Sei mehr wie Pippi Langstrumpf – und mach, was dir gefällt
Am Lebensende bereuen viele Menschen, im Leben zu wenig gewagt zu haben. Eine leidvolle Erkenntnis, die Du ganz einfach vermeiden kannst, wenn Du Dich von Deinen Denkgrenzen löst.
Als mich mein Vater bat, seinen Werkzeughandel zu übernehmen, war mir direkt klar: ich mach’ das. Ziemlich naiv könnte man meinen, schließlich war ich gerade 18 Jahre alt und dem Schulhof näher als dem Chefsessel. Niemand glaubte auch nur ansatzweise, dass ich, das kleine blonde Mädchen aus Aschaffenburg, die neue Chefin eines etablierten Mittelständlers sein könnte. Werkzeug, das ist schließlich nur was für Männer. Und überhaupt: Was will eine junge Frau mit so einem Betrieb? Wie du siehst, haben außer meiner Familie nur die wenigstens an mich geglaubt. Doch die Chance war nun mal da – und ich habe sie ergriffen.
Natürlich war all das ein Wagnis. Viele Geschäftspartner nahmen mich anfangs nicht ernst, fragten stets nach meinem Mann, wenn es um Verhandlungsfragen ging. Hinzu kam: Ich hatte wenig Ahnung vom Metier, wurde oft belächelt und investierte bei all der Skepsis auch noch meine jungen Jahre in die Entwicklung von Schraubenschlüsseln und Werkbänken statt mit Rucksack um die Welt zu reisen. Es war wirklich nicht leicht. Doch aufgeben kam einfach nicht in Frage, ich wollte es allen beweisen.
„Dir bieten sich keine Chancen? Dann erschaffe Sie Dir selbst!“
15 Jahre später weiß ich: Es war der richtige Weg. Nicht nur, weil es mir gelang, den Umsatz zu verfünffachen und den unternehmerischen Erfolg der Firma grundlegend neu zu gestalten. Sondern vor allem, weil ich darin bestätigt wurde, Chancen zu ergreifen, die auf den ersten Blick nur schwer realisierbar oder gar aussichtslos scheinen. Gedanken wie: „Ich kann das nicht, ich bin viel zu jung, ich habe doch keine Ahnung“, habe ich seitdem aus meinem Kopf gestrichen und Hindernisse zu Abenteuern gemacht, die ich erleben darf. Und umso größer die Barrieren, die mir da in den Weg gestellt werden, umso größer mein Ehrgeiz, sie zu bewältigen.
Sicherlich sagst Du jetzt: Das ist ja alles schön und gut, aber solche Chancen und Möglichkeiten bieten sich ja nicht jedem. Und weißt Du was: Damit hast Du absolut recht. Solche Gelegenheiten fallen nicht vom Himmel. Du musst oft aktiv etwas dafür tun, sie manchmal sogar regelrecht suchen. Was ich damit meine? Hier ein Beispiel.
Dass ich heute hier schreiben darf, ist kein Zufall. Seit einigen Wochen beobachte ich die Veröffentlichungen von XING auf Facebook und bin kürzlich über einen Artikel gestolpert, in dem Arbeitnehmer über ihre Erfahrungen aus Bewerbungsgesprächen berichten. Die Sicht der Arbeitgeber aber fehlte völlig, doch genau das wollen Bewerber doch wissen: Wie denken Chefs? Was verlangen sie? Worauf legen sie wert?
Ich entschloss mich also, dem Social-Media-Team zu schreiben. Ich stellte mich vor, schickte ihnen einen Link zu meiner Webseite und bat ihnen einen Text an. Und siehe da: Kurze Zeit später hatte ich die Zusage für das Debattenformat XING Klartext zu schreiben und darüberhinaus regelmäßig als Insiderin über meine Branche und Erfahrungen als Unternehmenslenkerin zu berichten. Eine wahnsinnige Überraschung. Du merkst: Hätte ich XING nicht angeschrieben, würde ich Dir jetzt nicht schreiben.
Visionen bleiben Visionen, wenn man sie nicht in die Tat umsetzt!
Erlebnisse wie dieses zeigen mir immer wieder: Ich darf mich nicht verstecken und warten, bis Leute auf mich zukommen. Da draußen wartet schließlich keiner auf mich. Stattdessen muss ich selbst aktiv werden, Ideen anbieten, hartnäckig bleiben. Und vor allem stets den Mehrwert für alle Parteien betonen. Leute, die nur die Hand aufhalten, mag schließlich keiner.
Sicherlich endet die ein oder andere Anfrage auch mal mit einer Absage und damit mit einem vermeintlichen Rückschlag. Doch wer akzeptiert, dass „Nein“ nur ein Wort mit vier Buchstaben ist und die Welt davon nicht untergeht, wird von Tag zu Tag mutiger und lernt, mit negativer Resonanz besser umzugehen. Ab und zu ergeben sich sogar Aufträge, weil man einem einstigen Geschäftspartner trotz Absage in Erinnerung geblieben ist – und dieser die Anfrage an einen Geschäftspartner weitergeleitet hat. So wird aus einer Absage eine tolle Chance mit neuen Kontakten.
Wenn ich Dir also eins mit auf dem Weg geben darf, dann: Sei mutiger und geh’ Chancen aktiv an. Fragt man Menschen an den letzten Tagen ihres Lebens, was sie nach all den Jahrzehnten am meisten bereuen, hört man schließlich nie: „Ach, wäre ich doch bloß feiger gewesen“. Nein: Sei selbstbewusst, trau Dich aufdringlich zu sein und erinnere Dich im Zweifel an dieses schöne Zitat von Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf:
„Das haben wir noch nie probiert! Also geht es sicher gut.“Pippi Langstrumpf