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Führungskräfte werden an ihren Worten und Taten gemessen. - Unsplash / Brooke Lark
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Sieben Dinge, die ein guter Chef niemals tun würde

Manche Manager-Macken demotivieren Mitarbeiter besonders. Wie Führungskräfte schlechte Angewohnheiten abstellen und wieder Anschluss ans Team finden.

Düsseldorf. Gute Führungskräfte werden daran gemessen, was sie sagen – und noch mehr daran, was sie tun. Doch oft ist Managern nicht bewusst, wie sehr ihr eigenes negatives Verhalten die Produktivität im Team dämpfen kann.

Der amerikanische Top-Executive-Coach Marshall Goldsmith erklärt das so: „Führungskräfte und Organisationen konzentrieren sich meist auf positive Ziele, um weiterzukommen.“

Etwa, indem sie sagen: „Wir müssen anfangen, aufmerksamer zuzuhören“ – statt selbst darauf zu achten, dass sie nicht auf dem Smartphone herumdaddeln, während andere sprechen.

Klar ist: Gerade in der Krise stehen beide Seiten enorm unter Druck – Chefs und Mitarbeiter. Manche Manager-Macken können Teammitglieder in der aktuell angespannten Lage jedoch zusätzlich demotivieren oder sogar erniedrigen.

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Die Führungsexpertinnen Ines Thomas und Gudrun Happich haben deshalb einmal die sieben schlechtesten Chef-Angewohnheiten zusammengestellt – mit Tipps, wie sich die Macken abstellen lassen.

Macke 1: Immer gewinnen wollen

Viele Manager betrachten sich als Gewinnertypen. Dabei übersehen sie, dass jede Stärke ab einer bestimmten Ausprägung zu einer Schwäche werden kann. Wer ständig gewinnen will, begibt sich in unnötiges Kräftemessen mit Kollegen und verstrickt sich und seine Mitarbeiter in interne und externe Grabenkämpfe, die von wirklich wichtigen Themen und Zielen ablenken.

Kurz: Chefs verschwenden nicht nur die eigene Energie, sondern auch die des direkten Umfelds.

So geht es besser: Führungskräfte, die der Siegeswille antreibt, sollten sich laut Karrierecoachin Ines Thomas bewusst fragen: „In welchen Momenten bin ich eigentlich ein guter Verlierer?“

Fällt einem darauf wenig ein, sei es Zeit für einen „Reboot“. Und der geht so: „Wann immer Sie spüren, dass Sie die Gewinnlust packt, sollten Sie bewerten, wie wichtig es ist, dass Sie den Punkt machen“, sagt Thomas. Hilfreich ist eine Skala von null bis zehn.

Alles unter fünf Punkten ist den Kampf nicht wert. Stattdessen sollten Chefs bewusst den Fokus auf wichtigere Themen lenken, um in Krisenzeiten zu bestehen.

Thomas: „Wenn Sie ganz mutig sind, sagen Sie Kollegen und Mitarbeitern, dass Sie an dem Thema arbeiten wollen, und bitten Sie sie darum, Sie darauf aufmerksam zu machen, wenn Sie sich wieder versteigen.“

Macke 2: Worte entsprechen nicht den Taten

Die Managerin postuliert auf großer Bühne: „Wir gehen die Digitalisierung an, wir verändern die Unternehmenskultur, wir gestehen unseren Mitarbeitenden mehr Eigenverantwortung zu.“ Diese Ankündigungen gelten aber nur so lange, bis die Veränderung die Führungskraft selbst betrifft. Dann wird alles wieder außer Kraft gesetzt. Offenheit, Transparenz, Eigenverantwortung – Fehlanzeige!

So geht es besser: „Vorsicht mit vollmundigen Ankündigungen“, sagt die Kölner Beraterin Gudrun Happich. „Wer sie nicht einhält, frustriert Mitarbeiter – und verliert sie schlimmstenfalls, weil sie enttäuscht das Unternehmen wechseln.“

Happichs Tipp: Wenn Veränderungen geplant sind, immer nur das ankündigen, was Sie selbst bereit sind mitzutragen. „Vielleicht probieren Sie eine Maßnahme erst in einem Pilotprojekt aus, um sich von der Wirkung zu überzeugen“, schlägt die Expertin vor. So vermeiden Chefs Ohnmachtsgefühle der Kollegen und unnötiges Scheitern wichtiger Vorhaben.

Macke 3: Oberflächlich loben, statt ehrlich Anerkennung zu zeigen

„Ich bin ein guter Chef, weil ich meine Mitarbeiter viel lobe“, denkt sich so mancher Vorgesetzte. Doch wenn Anerkennung für gute Arbeit mit einem pauschalen „Gut gemacht!“ von oben herab zum Ausdruck gebracht wird, wirkt sie kontraproduktiv. Denn der Mitarbeiter wird infantilisiert und fühlt sich eher beurteilt als aufrichtig anerkannt.

So geht es besser: Statt eines lapidaren Lobs wie „Gut gemacht!“ sollten Chefs beim Feedback möglichst konkret werden und dabei die eigene Bewertung zurückstellen. „Etwa indem sie mit nachvollziehbaren Kriterien und Beispielen beschreiben, wodurch der Mitarbeiter zur Lösung eines Problems beigetragen hat“, sagt Führungskräftecoachin Thomas.

Günstig ist es auch, dafür externe Referenzen anzuführen, wie etwa die Reaktion von Kunden oder den Fortschritt, der dadurch für andere Abteilungen möglich wurde.

Macke 4: „Es wird so gemacht, wie ich das will“

Der Chef erklärt immer wieder, dass er sich mitdenkende Mitarbeiter wünscht. Gibt dann aber immer wieder die Lösung vor, wenn ein Problem auftritt – und glaubt sogar, den Mitarbeiter damit zu unterstützen.

So geht es besser: Vorgesetzte sollten sich klarmachen, dass es mit dieser Führungsangewohnheit zum Phänomen der „erlernten Hilflosigkeit“ kommen kann, wie Gudrun Happich es nennt. Und das führt zu einem Teufelskreis.

Denn der Mitarbeiter denkt: „Wenn der Chef ohnehin will, dass ich es nach seinen Wünschen mache, dann warte ich eben, bis er mir sagt, was ich zu tun habe.“

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Je länger der Chef dieses Verhalten registriert, umso eher urteilt er über seine Mitarbeiter und denkt: „Die sind faul, denken nicht mit, übernehmen keine Verantwortung. Alles muss man vorkauen.“ Was beim Mitarbeiter wiederum negative Gefühle auslöst wie: „Ich kann ja eh nichts einbringen, meine Kompetenzen sind hier fehl am Platz, also halte ich die Klappe.“

Unterbrechen lässt sich diese Demotivationskaskade, „indem der Chef sich ganz bewusst zurückhält und stattdessen gezielt um Lösungsvorschläge bittet“, sagt Happich. Und auch mal aushält, wenn etwas schief- oder zumindest nicht nach seiner Nase läuft.

Macke 5: Emotionale Ausbrüche als authentische Führung verkaufen

Visionär, charismatisch, authentisch – alles Adjektive, die mit besonders erfolgreichen Führungskräften assoziiert werden. Eine authentische Führungskraft zu haben zählt tatsächlich zu den wichtigsten Motivationsfaktoren im Job.

Doch manche Führungskraft missversteht dies als Einladung, Emotionen und Impulsen freien Lauf zu lassen. Wer sich im Ton vergreift, Launen und Wutausbrüche mit einem „Ich bin halt authentisch“ abtut, disqualifiziert sich selbst und vergiftet die Atmosphäre in seinem Team.

So geht es besser: Zur Aufgabe einer Führungskraft gehöre es auch, die eigenen Emotionen im Griff zu haben, sagt Ines Thomas. „Das bedeutet nicht, dass Sie gefühlsneutral und abgeklärt sein müssen. Sie sollten aber unbedingt sicherstellen, dass Ihre Emotionalität weder Kollegen oder Mitarbeiter noch ihre Arbeitsergebnisse destabilisiert.“ Heißt: Ärger, Wut und Fassungslosigkeit zumindest so weit zurückstellen, dass die eigene Mannschaft nicht ungefiltert Ihre negativen Gefühle zu spüren bekommt.

Macke 6: Egozentrisches Verhalten

Jedes Mal, wenn der Chef einen Gedankengang hat – zum Beispiel dazu, wie die Unternehmensvision oder das Mission-Statement formuliert werden könnte –, ist er total begeistert von seiner Idee und fordert sofortiges Feedback von den Mitarbeitern ein – am besten persönlich. Bei anderen Vorschlägen braucht er hingegen vier Anläufe, bis etwas passiert.

So geht es besser: „Chefs sollten sich vor Augen führen, was ihr Verhalten für die Produktivität der Mitarbeiter bedeutet, die sie immer wieder aus ihrer Arbeit reißen“, sagt Gudrun Happich. „Die Produktivität sinkt gegen null.“

Um sich zu disziplinieren und Störungen ihrer Kollegen zu minimieren, könnten Führungskräfte konkrete Termine mit ihren Mitarbeitern vereinbaren, in denen es gezielt um neue Ideen, Projekte oder sonstige Chef-Anliegen geht. „Wie viele Besprechungstermine sinnvoll sind, sollte gemeinsam mit den Kollegen besprochen werden“, sagt die Expertin.

Macke 7: Mit zweierlei Maß führen

Im Team gibt es die „Lieblinge“ beziehungsweise diejenigen, denen der Chef besonders vertraut – und den Rest der Mannschaft. Fatal ist es, wenn der Chef mit seinen Lieblingen offensichtlich vertrauter, kollegialer und offener umgeht.

So geht es besser: Führungsexpertin Happich rät Chefs, nach eindeutigen Symptomen Ausschau zu halten. „Falls Sie bemerken, dass sich ein Mitarbeiter rarmacht, könnte es sein, dass er beleidigt und enttäuscht ist und sich von Ihnen zurückzieht.“

Andere Mitarbeiter machen ihrem Unmut über dieses unprofessionelle Chefverhalten vielleicht Luft und beschweren sich darüber, nicht zum erlauchten Kreis zu gehören und wichtige Informationen erst über den Flurfunk aufzuschnappen.

So oder so, der Weg ist: die Sonderbehandlungen abstellen und bewusst auf die vergrätzten Kollegen einzeln zugehen. „Erklären Sie, dass es Ihnen leidtut und Sie niemand mit Absicht ausgrenzen oder verletzen wollten“, rät Happich. „Erkundigen Sie sich auch, was derjenige nun braucht, um sich wieder wohlzufühlen und Ihnen zu vertrauen.“

Aber Vorsicht mit Beteuerungen wie „Ab morgen wird alles anders“, sagt Happich. „Wenn die Beziehung angeknackst ist, beobachten Mitarbeiter besonders kritisch, ob der Chef Zusagen einhält.“

Warum schlechte Führung in der Krise richtig Geld kosten kann

Die beschriebenen Macken können dazu führen, dass Mitarbeiter ihren Dienst „nur noch nach Vorschrift“ erfüllen und die Bindung an das Unternehmen und das Team zerfällt.

Gerade hat die jüngste Gallup-Umfrage unter deutschen Angestellten ergeben, dass mehr als zwei Drittel aller Mitarbeiter kaum Engagement in ihrem Job zeigen und so ein Gesamtschaden von bis zu 114 Milliarden Euro in den Unternehmen entsteht – weil gute Mitarbeiter gehen und neue gefunden und eingearbeitet werden müssen. Für manches Unternehmen kann so eine innere Kündigung damit sogar existenzgefährdend sein.

Vielleicht ein Weckruf, noch mal über die ein oder andere schlechte Angewohnheit nachzudenken.

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