Seien Sie vorsichtig mit Ihren Mutmaßungen! Sie könnten völlig falsch liegen
Sie stellen tagtäglich Mutmaßungen an. Ob als Verkäufer, als Führungskraft oder einfach nur als Familienmensch, Sie produzieren unablässig Mutmaßungen. Es ist keine Frage, ob Sie es tun. Es geht darum, wie oft Sie es machen, und wie oft Sie diese Mutmaßungen unüberprüft lassen. Denn Mutmaßung ist nicht gleich Mutmaßung. Einige sind trivial, andere dagegen sind potenziell verheerend, aber fast alle sind fehlerhaft.
Es ist leicht, Mutmaßungen anzustellen. Alles, was es dazu braucht, sind unvollständige Informationen über eine Situation und die (leider) fehlende Bereitschaft, weiterführende Fragen zu stellen. Diese bräuchte man nämlich, um die Situation vollumfänglich zu verstehen. Ihr Gehirn ist aber so verdrahtet, dass es jetzt die Informationslücken automatisch mit Ihren eigenen – subjektiven – Interpretationen der Geschehnisse ausfüllt. Jedoch entstehen diese Interpretationen aus Ihren früheren Erfahrungen, die der vorliegenden Situation ähnlich zu sein scheinen, es aber meistens nicht sind. Mutmaßungen können zu gefährlichen Konsequenzen führen. Vergleichbar wäre es, ein unvollständiges Puzzle mit Teilen eines anderen Puzzles komplettieren zu wollen. Die Chance, ein harmonisches Bild zu erhalten ist gleich null.
Fallstricke, die mit Mutmaßungen verbunden sind:
Mutmaßungen hemmen Ihr eigenes Wachstum und Ihre Entwicklung: Menschen stellen in der Regel Mutmaßungen über Dinge auf, die sie noch nie ausprobiert haben. Wenn Sie Ideen ablehnen, bevor Sie sie kennengelernt oder selbst ausprobiert haben, entgeht Ihnen viel.
Mutmaßungen behindern Ihre Kreativität: Wenn Sie Mutmaßungen treffen, schränken Sie Ihre Vorstellungskraft und Ihr Handeln ein. Das führt dazu, dass Sie bereits bestehende Ideen einfach nur um-verpacken, als neu deklarieren und letztlich in Ihrer Komfortzone verbleiben.
Mutmaßungen hindern Sie daran, Verantwortung für Ihr Leben zu übernehmen: Mutmaßungen erlauben es Ihnen, sich hinter Ihrer Version der Geschichte zu verstecken und nicht den Fakten nachzugehen.
Wir gehen tagtäglich von Mutmaßungen aus und ziehen daher (insbesondere) in Zeiten von Unsicherheit und Stress häufiger voreilige Schlüsse. Wir werden mit ständigen elektronischen Reizen bombardiert, die unsere Gehirne zu Überstunden zwingen. Dadurch werden unsere Ängste verstärkt und auch die Verwendung von Mutmaßungen, die uns zu voreiligen Schlüssen verleiten, nimmt zu. Dies führt zu Unsicherheit, etwas, das das Gehirn absolut verabscheut, da es auf Gewissheit ausgerichtet ist. Unter Stress neigen wir dazu, Mutmaßungen zu treffen, um die Verstärkung unserer Ängste zu verringern.
Den Autopiloten im Kopf justieren
Auf einer gewissen Ebene jedoch müssen wir Menschen Mutmaßungen treffen. Mutmaßungen funktionieren sozusagen wie ein Autopilot in unserem Kopf. Es ist eine Struktur in unserem Gehirn, die es uns ermöglicht, uns auf das Wesentliche zu konzentrieren. Ein Autopilot in einem Flugzeug ist dafür da, dass die grundlegenden Funktionen automatisiert werden und der Pilot sich mit den wirklich wichtigen Dingen beschäftigen kann. Mutmaßungen funktionieren auf die gleiche Weise. Wenn wir die ganze Zeit über die Grundlagen unseres Denk- und Glaubenssystems nachdenken, können wir uns nicht auf die anderen Dinge konzentrieren, die wir wirklich tun wollen. Können Sie sich vorstellen, dass Sie jedes Mal, wenn Sie essen, neu lernen müssen, wie man eine Gabel benutzt? Nein, natürlich nicht. Sie schalten einfach den Autopiloten ein und los gehts. Das Problem ist, dass die meisten von uns den Autopiloten nicht überprüfen, um zu sehen, ob wir die richtige Einstellung gewählt haben.
Mutmaßung sezieren
Es geht nicht darum, was man vermutet, sondern wie man es tut und ob diese Mutmaßungen wahr sind. Wie kann man herausfinden, ob eine Mutmaßung wahr ist? Das ist die wichtigere Frage. Zunächst muss man die eigenen Glaubenssätze und Interpretationen identifizieren. Zweitens muss man diese auf ihre Objektivität hin überprüfen. Das bedeutet, dass man eine komplexe Idee oder ein Gefühl auseinandernimmt und dann in der Lage ist, das Ergebnis zu interpretieren.
Wie macht man das? Halten Sie inne und fragen Sie sich: Woher weiß ich das? Wenn die Antwort auf diese Frage eine andere ist als: „Ich habe es durch eigene Beobachtung, Sammlung von Beweisen oder durch die Beschaffung von Sachinformationen gelernt“, dann besteht die Gefahr, dass Sie eine falsche Mutmaßung treffen.
Fazit
Wenn wir alle einfach mal innehalten und unsere eigenen Fakten überprüfen, bevor wir entscheiden, dass wir etwas wissen, vermeiden wir die Falle falscher Mutmaßungen und verhindern höchstwahrscheinlich eine Menge unnötiger Schwierigkeiten für uns selbst und andere.
Werte Leserinnen und Leser, wie ist Ihre Erfahrung? Ich freue mich auf Ihre Reaktionen und Meinungen im Kommentarbereich.
Beste Grüße, Ihr Carsten Seiffert