Seltene Erden: Für immer abhängig von China?
Die Deutsche Rohstoffagentur warnt in einem aktuellen Gutachten vor der Abhängigkeit von China bei seltenen Erden, die für die Energiewende entscheidend sind. Trump will vor allem deshalb Grönland in die Hand bekommen. Die Alternativen? Der beste Ausweg dürfte mehr Recycling sein.
Was Donald Trump mit Grönland will? Erstaunlich oft liest man von vagen militärstrategischen Überlegungen oder über die Lust des US-Präsidenten auf enorme Landmassen, die sich dem eigenen Imperium einverleiben ließen. Die ziemlich sicher treffendste Antwort steht in einer aktuellen Studie der Deutschen Rohstoffagentur DERA: Grönland hat die weltgrößten Lagerstätten schwerer seltener Erden. Solche braucht man für E-Autos und Windturbinen, was Fossilfreund Trump womöglich weniger interessiert. Aber auch, in großem Stil, in der Rüstungsindustrie.
Die Bedeutung der Permanentmagnete
Die 17 Elemente, die „Metalle der seltenen Erden“ genannt werden, sind für etliche hochtechnologische Anwendungen nicht oder kaum ersetzbar, besonders im Zusammenhang mit Energie- und Mobilitätswende. Die „schweren“ Erden bilden in Permanentmagneten den Kern von Elektromotoren und Turbinen (NdFeB-Magnete), andere werden in Batterien, Katalysatoren und Membranen gebraucht. Wo Dekarbonisierung und Elektrifizierung vorangehen sollen, sind die Seltenerdmetalle dabei.
Chinas erste Drohgebärden
Die meisten Schlagzeilen machte die DERA-Studie wegen der fast vollständigen Abhängigkeit von China, die die Behörde als „geostrategisches Risiko“ bewertet. Das ist keine Neuigkeit, schließlich hat China im Zollkonflikt mit den USA als eine der ersten Maßnahmen Exportbeschränkungen für seltene Erden verkündet. Brisant an der Studie ist die Erkenntnis, dass es den Ländern, die ebenfalls Vorkommen haben, „an der nötigen Infrastruktur, Investoren und vor allem Knowhow“ fehle. Bei den schweren seltenen Erden gibt man den Anteil Chinas mit glatten 100 Prozent an – was andere Länder produzieren, ist noch nicht nennenswert.
Hohe Kosten, unsichere Renditen
Ein Problem für Investoren sind die aktuell niedrigen Weltmarktpreise. „Alle Unternehmen, die derzeit seltene Erden fördern oder verarbeiten, melden wirtschaftliche Probleme“, sagt Dr. Harald Elsner, Wirtschaftsgeologe bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und Mitautor der DERA-Studie. Das gelte auch für chinesische Unternehmen. Das wird sich zwar rasch ändern, da der Bedarf im Zuge der globalen Dekarbonisierung steil ansteigt, einstweilen aber fehlt es an Anzeichen, dass Kapital in den Abbau außerhalb Chinas fließt.
Was wird aus Norwegens Fensfeltet?
Das Problem: Die Förderung und Aufbereitung der Erze ist derart aufwendig und teuer, dass nur China dauerhaft für den Weltmarkt produziert. Projekte in anderen Ländern – Australien, Kanada, Brasilien – wurden angekündigt und wieder zurückgenommen. Die Frage, wie viel Belastung durch Bergbau (bei unsicheren Renditen) man in Kauf nehmen möchte, wird sich auch beim größten europäischen Vorkommen, der erst kürzlich entdeckten Fensfeltet-Lagerstätte im Südosten Norwegens stellen.
Recycling kommt schwer in Gang
Die schwankenden Marktpreise erschweren auch die zweifellos beste Antwort auf geopolitische Abhängigkeiten: das Recycling. Seltene Erden aus Magneten, Festplatten und Akkus zu extrahieren, wird auf der technischen Seite intensiv erforscht. Die DERA nennt in einem aktuellen Report dazu allerdings nur fünf europäische Unternehmen, die Magnetrecycling tatsächlich betreiben, darunter drei in Deutschland: RockLink (Düsseldorf), HyProMag (Pforzheim) und Heraeus Remloy (Bitterfeld).
Das Hanauer Unternehmen Heraeus, führend bei der industriellen Verarbeitung von Edelmetallen, rechnet bis 2030 mit einer Verdopplung der Nachfrage bei besonders leistungsfähigen NdFeB-Magneten, schon 2026 werde die Nachfrage das Angebot übersteigen. Perspektivisch könne Recycling mehr als 30 Prozent des europäischen Bedarfs decken.
Davon ist die Industrie aber noch weit entfernt. Immerhin sind die Magnete als besonders kritischer Aspekt in den „Critical Raw Materials Act“ der EU von 2024 eingegangen, schon bald müssen die Bestandteile und Verarbeitung von Dauermagneten über 200 Gramm Gewicht ausgewiesen werden.
Die meisten Experten sagen übrigens, dass die gern diskutierte Verwertung von Milliarden abgelegter Smartphones illusorisch ist, jedenfalls im Hinblick auf seltene Erden. Bei tonnenschweren Hochleistungsmagneten aus Windrädern sieht das anders aus.
Festplatten als neue Quelle
Auch in den USA wird zum Recycling geforscht. Ein Pilotprojekt von Microsoft und Western Digital meldet Erfolge beim Wiederverwerten von Festplattenlaufwerken, die beim Betrieb von fortlaufend erweiterten Datencentern und Servern in großen Mengen anfallen. Bei diesem Prozess sollen auch bis zu 95 Prozent weniger CO2-Äquivalente entstehen als bei Abbau und Verarbeitung von seltenen Erden.
In Europa wird der Anstoß auf EU-Ebene kommen müssen. „Ohne staatliche Eingriffe und Recyclingquoten wird eine Kreislaufwirtschaft für Permanentmagnete nicht wirtschaftlich sein können, zumindest nicht in der Anfangszeit“, sagte Professor Carlo Burkhardt von der Hochschule Pforzheim 2024 in einem Interview mit dem Fachmagazin „Circular Economy“. Es sei denn, fügte der Experte seinerzeit hinzu, „die politische Wetterlage ändert sich grundlegend und wir bekommen Lieferkettenabrisse.“
Das ist allerdings wesentlich wahrscheinlicher geworden, als noch vor wenigen Monaten absehbar.