darunter "Alle tun, was ich sage, nur schneller". Beide haben das Prinzip nicht verstanden . Agile Methoden gibt es in zahlreichen Varianten, die viel gemeinsam, aber alle einen etwas anderen Schwerpunkt haben. Bei Scrum steht ein kreativer und adaptiver Teamansatz zur Lösung komplexer Probleme im Mittelpunkt; Lean-Entwicklung (Lean-Development) konzentriert sich darauf, Verschwendung kontinuierlich zu verringern, und Kanban will primär die Vorlaufzeiten und die Menge an unfertiger Arbeit reduzieren. Einer von uns (Jeff Sutherland) war an der Entwicklung der Scrum-Methode beteiligt und hat sich dabei zum Teil von "The New New Product Development Game" inspirieren lassen, einem Harvard-Business-Review-Artikel aus dem Jahr 1986, den ein anderer von uns (Hirotaka Takeuchi) mit verfasst hat (auf Deutsch: Hirotaka Takeuchi und Ikujiro Nonaka: "Holistische Methoden lösen das sequenzielle Projektmanagement", Harvard Business Manager, März 1986). Weil Scrum und seine Ableger mindestens fünfmal so häufig eingesetzt werden wie die anderen Methoden, bauen wir unsere Erläuterung des Agilitätskonzepts darauf auf.

Das Grundprinzip von Scrum ist recht einfach. Wenn ein Unternehmen eine Chance auf ein gutes Geschäft ergreifen will, gründet es ein Team mit drei bis neun Vollzeitmitarbeitern und stattet es mit den nötigen Befugnissen aus. Dieses Team arbeitet funktionsübergreifend und ist vom Kompetenzspektrum her auf die jeweilige Aufgabe zugeschnitten. Es managt sich selbst und ist für alle Aspekte seiner Arbeit voll verantwortlich.

Der Verantwortliche für diese Initiative (meist Produktverantwortlicher oder Product Owner genannt) sorgt dafür, dass die Kunden (interne Kunden und künftige Nutzer) sowie das Unternehmen einen Mehrwert erhalten. Diese Rolle wird in der Regel mit jemandem aus einer Unternehmensfunktion besetzt, der sowohl im Team mitarbeitet als auch die Abstimmung mit wichtigen Stakeholdern übernimmt: Kunden, Topmanagern und Geschäftsbereichsleitern. Der Produktverantwortliche baut mit Ansätzen wie Design Thinking oder Crowdsourcing ein umfassendes Portfolio mit vielversprechenden Chancen auf. Diese Liste sortiert er kontinuierlich und konsequent nach der geschätzten Wertschöpfung für interne oder externe Kunden und für das Unternehmen.

Der Produktverantwortliche schreibt dem Team nicht vor, wer was zu tun hat oder wie lange eine Aufgabe dauert, sondern das Team erstellt einen groben Fahrplan und erarbeitet nur für diejenigen Aktivitäten einen detaillierten Plan, die sich bis zur Umsetzung nicht mehr verändern. Die Teammitglieder untergliedern die wichtigsten Aufgaben in kleine Module, entscheiden, wie viel Arbeit das Team übernimmt und wie diese Arbeit erledigt wird; sie definieren, wann eine Aufgabe erfüllt ist, und beginnen dann in kurzen Entwicklungszyklen (weniger als ein Monat) – den sogenannten Sprints –, Arbeitsversionen des Produkts herzustellen. Ein Prozessleiter (oft ein ausgebildeter Scrum Master) lenkt den Prozess. Diese Person schützt das Team vor Ablenkungen und hilft, dessen gemeinsame Intelligenz freizusetzen und zu nutzen.

Der Prozess ist für alle transparent. In kurzen Besprechungen im Stehen diskutieren die Teammitglieder täglich Fortschritte und Hindernisse. Meinungsverschiedenheiten lösen sie durch Experimente und Feedback statt mit endlosen Debatten oder durch das Einschalten von Vorgesetzten. Sie testen kleine Prototypen eines Angebots oder Teilangebots mit wenigen Kunden und nur für kurze Zeit.

Wenn die Kunden begeistert sind, kommt der Prototyp vielleicht sofort auf den Markt – auch wenn ein Topmanager dagegen sein sollte oder andere der Meinung sind, das Angebot müsse noch verfeinert werden. Das Team überlegt dann, wie sich künftige Zyklen verbessern lassen, und bereitet sich auf das nächste Projekt der Liste vor.

Agile Methoden bieten große Vorteile gegenüber herkömmlichen Managementansätzen, und all diese Vorteile wurden bereits untersucht und dokumentiert. Agilität steigert die Produktivität von Teams und die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Sie minimiert die Verschwendung durch überflüssige Meetings, repetitive Planung, übermäßige Dokumentation, qualitative Mängel und Produktmerkmale mit geringem Mehrwert. Sie sorgt für mehr Transparenz und passt sich kontinuierlich an Veränderungen der Kundenpräferenzen an. Kunden sind so besser eingebunden und zufriedener, die wertvollsten Produkte oder neuen Funktionen kommen schneller und planbarer auf den Markt – und das Risiko wird niedriger.

Agile Methoden bringen Mitarbeiter aus unterschiedlichen Disziplinen als gleichberechtigte Teammitglieder zusammen. Dadurch sorgen sie für einen breiteren Erfahrungshintergrund und fördern gegenseitiges Vertrauen und gegenseitigen Respekt. Außerdem müssen Topmanager bei agilen Methoden weniger Zeit mit dem Mikromanagement von Projekten einzelner Funktionen verschwenden und können sich stattdessen auf wertvollere Aufgaben konzentrieren, die nur sie erledigen können: eine Vision für das Unternehmen entwickeln und anpassen, strategische Initiativen gewichten, Arbeiten vereinfachen und klarer ausrichten, Mitarbeiter sinnvoll einteilen, die funktionsübergreifende Zusammenarbeit stärken und Hindernisse für den Fortschritt beseitigen.

Agilität ist kein Allheilmittel. Am wirksamsten und einfachsten lassen sich ihre Methoden in einem Umfeld einsetzen, wie es sich in der Softwareentwicklung findet: Das Problem ist komplex; Lösungen sind anfangs nicht bekannt, und die Produktanforderungen ändern sich vermutlich mit der Zeit; die Arbeit lässt sich modularisieren; eine enge Zusammenarbeit mit den Endnutzern (inklusive eines schnellen Feedbacks) ist möglich; und Kreativteams erzielen in der Regel bessere Ergebnisse als nach Befehl und Gehorsam organisierte Gruppen.

Unserer Erfahrung nach sind diese Bedingungen bei vielen Produktentwicklungen, Marketingprojekten, strategischen Planungen, Supply-Chain-Aufgaben und Ressourcenplanungen gegeben. Seltener finden sie sich in Bereichen mit Routineaufgaben, wie Instandhaltung, Einkauf, Kundenbetreuung oder Buchhaltung . Da Agilität Schulungen, Verhaltensänderungen und oft auch neue Informationstechnologie erfordert, müssen Manager entscheiden, ob der erwartete Nutzen den Aufwand wert ist.

Der Erfolg von agilen Methoden hängt auch vom Engagement der Mitarbeiter ab. Eines der Kernprinzipien lautet: "Entwickeln Sie Projekte mit motivierten Mitarbeitern. Geben Sie ihnen die nötigen Rahmenbedingungen, die nötige Unterstützung und das nötige Vertrauen." Wenn die Mehrheit eines Unternehmens, einer Funktion oder eines Teams sich für agile Methoden entscheidet, müssen die Chefs die restlichen Zweifler zum Mitmachen bewegen oder ersetzen. Dabei ist es immer besser, leidenschaftliche Freiwillige zu engagieren als Widerständler zu zwingen.

Für diesen Weg hat sich auch Open View Venture Partners entschieden, ein auf junge Softwareunternehmen spezialisierter Kapitalgeber in den USA. Der Gründer Scott Maxwell hat agile Methoden bei einigen seiner Portfoliounternehmen kennengelernt und beschlossen, den Ansatz auch bei Open View einzusetzen. Dabei hat er gesehen, dass sich die Methoden in manchen Bereichen besser eignen, in anderen weniger gut. Bei der strategischen Planung und im Marketing funktionierte der Agilitätsansatz zum Beispiel hervorragend, denn dort lassen sich komplexe Probleme oft in einzelne Module gliedern und von multidisziplinären Teams lösen. Das war im Vertrieb nicht der Fall: Jeder Anruf bei einem Kunden kann die Aufgabenliste eines Verkäufers sofort verändern, und es wäre zu kompliziert und zeitaufwendig, jede Stunde das Vertriebsteam zusammenzurufen, das Portfolio den Verkaufschancen anzupassen und Kunden neu zuzuordnen.

Maxwell bot den Portfoliounternehmen von Open View gezielt Schulungen in den Prinzipien und Methoden der agilen Innovation an. Dann konnten deren Verantwortliche selbst entscheiden, ob sie den Ansatz umsetzen wollten. Einige waren sofort dafür, andere hatten abweichende Prioritäten und warteten ab. Der Cloud-Dienstleister Intronis gehörte zu den Fans der agilen Methoden. Dessen Marketingabteilung arbeitete damals mit einem Jahresplan, der sich vor allem auf Messen konzentrierte. Der Vertrieb klagte, das Marketing sei zu konservativ und liefere nicht die gewünschten Ergebnisse. Deshalb stellte das Unternehmen Richard Delahaye ein, einen ehemaligen Webentwickler, der jetzt als Marketingexperte arbeitete und agile Methoden umsetzte. Unter seiner Anleitung lernten die Marketingmitarbeiter zum Beispiel, wie sie ein Webinar (ein via Internet übertragenes Videoseminar) in wenigen Tagen entwickeln konnten, statt wie früher in mehreren Wochen. (Eine zügig erstellte Onlinelektion zum Thema Cryptolocker-Malware erreichte 600 Teilnehmer. Das ist bis heute Unternehmensrekord.) Die Teammitglieder erstellen auch gegenwärtig noch Zeit- und Budgetpläne für das Digitalmarketing, aber mit weit weniger Detailtiefe und mehr Flexibilität für spontane Entwicklungen – mit dem Ergebnis, dass das Vertriebsteam heute viel zufriedener ist.

Große Unternehmen starten Veränderungsprogramme oft in riesigem Maßstab. Doch die meisten erfolgreichen Agilitätseinführungen beginnen klein – häufig in der IT, weil die Softwareentwickler mit den entsprechenden Prinzipien schon vertraut sind. Dann breiten sich die agilen Methoden auf eine weitere Funktion aus, und die Agilitätspraktiker aus der IT-Abteilung übernehmen das Coaching. Jeder Erfolg scheint eine Gruppe passionierter Anhänger zu schaffen, die es kaum abwarten kann, anderen im Unternehmen von den Vorzügen der agilen Methoden zu berichten.

Der Landmaschinenhersteller John Deere ist ein gutes Beispiel dafür. George Tome, ein Projektmanager im Bereich Konzern-IT, begann 2004 in kleinem Rahmen agile Prinzipien umzusetzen. Im Laufe einiger Jahre begannen auch Softwareentwicklungseinheiten anderer Konzernteile, diese Prinzipien anzuwenden. Das wachsende Interesse machte es schließlich leichter, die Methodik in der Geschäftsentwicklung und im Marketing des Konzerns zu verankern.

2012 arbeitete Tome als Manager im Bereich Enterprise Advanced Marketing der Forschungs- und Entwicklungsabteilung (F&E). Die Abteilung sollte Technologien ausfindig machen, die Deeres Angebot revolutionieren könnten. Jason Brantley, der Bereichsleiter, hatte den Eindruck, dass die herkömmlichen Projektmanagementansätze eine Innovationsbremse waren, und so beschlossen die beiden Manager, mit agilen Methoden zu versuchen, den Innovationen auf die Sprünge zu helfen. Zu einigen Schulungsterminen lud Tome zwei Manager aus anderen Bereichen ein. Doch einer der beiden, der keinen IT-Hintergrund hatte, konnte damit nichts anfangen, weil die gesamte Terminologie und alle Beispiele aus der Softwareentwicklung kamen und für den Manager wie Fachchinesisch klangen. Das würde anderen genauso gehen, erkannte Tome. Deshalb machte er einen Agilitätscoach ausfindig, der wusste, wie man das Konzept Personen aus anderen Bereichen nahebringt. In den vergangenen Jahren haben Tome und der Coach Teams an allen fünf F&E-Standorten ausgebildet. Tome fing außerdem an, wöchentlich Beiträge zu Agilitätsprinzipien und -verfahren zu veröffentlichen – kurze Einseiter, die per E-Mail an alle Interessierten gingen und später auf Deeres Yammer-Seite gepostet wurden. Hunderte Deere-Mitarbeiter schlossen sich der Diskussionsgruppe an. "Ich wollte eine Wissensdatenbank zum Thema agile Methoden aufbauen, die speziell auf Deere zugeschnitten war, damit jeder im Unternehmen das Konzept verstehen konnte", sagt Tome. "Das war der Grundstein für die Einführung von agilen Methoden in jedem beliebigen Bereich des Konzerns."

Der Unternehmensbereich Enterprise Advanced Marketing hat die Projektzyklen für Innovationen durch seinen Einsatz agiler Methoden drastisch verkürzt, in manchen Fällen um mehr als 75 Prozent. Ein Beispiel ist die Entwicklung eines Prototypen für eine neue Maschinenart in nur acht Monaten; das Produkt hat Deere bis heute noch nicht vorgestellt. "Wenn bei einem herkömmlichen Prozess alles perfekt läuft, würde es im besten Fall eineinhalb Jahre dauern, es könnten aber auch zweieinhalb oder drei Jahre sein", sagt Brantley. Die agilen Methoden brachten noch weitere Verbesserungen. Das Engagement und die Zufriedenheit der Mitarbeiter des Unternehmensbereichs schossen vom unteren ins obere Drittel des konzernweiten Rankings. Die Qualität ist gestiegen. Die Geschwindigkeit (das heißt die geleistete Arbeit pro Sprint) hat im Schnitt um mehr als 200 Prozent zugenommen; einige Teams schafften Steigerungen von mehr als 400 Prozent, und ein Team schnellte sogar um 800 Prozent nach oben.

Erfolge dieses Ausmaßes sprechen sich herum. Heute, sagt Tome, gebe es in fast jedem Bereich von John Deere jemanden, der entweder gerade agile Methoden einführe oder darüber nachdenke.

Bei japanischen Kampfsportarten, vor allem im Aikido, gibt es einen Prozess namens Shu-Ha-Ri. In der Shu-Phase lernen die Schüler bewährte Disziplinen. Wenn sie diese beherrschen, treten sie in die Ha-Phase ein, in der sie die traditionellen Formen abwandeln. Irgendwann erreichen sie die Ri-Phase. Dann haben sie die Gesetze und Prinzipien so weit verinnerlicht, dass sie nach Belieben improvisieren dürfen.

So ähnlich ist es auch bei den agilen Methoden. Abwandlungen oder individuelle Anpassungen sind erst sinnvoll, wenn ein Mitarbeiter oder ein Team die bewährten und weitverbreiteten Methoden beherrscht, die in Tausenden Unternehmen Erfolg hatten. So ist es zum Beispiel sinnvoll, anfangs nicht mit Teilzeitteams oder rotierenden Teammitgliedschaften zu arbeiten. Empirische Daten belegen, dass stabile Teams 60 Prozent produktiver sind und 60 Prozent besser auf Kundenfeedback reagieren als Teams mit wechselnden Mitgliedern. Mit der Zeit sollten erfahrene Praktiker die agilen Methoden ihren Vorstellungen entsprechend anpassen dürfen. Eines der Grundprinzipien besagt, dass Teams ihre Fortschritte und ihre Hürden immer sichtbar machen sollten. Die beliebteste Umsetzung dieses Prinzips bestand ursprünglich darin, auf großen weißen Tafeln (Kanban-Tafeln) farbige Klebezettel manuell von einer Spalte zur nächsten zu bewegen – von "Aufgaben" über "in Arbeit" zu "erledigt". Viele Teams machen das noch heute so und laden Externe in ihre Teamzimmer ein, um ihre Fortschritte zu zeigen und darüber zu diskutieren. Andere steigen auf Software und Computerbildschirme um. Das reduziert die Eingabezeit, und die Informationen können an mehreren Standorten gleichzeitig genutzt werden.

Solche Improvisationen richten sich nach einem zentralen Grundsatz: Wenn ein Team bestimmte Praktiken ändern will, sollte es experimentieren und die Ergebnisse aufzeichnen, um sicherzugehen, dass die Veränderungen auch tatsächlich Verbesserungen sind und nicht die Kundenzufriedenheit, die Arbeitsgeschwindigkeit und die Moral des Teams verschlechtern.

Der Musik-Streaming-Dienst Spotify ist sehr erfahren darin, die neuen Verfahren anzupassen. Das 2006 gegründete Unternehmen nutzt agile Methoden, und das gesamte Geschäftsmodell – von der Produktentwicklung über das Marketing bis zur Geschäftsführung – ist darauf ausgerichtet, durch agile Innovationen ein besseres Kundenerlebnis zu schaffen. Dort schreiben die Manager aber keine festen Vorgehensweisen mehr vor. Im Gegenteil. Sie wollen, dass die Mitarbeiter experimentieren und flexibel sind. Wichtig ist nur, dass alle Veränderungen den agilen Prinzipien entsprechen und nachweislich Verbesserungen bewirken.

Dies hat dazu geführt, dass die 70 "Squads" – so nennt Spotify seine agilen Innovationsteams – und die "Chapters" – Spotifys Bezeichnung für Kompetenzbereiche wie Entwicklung der Benutzeroberfläche oder Qualitätsprüfung – alle etwas andere Praktiken einsetzen. Obwohl fast jede Squad aus einem kleinen funktionsübergreifenden Team besteht und in irgendeiner Form visuelle Fortschrittskontrolle, eine Prioritätenrangliste, adaptive Planung und Brainstorming zu Verbesserungen der Arbeitsabläufe einsetzt, verzichten viele auf die sogenannten Burn-down-Charts, grafische Darstellungen der erledigten und der noch bevorstehenden Arbeit, die eigentlich ein klassisches Agilitätswerkzeug sind. Sie messen auch nicht immer die Geschwindigkeit, erstellen nicht immer Fortschrittsberichte und arbeiten auch nicht alle mit denselben Methoden, um den verbleibenden Zeitaufwand abzuschätzen. Diese Squads haben ihre individuellen Anpassungen aber getestet und herausgefunden, dass sie damit bessere Ergebnisse erzielen.

Manche Vorstandsaktivitäten eignen sich nicht für agile Methoden. Dazu zählen Routineaufgaben und gut planbare Tätigkeiten wie Leistungsbeurteilungen, Presseinterviews oder Besuche an Firmenstandorten, bei Kunden oder Lieferanten. Doch viele, vielleicht sogar die wichtigsten Tätigkeiten profitieren von agilen Methoden. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Strategieentwicklung und Ressourcenallokation, das Fördern bahnbrechender Innovationen oder das Optimieren der Zusammenarbeit im Unternehmen. Topmanager, die als agiles Team zusammenarbeiten und lernen, diese Methode auf die genannten Aktivitäten anzuwenden, erzielen weitreichende Vorteile. Ihre eigene Produktivität und ihre Moral verbessern sich. Sie sprechen die Sprache der Teams, die sie unterstützen. Sie erleben Herausforderungen gemeinsam und lernen, wie sie sie meistern können. Sie erkennen und eliminieren Verhaltensweisen, die agilen Teams im Weg stehen. Sie lernen, Arbeit zu vereinfachen und klar auszurichten. Das Ergebnis verbessert sich, und das sorgt im gesamten Unternehmen für mehr Selbstbewusstsein und Engagement. Einige Unternehmen haben bei ausgewählten Managern 25 Prozent der Zeit oder mehr umgewidmet – weg von den funktionalen Silos, hin zu agilen Führungsteams. Diese Teams sortieren im gesamten Unternehmen die Portfolios der geschäftlichen Chancen, etablieren und koordinieren agile Teams für die Chancen mit hoher Priorität und räumen konsequent Hürden für den Erfolg dieser Teams aus dem Weg. Hier sind drei Beispiele für Vorstände, die agile Methoden eingeführt haben:

Mit den Mitarbeitern mithalten

Systematic, ein Softwareunternehmen mit 525 Mitarbeitern, begann 2005, agile Methoden anzuwenden. Als der Ansatz allmählich in allen Entwicklungsteams angekommen war, fürchtete der CEO und Mitgründer Michael Holm, sein Führungsteam könnte dem Fortschritt im Weg stehen. "Mir kam es vor, als sagte ich: 'Mir nach, ich bin ganz dicht hinter euch'", erinnert er sich. "Die Entwicklungsteams nutzten Scrum und verfolgten neue Ansätze, während das Management in den altmodischen Methoden verhaftet war." Die Topmanager bewegten sich zu langsam und verließen sich auf zu viele Berichte, die eigentlich immer veraltet zu sein schienen. Deshalb beschloss Holm 2009, sein neunköpfiges Topteam als agiles Team zu führen.

Die Topmannschaft setzte bei den Managementaufgaben neue Prioritäten, strich mehr als die Hälfte der regelmäßigen Berichte, wandelte andere in Echtzeitsysteme um und konzentrierte sich stärker auf geschäftskritische Dinge wie Vertriebsangebote und die Kundenzufriedenheit. Anfangs hatte das Topteam jeden Montag ein bis zwei Stunden lang zusammengesessen. Doch mit der Zeit dauerte den Managern das Entscheiden zu lange. Sie begannen, sich jeden Morgen um 8.40 Uhr zu treffen. Sie besprachen im Stehen 20 Minuten lang, was die einzelnen Teammitglieder am Vortag getan hatten, was für den aktuellen Tag geplant war und wo sie Unterstützung brauchten. Seit einiger Zeit nutzt das Topteam Tafeln, auf denen die Manager ihre Aktivitäten und die Verbesserungen der Geschäftsbereiche dokumentieren. Andere Funktionen, unter anderem Personal, Recht, Finanzen und Vertrieb, gehen inzwischen nach ähnlichen Methoden vor.

Den Konzernumbau beschleunigen

General Electric stellte sich 2015 als digitales Industrieunternehmen neu auf und verlagerte den Fokus auf digitale Produkte. Im Rahmen dieser Transformation gründete der Konzern GE Digital, einen Bereich, in dem alle mehr als 20 000 Beschäftigten mit Softwarebezug gebündelt sind (siehe Marco Lansiti und Karim R. Lakhani: "Digitale Erneuerung", Harvard Business Manager Dezember 2014). Brad Surak, der seine Karriere als Softwareingenieur begann und heute der COO von GE Digital ist, kannte sich mit agilen Methoden bestens aus. Er hatte in dem Führungsteam, das für die Entwicklung von industriellen Internetanwendungen verantwortlich war, Scrum eingeführt und wandte die Methodik vor einiger Zeit auch bei den Managementprozessen des neuen Geschäftsbereichs an, zum Beispiel bei operativen Prüfungen. Surak ist der Produktverantwortliche, ein anderer Manager der Scrum Master. Gemeinsam haben sie die Themen, um die sich das Topteam kümmern muss, nach Priorität sortiert, unter anderem die Vereinfachung des administrativen Prozesses, mit dem Teams Hardware kaufen, und die Lösung schwieriger preispolitischer Fragen bei Produkten, die die Mitwirkung unterschiedlicher Geschäftsbereiche von GE erfordern.

Die Mitglieder des Scrum-Teams führen zweiwöchige Sprints durch und treffen sich dreimal die Woche zu Stehbesprechungen. Sie halten ihren Fortschritt auf einer Tafel in einem Konferenzraum fest, zu dem jeder Mitarbeiter Zutritt hat. Surak sagt: "Damit ist es kein Geheimnis mehr, was die Topmanager eigentlich den ganzen Tag machen. Unsere Leute wollen wissen, ob uns bewusst ist, was ihnen als Mitarbeitern wichtig ist." Das Team misst über Umfragen die Mitarbeiterzufriedenheit, analysiert, was einem effektiveren Arbeiten im Weg steht, und gibt den Menschen im Unternehmen die Rückmeldung: "Wir haben verstanden. So werden wir die Dinge verbessern." Surak ist der Meinung, das zeige den Mitarbeitern, dass die "Topmanager genauso arbeiten wie Ingenieure", und dies führe dazu, dass die Mitarbeiter motivierter sind und agile Methoden stärker unterstützen.

Einer gemeinsamen Vision folgen

Erik Martella, Vice President und Geschäftsführer der Mission Bell Winery, eines Weinguts, das zum Getränkekonzern Constellation Brands gehört, führte agile Methoden ein und sorgte dafür, dass sie sich im gesamten Unternehmen ausbreiten konnten. Die Abteilungsleiter fungierten als Produktverantwortliche in den agilen Teams ihrer Abteilungen. Diese Teams erzielten beeindruckende Ergebnisse, aber Martella hatte Angst, dass sich die Abteilungsleiter verzetteln und dass die Prioritäten der Abteilung nicht immer zu den Prioritäten des Konzerns passen. Also bündelte er die Abteilungsleiter in einem agilen Topmanagementteam. Es sollte sich auf die Konzerninitiativen mit dem größten Mehrwert und dem höchsten Potenzial für funktionsübergreifende Zusammenarbeit konzentrieren, beispielsweise auf eine Steigerung des Prozessflusses im Weinlager.

Das Team ist dafür verantwortlich, ein Portfolio an Konzernprioritäten aufzubauen und laufend zu aktualisieren. Es muss dafür sorgen, dass die agilen Teams sich mit den richtigen Problemen befassen und ausreichend Ressourcen zur Verfügung haben. Das Team bewahrt das Unternehmen außerdem vor Lieblingsprojekten einzelner Manager, die keine hohe Priorität verdient haben. Nachdem Martella bei der Mission Bell Winery agile Methoden eingeführt hatte, erhielt er von einem ranghöheren Manager in der Konzernzentrale von Constellation eine E-Mail, in der dieser Manager dem Weingut ein persönliches Anliegen als Projekt vorschlug. In der Vergangenheit hätte Martella vielleicht geantwortet: "Okay, das packen wir gleich an." Stattdessen sagte er, das Weingut arbeite nach den Agilitätsprinzipien: Die Idee komme auf eine Liste mit potenziellen Geschäftschancen und konkurriere dort mit anderen Konzepten. Dieser Ansatz gefiel dem Konzernmanager, und als er hörte, dass sein Vorschlag einen niedrigen Ranglistenplatz erhielt, akzeptierte er diese Entscheidung bereitwillig.

Die Arbeit in agilen Teams kann Führungskräfte aus Unternehmensfunktionen, die in den hochspezialisierten Organisationsstrukturen der heutigen Unternehmen selten aus ihrem Bereich herauskommen, auch auf Rollen im übergeordneten Konzernmanagement vorbereiten. Sie treffen Vertreter anderer Disziplinen, lernen Methoden der Zusammenarbeit und sehen, wie wichtig eine enge Kooperation mit den Kunden ist – alles das sind zentrale Faktoren für den Erfolg künftiger Topmanager.

Scrum Alliance, eine Non-Profit-Gesellschaft mit mehr als 400 000 Mitgliedern, hat herausgefunden, dass über 70 Prozent der agil Arbeitenden Spannungen zwischen ihren Teams und dem Rest der Belegschaft melden. Das ist kein Wunder: Sie folgen anderen Pfaden und bewegen sich mit einer ganz anderen Geschwindigkeit.

Das folgende Beispiel verdeutlicht die Problematik sehr schön: Ein großer Finanzdienstleister, den wir untersucht haben, entwickelte seine nächste Mobilfunk-App im Rahmen eines Pilotprogramms mit agilen Methoden. Als Erstes musste ein Team zusammengestellt werden. Das erforderte einen Budgetantrag, um eine Freigabe für das Projekt an sich und für die Finanzierung zu bekommen. Der Antrag landete auf einem Stapel mit anderen Anträgen, die im nächsten jährlichen Planungszyklus um die Gunst der Entscheider wetteiferten. Nach monatelangen Prüfungen gab das Unternehmen schließlich grünes Licht für die Finanzierung. Das Pilotprogramm brachte eine effektive App hervor, die Kunden waren begeistert, und das Team war stolz auf seine Arbeit.

Vor der Markteinführung musste die App jedoch einen traditionellen Schwachstellentest im sogenannten Wasserfallverfahren durchlaufen. Dahinter verbirgt sich eine langwierige Abfolge von Prüfschritten, um den Programmiercode auf Dokumentation, Funktionalität, Effizienz und Standardisierung zu testen. Für dieses Verfahren gab es bereits eine lange Warteliste mit anderen Projektanträgen. Anschließend musste die App in die Kern-IT-Systeme integriert werden, und das war mit einem weiteren Wasserfallverfahren mit sechs bis neun Monaten Rückstand verbunden. Letztlich war die Zeit bis zur Markteinführung kaum kürzer als mit herkömmlichen Entwicklungsmethoden.

Mit den folgenden Regeln lassen sich solche Agilitätshürden beseitigen:

Gleiche Prioritäten auf allen Ebenen

Einzelne Teams, die sich auf kleine Teile eines größeren, komplexen Problems konzentrieren, müssen alle die gleiche Liste mit Konzernprioritäten haben und befolgen – auch wenn nicht alle Teams, die an diesen Prioritäten arbeiten, agile Verfahren einsetzen. Wenn eine neue Mobilfunk-App in der Softwareentwicklung des Unternehmens oberste Priorität hat, muss sie auch in der Budgetierung, bei den Schwachstellentests und bei der Softwareintegration oberste Priorität haben. Andernfalls stoßen agile Innovationen bei der Umsetzung sehr schnell auf Probleme. Dies ist einer der wichtigsten Punkte, um die sich ein agiles Topteam kümmern muss.

Statt Strukturen nur Rollen ändern Viele Manager meinen, dass funktionsübergreifende Teams große Veränderungen in der Organisationsstruktur erfordern. Das stimmt selten. Funktionsübergreifende Teams mit umfangreichen Befugnissen benötigen per definitionem eine Form des Matrixmanagements, aber das heißt in erster Linie, dass unterschiedliche Disziplinen lernen müssen, gleichzeitig und zusammen zu arbeiten, statt getrennt und nacheinander.

Nur ein Verantwortlicher pro Entscheidung

Mitarbeiter können mehrere Chefs haben, Entscheidungen nicht. In einem agilen Betriebsmodell muss klar sein, wer dafür verantwortlich ist, einem funktionsübergreifenden Team einen Auftrag zu erteilen, wer die Teamchefs ernennt und wer die Entscheidungen des Teams absegnet. Ein agiles Führungsteam autorisiert oft einen Manager, die kritischen Probleme zu benennen, Prozesse zur Lösung dieser Probleme zu entwickeln und für jede Innovationsinitiative einen Verantwortlichen zu benennen. Die anderen Topmanager müssen sich dann allerdings zurückhalten und dürfen nicht die Entscheidungen des Verantwortlichen hinterfragen oder gar überstimmen. Anleitung und Unterstützung geben ist in Ordnung, aber wenn sie mit den Ergebnissen nicht zufrieden sind, müssen sie einen anderen Produktverantwortlichen einsetzen und nicht den amtierenden blockieren.

Auf Teams statt auf Personen konzentrieren

Das MIT Center for Collective Intelligence und andere Forschungseinrichtungen haben in Studien gezeigt, dass zwar die Intelligenz der einzelnen Teammitglieder für die Teamleistung eine Rolle spielt, die kollektive Intelligenz aber noch wichtiger ist. Sie lässt sich auch wesentlich leichter verändern. Agile Teams arbeiten mit Prozessverantwortlichen, um ihre kollektive Intelligenz kontinuierlich zu verbessern. Diese Manager klären Rollen, vermitteln Methoden zur Konfliktlösung und sorgen dafür, dass alle Teammitglieder gleichermaßen mitmachen. Außerdem helfen eine Verlagerung der Kennzahlen von Produktions- und Auslastungsgrößen (wie viel haben die Mitarbeiter zu tun) auf das geschäft-liche Ergebnis und die Zufriedenheit von Teams (wie wertvoll und engagiert die Mitarbeiter sind) sowie auf Anerkennung und Belohnungssysteme, bei denen das Teamergebnis mehr zählt als Einzelleistungen.

Mit Fragen führen, nicht mit Befehlen

General George S. Patton Jr., im Zweiten Weltkrieg General des US-Heers, riet seinen Offizieren, sie sollten ihren Soldaten nie vorschreiben, wie sie etwas zu tun hatten. "Sagen Sie ihnen, was sie tun sollen, dann werden sie Sie mit ihrem Einfallsreichtum überraschen." So machen es auch die Führungskräfte in agilen Unternehmen. Sie führen mit Fragen wie "Was empfehlen Sie?" oder "Wie können wir das testen?". Dieser Führungsstil hilft Experten einzelner Unternehmensfunktionen, in die Rolle von Managern zu wachsen. Er ermöglicht außerdem Strategen und Organisationsstrukturen, sich zu entwickeln: von Silos, die um Einfluss und Ressourcen konkurrieren, zu kooperativen funktionsübergreifenden Teams.

Fazit

Agile Innovationsmethoden haben die IT revolutioniert. Die Softwarebranche hat sich in den vergangenen 30 Jahren wohl tief greifender gewandelt als jeder andere geschäftliche Bereich. Jetzt stehen die agilen Methoden kurz davor, auch alle anderen Funktion in jeder Branche zu transformieren. Die größte Hürde ist momentan nicht der Bedarf an besseren Methoden, empirischen Belegen für den Nutzen des Ansatzes oder Beweisen dafür, dass die Agilitätsprinzipien auch außerhalb der IT funktionieren – es ist das Verhalten der Topmanager. Diejenigen, die lernen, die Ausbreitung von agilen Methoden auf eine breitere Palette an geschäftlichen Aktivitäten zu lenken, werden profitables Wachstum beschleunigen.

Von Darrell K. Rigby, Jeff Sutherland, Hirotaka Takeuchi

Autoren

Darrell K. Rigby ist Senior Partner im Bostoner Büro der Unternehmensberatung Bain & Company. Er leitet den globalen Bereich für Innovation und Einzelhandel.

Jeff Sutherland gehört zu den Erfindern von Scrum, einer Form der agilen Innovation. Er ist CEO von Scrum Inc., einem Beratungs- und Schulungsunternehmen.

Hirotaka Takeuchi ist Professor für Strategie an der Harvard Business School. Er gilt als einer der wichtigsten Wissenschaftler für das Wissensmanagement.

Zusammenfassung

Das Problem

Agile Methoden wie Scrum, Kanban und Lean-Development verbreiten sich immer mehr. Doch während manche Unternehmen damit große Verbesserungen bei der Produktivität, der Markteinführungszeit und der Zufriedenheit der Kunden und Mitarbeiter verzeichnen, kommen andere mit den Methoden nicht zurecht. Die Führungskräfte verstehen das Agilitätsprinzip nicht richtig. Ohne es zu wissen, untergraben sie den Erfolg der neuen Ansätze, weil sie an herkömmlichen Managementpraktiken festhalten.

Die Lösung

Die Verantwortlichen müssen lernen, wie Agilität funktioniert. Sie müssen verstehen, wann agile Methoden sich eignen und wann nicht. Dabei ist es wichtig, klein anzufangen und auf die Stärke der Mundpropaganda zu setzen. Erfahrene Teams haben sich dann die Freiheit verdient, Verfahren individuell anzupassen. Schließlich sollten die agilen Methoden auch im oberen Management verwendet werden. Das erhöht die Glaubwürdigkeit – und es hilft, Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

© HBP 2018

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