Schwer verdaulich: Suppe aus Mikroplastik
In den Weltmeeren treiben derzeit rund fünf Billionen Kunststoffpartikel, jährlich kommen acht Millionen Tonnen Plastikmüll hinzu. Er verwittert nur langsam statt zu verrotten. Das Plastik bleibt deshalb jahrelang im Wasser und wird durch Sonnenlicht, Wind und Wellen in immer kleinere Fragmente zersetzt. Biologen prognostizieren, dass bald 99 Prozent aller Seevögel mit ihrer Nahrung Plastikreste verschlucken werden. Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes (AWI) in Bremerhaven haben untersucht, ob und wie viel Plastik sich in gängigen Speisefischen der Nord- und Ostsee finden lässt. Dafür analysierten sie den Verdauungstrakt und Mageninhalt von 290 Makrelen, Flundern, Heringen, Dorschen und Klieschen aus diesen Meeresregionen. Eine weitere Gruppe suchte nach Mikroplastik im Darm von Meeresschnecken. Das Ergebnis: Heringe scheinen zumindest zu bestimmten Jahreszeiten keine Plastikpartikel aufzunehmen. Dafür fressen Makrelen umso mehr davon: Je nach Meeresregion hatten zwischen 13 und 30 Prozent dieser Fische Mikroplastik im Bauch. Sie verschlucken Makrelen deutlich häufiger Mikroplastikpartikel als in Bodennähe lebende Fischarten wie Flunder und Kliesche (Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung ).
Das Edelsalz "Fleur de Sel" zählt zu den teuersten Meersalzen der Welt. In mühsamer Handarbeit von der Wasseroberfläche abgeschöpft, gelten die „Salzblumen“ als Feinkost. In den Salzgärten der "Anbauländer" bildet sich Fleur de Sel als hauchdünne Schicht an der Wasseroberfläche. An heißen Tagen werden die zarten "Salzblumen" mit einer Holzkelle abgeschöpft. Ihre kristalline Struktur macht es besonders knusprig und gibt dem Edelsalz seinen Namen. In den Fleur de Sel Proben fanden die Wissenschaftler vom Institut für Biologie und Chemie des Meeres an der Universität Oldenburg Anfang 2018 ein Gehalt an Mikroplastik zwischen rund 130 und 1800 Mikrogramm pro Kilogramm (bei einer Sorte war eine Kunststoff-Faser sogar mit bloßem Auge deutlich zu erkennen). Nachgewiesen wurden vor allem die Kunststoffarten Polyethylen (PE), Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET), die als typischer Bestandteil von Verpackungsmüll bekannt sind. Die im Fleur de Sel gefunden Mengen an Mikroplastik gelten derzeit für den Menschen noch als unbedenklich, obwohl Experten davon ausgehen, dass die Kunststoffpartikel samt Schadstoffe mit der Nahrung aufgenommen werden und gesundheitliche Folgen nicht auszuschließen sind.
77 Prozent allen Mikroplastiks, das in den Ozeanen schwimmt, kommt von privaten Haushalten. Ein Großteil unserer Bekleidung besteht aus Synthesefasern, die während des Waschvorgangs Mikroplastikpartikel freisetzen. Davon betroffen sind besonders Fleece-Materialien, denn die Partikel mit einem Durchmesser von unter 5 mm werden von Kläranlagen nur teilweise herausgefiltert und gelangen über das Abwasser in Flüsse, Seen und Meere, wo sie sich in der Nahrungskette anreichern. In Form von Plastikpartikeln haben Forscher beispielsweise Polyethylen und Nylon in den Meeren gefunden - sogar in Speisefischen und Meeresfrüchten (Quelle: Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung).
Vor diesem Hintergrund wird es immer wichtiger,
• dass Textilforscher gemeinsam mit Bekleidungsherstellern auch biologisch abbaubare Fasern als umweltschonende Alternative testen.
• zur Optimierung der Kläranlagentechnologie beigetragen wird.
• praxistaugliche Innovationen geschaffen werden, die auch zur Reduktion des Mikroplastikeintrags aus nicht-textilen Quellen beitragen .
• mittels Wasch- und Laborkläranlagentests sollten systematisch Daten zum Ausmaß und der Reichweite des Mikropartikelausstoßes unterschiedlicher Textilien erhoben werden, um ein verbessertes Verständnis von Stoffströmen und dem Verbleib von textiler Mikroplastik in der Umwelt zu erhalten.
Im Editorial des Magazins WORK befasst sich auch der Geschäftsführende Gesellschafter von Häcker Küchen, Jochen Finkemeier, mit diesem Thema. Der Unternehmer ist immer wieder erschüttert, wenn er über den Zustand unserer Weltmeere liest: „Kaum zu glauben, welch riesige Mengen an Plastik in den Ozeanen treiben. Die Verantwortung für einen bewussten Umgang mit Kunststoff liegt natürlich an vielen Punkten der Nutzerkette – vom Konsumenten bis zur industriellen Abfallverwertung.“ Nachhaltigkeit hat beim Rödinghausener Küchenhersteller einen besonderen Stellenwert, weshalb das Thema auch fest im Kerngeschäft verankert ist – „die Vermeidung von Kunststoffverpackungen inklusive“. Zum Jahresbeginn 2019 löste das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) die geltende Verpackungsordnung (VerpackV) in Deutschland ab. Mit dem neuen Gesetz werden Recycling und die Vermeidung von Verpackungsabfällen gleichzeitig gefördert. Mit einem Verbot von Einweggeschirr und anderen Wegwerfprodukten aus Kunststoff sowie verbindlichen Recycling-Quoten für Plastikflaschen will die EU gegen die zunehmende Verschmutzung der Meere vorgehen. Eine entsprechende Richtlinie hat das Europaparlament mit großer Mehrheit verabschiedet.
Weiterführende Informationen:
Jochen Finkemeier: WORK. kitchen. stories. Nr. 16 (2019), S. 3.
Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Gut zu wissen... wie es grüner geht: Die wichtigsten Tipps für ein bewusstes Leben von Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2017.
Claudia Silber und Alexandra Hildebrandt: Verpackt oder unverpackt? Warum Stoffkreisläufeeine Frage der Nachhaltigkeit sind. Amazon Media EU S.à r.l. Kindle Edition 2018.